Früher oder später erwischt es jeden, der sich in der Geschäftswelt bewegt: Eine Einladung zu einer grossen Firmenfeier oder einem gesellschaftlichen Event flattert ins Haus, auf der um ein Erscheinen in «Black Tie» gebeten wird. Wer dann mit Büroanzug und schwarzer Krawatte aufläuft, ist in jedem Falle eines: falsch angezogen.

Auch wenn man nicht gleich ausgesperrt wird, ist der Fehlgriff im Kleiderschrank ein unrunder Auftakt: «Solche Gäste sind für die anderen Anwesenden unangenehm und machen sich obendrein selbst das Leben schwer, weil andere Veranstaltungsbesucher sie meiden werden», behauptet Christoph Fuchs, Inhaber der Business-Event-Agentur Eventio in Zürich.

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Bevormundung vermeiden

Deshalb lohnt der genaue Blick auf die Einladung und das Einhalten von expliziten oder unausgesprochenen Dresscodes wie «Black Tie», bei dem Smoking getragen wird. «Der Schweizer lässt sich ungern etwas vorschreiben, das gilt auch bei der Kleidung», sagt Corinne Staub, Inhaberin der Imageberatungsfirma One aus Zürich. In der Schweiz schreiben Gastgeber Dresscodes deshalb zwar seltener explizit vor als im Ausland.

Gleichwohl gelten auf den meisten Business-Feierlichkeiten vom Geschäftsessen bis hin zur Jubiläumsgala klare Regeln, welches Outfit von den Gästen erwartet wird. «Wenn man einen Dresscode als Hilfestellung sieht und nicht als Bevormundung, kann er durchaus hilfreich sein, damit sich alle Teilnehmer einer Veranstaltung wohl fühlen», wirbt Staub.

«Day informal» – formaler als man denkt

Für Event-Manager Fuchs ist dabei gar nicht so sehr entscheidend, ob der Dresscode explizit auf einer Einladung steht oder nicht: «Traditionelle Dresscodes werden weniger wichtig, nicht aber die Pflicht, sich je nach Anlass passend zu kleiden. In der Schweiz hat sich der Code ‹Day Informal› für viele Business-Veranstaltungen durchgesetzt.» Der Code ist dabei deutlich förmlicher als der direkte Wortlaut vermuten lässt, Jeanshosen wären in dem Fall völlig deplatziert: Der Gastgeber erwartet vielmehr einen dunklen Anzug in Anthrazit, Dunkelblau oder Schwarz mit Hemd, Krawatte und schlichten Schuhen, wie man sie auch im Büro tragen würde.

Auch für Damen gilt der klassische Business-Dresscode: Hosenanzug oder Kostüm mit Rock bis an die Mitte der Knie in den gleichen Farben wie die Anzüge der Herren. Dazu empfiehlt Fuchs eine Bluse in Weiss, Hellblau oder Rosé, dezentes Make-up, klassische Frisur und wenig nackte Haut. «Bei Feiern draussen ist der Code weit weniger streng zu verstehen, sofern ein Anlass nicht streng businessorientiert ist», sagt Fuchs. «Beim Jahresendfest mit Mitarbeitern zum Beispiel ist lockere Kleidung mit Jeans, Turnschuhen oder Boots völlig okay. Es ist schliesslich gerade die Idee solcher Anlässe, die Menschen jenseits des Business kennen zu lernen.»

Abstufungen von Casual

Verwirrung herrscht häufig rund um die Abstufungen der Dresscodes «Business» bis «Casual»: Ersterer und «Business Formal» stehen für ein Standard-Büro-Outfit mit Anzug und Krawatte. «Business Casual» ist etwas abgespeckt, die Krawatte nicht zwingend und schwarze Jeans erlaubt, sofern sie nicht verwaschen sind. Wer es etwas abwechslungsreicher mag, trägt Chino-Hose mit gemustertem Hemd und Sakko und ist damit auch beim noch etwas legereren «Smart Casual» gut angezogen, bei dem alternativ auch ein Leinensakko drin liegt. Beim «Casual» wird es dann noch entspannter, hier ist tatsächlich Freizeitkleidung mit Jeans, T-Shirt oder aufgeknöpftem Hemd erlaubt. Achtung: Hin und wieder sagen Gastgeber «Casual» auch als Abkürzung für das eigentlich etwas förmlichere «Smart Casual». Wer in Freizeitkleidung auf einem Firmenevent erscheinen will, sollte deshalb auf Nummer sicher gehen, dass er nicht als einziger im T-Shirt aufläuft.

Spätestens bei international besuchten Events und Veranstaltungen im Ausland sehen sich Schweizer Geschäftsleute häufig mit explizit eingeforderten Dresscodes konfrontiert. «In Frankreich und der französischen Schweiz sind solche Codes ebenso üblich wie zum Beispiel in Grossbritannien und den USA», sagt Beraterin Staub. «Auch dort sind sie aber als Leitplanke und nicht als Vorschrift zu verstehen.» Für den Nicht-Eingeweihten bergen die Codes ihre Tücken: «Come as you are» etwa ist in den Vereinigten Staaten eine übliche Kleidungsbeschreibung für Geschäftsessen und Business-Veranstaltungen nach Feierabend.

Vorsicht vor Übersetzungen

Was sich direkt übersetzt nach «Komm wie Du bist» anhört und den Einen oder Anderen zu entspannter Kleidung mit Jeans und T-Shirt oder Pulli verleiten könnte, meint tatsächlich ein klassisches Büro-Outfit mit Anzug. «Viele solcher Veranstaltungen beginnen abends mehr oder weniger direkt im Anschluss an die Arbeit», sagt Staub. «Dass kein Umziehen nötig ist, bezieht sich dann entsprechend auf die Bürokleidung.» Die meisten Dresscodes beziehen sich nur auf Herren.

Historisch gesehen liegt das daran, dass die Codes schon vor Jahrzehnten Einzug in die Business-Welt gehalten haben und Frauen eben noch nicht so lange im Geschäft sind.

Das kleine Schwarze als Allzweckwaffe

Dass die meisten Codes heute noch immer keine weibliche Form kennen, sollten Frauen nicht als Diskriminierung verstehen, ganz im Gegenteil: «Damen haben einfach eine viel grössere Auswahl bei der Kleidung», sagt Gabriele Schlegel, Chefin der auf Firmenkultur und Mitarbeiterführung spezialisierten Unternehmensberatung Business Behaviour. «Ihnen etwas vorzuschreiben, ist einfach zu kompliziert und müsste viel zu sehr ins Detail gehen.»

Das bedeutet aber nicht, dass die Damenwelt auf Business-Events einen Freibrief bei der Kleiderwahl hat. Vielmehr lassen sich aus den Herren-Dresscodes Infos für die Dame ableiten: «Die Allzweckwaffe bei Abendveranstaltungen ist das kleine Schwarze», sagt Schlegel. Mit hohen Absätzen funktioniert es bei festlichen Anlässen sogar als Smoking-Pendant. Und mit Ballerinas zu fast allen Anlässen nach Feierabend, die unter der Flagge «Business Casual» segeln.

Sehen Sie in der oben stehenden Bildergalerie, was die einzelnen Dresscodes bedeuten.