Bei den Schuhen fängt es an», erklärt Stilberater Clifford Lilley den Teilnehmern des Bekleidungs-Workshops bei Herren Globus in Zürich. 14 Männer richten ihre Augen besorgt nach unten. Tatsächlich: Da sind Tennisschuhe zu sehen, Schuhe mit krummen Absätzen, ausgebeulte «Loafer» zum Reinschlüpfen. «Investieren Sie in gute Schuhe», ruft Lilley in die Runde. Schliesslich beruhe das Fundament der Eleganz des Mannes auf stilvollem Schuhwerk. Wer an den Füssen spare, begehe einen schlimmen Fehler. «Gute Schuhe sind die wichtigste Visitenkarte des Mannes.»

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Für den Businessman mit Anzug und Krawatte gehören sich «ganz klar» Schuhe mit Schnürsenkeln und Ledersohle, seien das Brogues, Oxfords oder Derbys in Schwarz oder Braun. Passend zu den Farben der Schuhe sollen die Gürtel assortiert sein. «Doch der schönste Schuh nützt nichts, wenn er nicht gereinigt, eingecremt und poliert wird. Und mit Schuhspannern erhalten sie die Form!»

Niemals nackte Männerbeine

Dann knöpft sich Lilley mit strengem Blick weitere Männer-sünden vor: Die Socken. Immerhin: Ihre Schuhe dürfen die Teilnehmer anbehalten. Damit sich keiner eine Blösse geben muss. Lilley weiss: Viele Männer haben Löcher in den Socken. Da kommt schnell der Gedanke an ein Loch im Portemonnaie auf. Auch etwas anderes ist augenfällig: Fast jeder Mann trägt zu kurze Socken. Das sieht Frau gut, wenn die Männer ihre Beine übereinanderschlagen. «Nackte Männerbeine zu einem Anzug sind ein Fauxpas», sagt der Modeberater. Richtig sind hohe Socken, natürlich assortiert zu den Farben der Schuhe. «Aber Kniesocken sind doch viel zu heiss in diesen geheizten Räumen», mault ein Teilnehmer. «Mit Socken aus Seide oder Baumwolle räumen Sie das Problem von Schweissfüssen aus der Welt», weiss der Profi.

Und wie sieht eigentlich der perfekte Gentleman aus? Mr. Dresscode zeigt Fotos von Mannsbildern, die bestens angezogen sind. Dazu gehört der neue Bundesrat Didier Burkhalter. «Das ist Clooney-Stil. Elegant mit Flair. Welscher Luxe», sagt Lilley. «Gute Kleider öffnen Türen.» Nicht in jedem Fall Türen zum Bundesrat. Aber anderswo auf der Karrierenleiter. Der «best» gekleidete Businessman ist für Lilley Ernesto Bertarelli. «Da stimmt vom Scheitel bis zur Sohle wirklich alles.» Elegant klassisch komme Unternehmer Philippe Gaydoul daher.

Dann sind die schlecht gekleideten Exemplare dran. Ganz oben auf der Liste steht FDP-Politiker Filippo Leutenegger mit Kurzarmhemd und Krawatte. Pfui! Auch SRG-Generaldirektor Armin Walpen mit knallbunter und zu kurz geratener Krawatte erregt Missfallen. «Kurzarmhemden zeugen von schlechtem Stilbewusstsein. Und vermeiden Sie Krawatten mit lustigen Motiven!»

Korrekt sind Langarmhemden unifarben, gestreift, fein kariert und immer heller als der Anzug. «Und bitte kein T-Shirt darunter tragen!» Was zu Kopfschütteln der Teilnehmer führt. Wie würde wohl der beleibte Teilnehmer im weissen Hemd ohne textile Pufferzone aussehen? Dunkle Schweissflecken und durchschimmerndes Brusthaar? Man ist sich einig in der Männerrunde: Unterleibchen darf sein, aber nur unsichtbar. Die Knopfleiste des Hemdes also nur so weit öffnen, wie es der Halsausschnitt des Unterhemdes zulässt. Deshalb eignen sich T-Shirts mit V-Halsausschnitt am besten.

Den Knopf aufmachen

In Mode ist eigentlich wieder der Zweireiher. Doch Mann greift lieber zum schmal geschnittenen grauen Einreiher mit zwei Knöpfen und einem oder zwei Rückenschlitzen. Dabei muss der unterste Knopf offen bleiben. «Wird er geschlossen, vergewaltigt er die Silhouette», sagt der Stilberater. Falls Mann eine solche hat. Je formeller der Anlass, desto dunkler der Dress. Also muss der erfolgreiche Businessman sechs bis zehn Anzüge besitzen. Dazu 15 Hemden und Krawatten, drei bis vier Paar Schuhe und zwölf Paar Socken. «Misten Sie Ihre Garderobe aus. Was sie zwei Jahre lang nicht mehr getragen haben, gehört ins Brockenhaus!» Übrigens: Nur von etwas kann Mann nie genug haben: Unterhosen.

