Ob Limousinen-Service oder die Vermittlung von Privatzimmern: Uber und Airbnb krempeln in der Schweiz die Branchen um, ohne allerdings hierzulande viele eigene Mitarbeiter zu beschäftigen. Airbnb etwa steuert seine Expansion für Westeuropa aus Berlin.

Uber und Airbnb sind so erfolgreich, weil sie ganz anders aufgestellt sind als ihre alteingesessene Konkurrenz. Sie funktionieren ohne aufgeblähte Managementstrukturen, arbeiten in kleinen Teams und treffen zahlengetriebene Entscheidungen. Bei Uber und Airbnb entscheiden vor allem Computer, in welchem Land oder in welcher Stadt Potenzial steckt. Finanziert wird das mit Milliardensummen von Investmentfirmen. «Das Geschäftsmodell ist smart und liegt im Trend», sagt Professor Reinhard Jung, Akademischer Direktor des Executive MBA in Business Engineering an der Universität St. Gallen. «Uber und Airbnb schaffen einen neuen Markt auf Kosten eines anderen.»

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Sharing Economy

Das funktioniert so: «Wir sind ein Technologieunternehmen», sagt Uber-Manager Rasoul Jalali. «Wir beschäftigen keine Fahrer und haben auch keinen Fuhrpark.» Uber und auch Airbnb haben mittels Software eine Lösung entwickelt, um Autos und Wohnungen von Privatpersonen wirtschaftlich zu nutzen. Sie besitzen die Taxis und Immobilien nicht, die sie vermarkten. Während sich Taxiunternehmen und Hoteliers mit Dienstwagen und Immobilien plagen, setzen Uber und Airbnb auf das Kapital von Privatpersonen.

Die Lösung, die das möglich macht, ist so simpel, dass man sie leicht übersieht. Es ist eine Internetplattform, auf der Bieter und Bietende zusammenfinden. Für die Vermittlung verlangen die Internetunternehmen eine Gebühr. So gilt das Geschäftsmodell von Airbnb und Co. als Sharing Economy – teilende Wirtschaft. Professor Jung hält diesen Begriff allerdings für beschönigend: «Da schwingt Selbstlosigkeit mit», sagt er. «In Wirklichkeit bieten profitgetriebene Unternehmen Privatleuten an, ungenutzte Kapazitäten gegen Geld zu tauschen.» Wie ein Makler führen diese Unternehmen Sucher und Suchende zusammen. Professor Jung spricht lieber von einem intermediären Geschäft: Ein Unternehmen setzt sich in einer Wertschöpfungskette zwischen Kunden und typischerweise private Anbieter von Waren oder Dienstleistungen und bringt die beiden gegen Gebühr zusammen.

Zentrale Führung

Auch rückt der Begriff Sharing Economy die Vermieter und ihre Gäste stark in den Vordergrund – denn sie sind es, die teilen – und verdeckt so die Sicht auf die straff durchorganisierte Unternehmensführung, mit der Uber und Airbnb ihre Portale betreiben. Beide steuern die weltweite Expansion aus den USA, genauer gesagt, aus San Francisco. Dort sitzen Heerscharen von Programmierern, die an den Internetdiensten basteln.

«Letztlich sieht das Produkt in jedem Land gleich aus», sagt Jung. «Soll eine weitere Region oder Stadt den Dienst nutzen können, schaltet das Unternehmen diesen dort einfach frei.» Die zentralisierte Steuerung macht eine weltweite Expansion einfacher als mit dezentralen Standorten, die alle an einzelnen Teilen des Produkts arbeiten und von Hunderten von Managern kontrolliert werden.

Kritische Masse nötig

Neben den Programmierern braucht es laut Jung nicht mehr als eine starke Vertriebs- und Marketingabteilung, um das zu beseitigen, was der St. Galler Professor als «Henne-Ei-Problem» intermediärer Unternehmen bezeichnet: Damit das Geschäft läuft, brauchen die Plattformbetreiber eine kritische Masse an Vermietern und Gästen. Haben sie von einer Gruppe zu wenig, bricht ihr Geschäftsmodell zusammen: Ohne vermittelte Geschäfte verdienen Uber und Airbnb nichts. Genau dafür gibt es die lokalen Standorte vor Ort. Denn dort sitzen Marketingangestellte, oft als Support-, Country- oder Community-Manager bezeichnet.

«Es geht darum, unsere App zu vermarkten und zu promoten», sagt Uber-Manager Jalali. Ähnliches gilt bei Airbnb in Berlin: «Ich spreche mit Nutzern unserer Plattform», so Christopher Cederskog, Country-Manager für die Schweiz, Österreich und Deutschland bei Airbnb. Die Zahl der Nutzer ist die einzige Kenngrösse für die digitalen Dienstleister. Sie brauchen weder eine «dame de compagnie» noch einen Fuhrparkmanager. Diese Aufgaben übernehmen die Kunden. Das führt zu schlankeren Managementstrukturen – zwischen CEO und lokalem Manager liegen oft nur ein bis zwei Managementebenen. Und diese Strukturen bilden die organisatorische Grundlage für den Erfolg des Geschäftsmodells.