Die «Global Leaders» sind zurück in Davos. 2500 Wirtschaftsführer, Politiker, Wissenschafter, Show- und Medienleute aus rund 100 Ländern treffen sich zum 43. World Economic Forum (WEF). In den Bündner Bergen netzwerken, referieren und diskutieren sie, um gemäss WEF-Slogan «den Zustand der Welt zu verbessern».

Der Zustand des Wef wurde in den vier Jahrzehnten seines Bestehens zweifellos enorm verbessert. Aus bescheidenen Anfängen hat Klaus Schwab ein erfolgreiches, weltbekanntes Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern aufgebaut. Das Forum in Davos ist nur noch der sichtbarste Teil eines weltumspannenden Netzes. Das ist eine tolle Leistung.

Beim Zustand der Welt ist der positive Einfluss des WEF weniger offensichtlich. Die aufsehenerregenden Erfolge liegen lange zurück. 1994 schlossen Shimon Peres und Jassir Arafat am WEF das Gaza-Jericho-Abkommen ab. 1992 gaben sich der südafrikanische Präsident Frederik Willem de Klerk und der Widerstandskämpfer Nelson Mandela die Hand. 1988 unterzeichneten Griechen und Türken die Davoser Deklaration und entspannten so den Zypern-Konflikt.

Immer wieder wurden am WEF mit Brimborium neue Initiativen lanciert – gegen Korruption, für Erziehung oder für Gesundheitsförderung in der Dritten Welt. Doch die grossen Ziele verblassen oft bereits, wenn die «Global Leaders» ihre Hotelsuiten räumen.

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Surfen an der Oberfläche statt Vertiefung

Schwabs Idee, die Mächtigen und Reichen zusammenzubringen, um in der Welt etwas zu bewegen, Neues anzustossen, Durchbrüche zu schaffen, klingt bestechend. Das Problem liegt in der Umsetzung. Das diesjährige Programm umfasst 89 Seiten, die Themenpalette reicht von Mali und Klima über Krebs und Fettleibigkeit bis Euro-Krise und Meditation – kein Problem, kein Trend wird ausgelassen. Zwangsläufig wird dabei vor allem an der Oberfläche gesurft. Es bleibt meist bei Appellen und wohlklingenden Absichtserklärungen.

Niemand hat Zeit und Lust, die Analyse zu vertiefen. Schliesslich lockt der nächste Auftritt eines «Weltführers», der nächste Kundenanlass, Workshop, Champagner-Treff oder das nächste Dinner mit Geschäftspartnern.

Das Selbstbild der «Global Leaders» hat wenig Ähnlichkeit mit dem Bild, das die Bevölkerung von ihnen hat. Lohnexzesse, Libor-Manipulationen, Banken- und Banker-Rettungen, ein Heer von Arbeitslosen und bankrotte Staaten als Folge der Krise haben das Vertrauen in die vom Wef hochgelobten «Global Leaders» schwer beschädigt. Ihnen sollte man die Lösung der Weltprobleme überlassen?

«Global Leaders» als Teil des Problems statt Teil der Lösung

Klaus Schwab redet viel von Verantwortung. Er fordert, «das Vertrauen in die Lenker von Politik und Wirtschaft wiederherzustellen». 2009, nach Ausbruch der Finanzkrise, schlug er einen «hippokratischen Eid für Manager» vor: «Wir brauchen eine moralische Reform.» Aber als Vize-Vorsitzenden erkor er den Verleger Rupert Murdoch, der dann im Abhörskandal seiner «News of the World» unterging.

2012 machte er Vikram Pandit zum Vize-Vorsitzenden. Unter dessen Leitung hatte die Grossbank Citigroup zuvor mit 45 Milliarden Dollar Steuergeldern gerettet werden müssen. Die Aktie verlor über 90 Prozent, Pandit wurde mit Millionen «entschädigt».

Klaus Schwab sieht die Wirtschaftsführer als Teil der Lösung. Doch die vom WEF umworbene Finanzelite entpuppte sich stattdessen als Teil des Problems. Der Anspruch des WEF stand immer schon auf tönernen Füssen: Wer einen Konzern leitet, ist damit nicht automatisch qualifiziert, die Weltprobleme zu lösen. Die Erfahrungen der letzten Jahre müssten hier die  letzten Illusionen zerstört haben. Doch Bescheidenheit ist in Davos ein Nonvaleur.