Fliege oder Foulard

Lilley erzählt vom Banker, der einen perfekten Anzug trug. Darüber aber - oh weh - eine Sportjacke! Das wäre o.k. auf der Skipiste, wirke aber lächerlich über dem Anzug. Für kühle Tage rät Lilley zum Trenchcoat, City- oder Wollmantel. Auch die Fliege ist wieder en mode. Aber nicht jeder will wie ein Dandy aussehen. Was tun, wenn Mann mit Krawatte wie ein Konfirmand wirkt? Laut Stilberater darf auch ein Foulard getragen werden. Niemals aber die Krawatte in den Hosenbund stopfen. Und den Krawattenknopf nach jedem Tragen entknoten.

Ebenso wichtig wie das Aussehen ist auch der Geruch des Mannes. Manche parfümieren sich so stark, dass die Blumen in den Vasen welken und die künstliche Duftnote noch hängen bleibt, obwohl Mann längst verschwunden ist. Lilley rät zu guten Duschgels und Deos. Wer auf das Parfüm nicht verzichten kann, der soll den Duft im Raum versprühen und dann hindurch gehen, aber niemals direkt auf den Körper leeren.

Alte Schule auch bei Jungen

90 Minuten lang lassen sich die Herren zu Fragen des Stils belehren. Dann folgt im Gespräch unter den Teilnehmern die Schlusspolitur: Mit guten Manieren wickelt Mann jede Frau um den Finger - und vielleicht sogar seinen Chef! Alte Schule wirkt auch bei jungen Männern attraktiv. «Steigen Sie aus dem Auto und öffnen Sie der Frau die Türe! Stehen Sie auf, wenn die Frau im Restaurant in den Powderraum geht. Damit machen Sie jedenfalls Eindruck», weiss ein Teilnehmer. Eben: Nicht nur Kleider machen Leute. Erst die gesamte Erscheinung machts!



NACHGEFRAGT

Clifford Lilley, selbstständiger Image- und Stilberater, Zürich

Wer setzt eigentlich die Regeln für richtiges Kleiden fest?

Clifford Lilley (lacht): Vielleicht sind es das Bundesamt für Bekleidung oder die Dozenten der Zürcher Hochschule der Künste, welche die Regeln bestimmen ... Keine Ahnung! Spass bei Seite: Ich frage mich das selber. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Die richtigen Kleider sind von jedem selber zu bestimmen - nach seiner Kultur. Ob in Bangladesh oder Beirut, Sansibar oder Zürich, die Leute haben andere Bekleidungsregeln.

Welche Fehler begehen Schweizer Männer bei der Kleidung am häufigsten?

Lilley: Fehler ist ein übertriebener Begriff. Aber mit Anzügen und Vestons, die nicht sitzen, stellt man sich schnell ins schlechte Licht. Schuhe sind besonders wichtig. Sie sind die Visitenkarte der Herren und sollten von Qualität, Design und Verarbeitung immer Spitze sein! Aber Achtung vor zu hellen Socken mit dunklen Schuhen!

Wer ist der bestgekleidete Schweizer Wirtschaftsmann? Und der am schlechtesten gekleidete?

Lilley: Josef Ackermann, CEO der Deutschen Bank, und Daniel Vasella, CEO von Novartis, kommen mir sofort als elegante und gut gekleidete Wirtschaftsmänner in den Sinn. Schlecht gekleidete Männer gibt es wie Sand am Meer.

Weshalb muss der unterste Knopf des Jacketts immer offen bleiben, wenn der Schneider dieses Knopfloch am Anzug angebracht hat?

Lilley: Mal zwei, mal drei, mal vier Knöpfe! Zugeknöpft ist einfach kein Look für heute. Es wirkt lockerer und weniger formell, wenn man den untersten Knopf offen lässt. Zudem kann man sich so auch bequemer be-wegen.

Und warum darf man das Hemd nicht so weit aufmachen, dass man das T-Shirt sehen kann? Ich sehe lieber ein T-Shirt als einen haarigen Büschel!

Lilley: In der Freizeit habe ich kein Problem mit dem T-Shirt unter dem Hemd. Was ich am Arbeitsplatz aber nicht ertragen kann, ist der Kollege, bei dem seine Unterwäsche aus dem Hemd herausguckt.

Zum Anzug gehört eine Krawatte. Weshalb tragen Sie keine?

Lilley: Im Banking Business ist das Tragen von Krawatten fast überall Pflicht. Es verleiht Haltung, Eleganz und Kredibilität. Die Krawatte ist das stärkste Argument für Status. In meinem Beruf wird nicht erwartet, dass ich eine Krawatte trage. Eine lockere Eleganz ist auch ohne Krawatte möglich. Selbstverständlich trage ich an einem Black-Tie-Event eine Fliege oder an einem formellen Anlass zum Anzug auch eine Krawatte. Dann ist es angemessen.