Musk kauft Twitter. Der reichste Mann der Welt schnappt sich einen Lautsprecher – und das Echo ist gross. Die einen hoffen auf das irre Business-Genie von Musk. Es soll Twitter besser, wertvoller, attraktiver machen. Andere fürchten den Einfluss des Milliardärs und sehen Twitter als reines Propaganda-Feld des Tesla-Chefs.

Dabei gibt es diverse Beispiele von Milliardären, die sich eine Zeitung oder eine andere Medienbühne gekauft haben – und wo trotzdem Unabhängigkeit gelebt werden darf. Wo unterschiedliche Meinungen Platz haben. Wo journalistische Formate gelebt werden können.

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Beispiel 1: Jeff Bezos und die «Washington Post»

Der Amazon-Präsident hat die «Washington Post» 2013 gekauft. Drei Jahre später schrieb das Blatt schwarz und hatte den Online-Traffic verdoppelt – eine ziemlich erstaunliche Performance, zumal die Firma dahinter in der Finanzkrise in arge Nöte geriet. Der ehemalige Verleger der «Washington Post», Donald Graham, rühmt Bezos für seine Verdienste nach dem Kauf der Zeitung. Die Ergebnisse: sehr gut. Die Denke: fortschrittlich. Eine «extreme Langfristigkeit» würde Bezos auszeichnen, sagt Graham.

Es gibt auch keine Anzeichen, dass der Eigentümer missliebige Storys killen würde. Den endgültigen Tatbeweis lieferte die Geschichte über die Bezos-Firma Blue Origin. Im Raketenunternehmen würde eine toxische und dysfunktionale Kultur gelebt, schrieb die «Post» im Oktober 2021. Misstrauen sei verbreitet, die Moral schlecht, Verspätungen die Folge.

Beispiel 2: Bernard Arnault und «Les Échos»

Der französische Luxusgüterkonzern LVMH, kontrolliert von Bernard Arnault, besitzt den französischen Finanztitel «Les Échos» und die grösste Pariser Tageszeitung, «Le Parisien». Zum Medienimperium von Arnault gehört ausserdem der Radiosender Radio Classique, der in seinen Morgensendungen auch im Nachrichtenbusiness tätig ist.

Jüngst gab es auch Diskussionen darüber, ob Arnault sogar noch den «Figaro» kaufen will. Aber der Franzose, dessen Vermögen auf über 160 Milliarden Dollar geschätzt wird, hat diese Gerüchte in den Wind geschlagen. «Le Figaro» gehört in den Einflussbereich der ebenfalls milliardenschweren Dassault-Familie. 

Ist das alles Grund zur Besorgnis? Nein. Arnault mischt sich nicht ins Daily Business ein. Das Investment sei «dem Mäzenatentum nahe», sagte er unlängst vor einer Gruppe von Politikern. Er versicherte, dass man ihn geholt habe, um Firmen in Schwierigkeiten zu retten. Ohne ihn, so argumentiert er, hätten einige der Titel vielleicht nicht überlebt.

Beispiel 3: Jack Ma und die «South China Morning Post»

Seit 2015 hat auch Jack Ma eine Hauspostille: sie «South China Morning Post». Der Titel ist seither Teil des Alibaba-Konzerns – und Ma macht keine Anstalten, das Blatt wieder zu verkaufen. Erst im November des letzten Jahres liess Alibaba ausrichten, dass keine Pläne bestünden, die in Hongkong domizilierte Zeitung ins Schaufenster zu stellen.
 

Für die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit sind das gute Nachrichten. Die Kommunistische Partei kontrolliert und zensuriert mit grosser Hingabe alle Nachrichtenströme in China und Hongkong. Alibaba ist aus dieser Perspektive sicherlich der bessere Eigentümer als eine staatsnahe Firma.

Kommt dazu: Alibaba hat erklärt, sich nicht in die redaktionellen Abläufe einzumischen oder sie zu benutzen, um sich bei der Partei einzuschmeicheln. Bisher gibt es wenig Anzeichen dafür, dass das Medium zum reinen Propagandagefäss für das Unternehmen oder die Politik degeneriert wäre.

Beispiel 4: Rupert Murdoch, die «New York Post» und das «Wall Street Journal»

Das Boulevard-Blatt «The New York Post» gehört in den Dunstkreis des berühmt-berüchtigten Rupert Murdoch. Aber Murdoch, anders als die Beispiele oben, war schon immer ein Medienmogul. Zu seinem Imperium gehört «The Sun», Fox News – und seit 2007 auch das «Wall Street Journal». 

Das «Wall Street Journal» publiziert zweifelsohne jene Geschichten, die zu den besten der Welt gehören. Die Journalistinnen und Journalisten leisten hervorragende Arbeit – ohne politische Vorgaben des Eigentümers zu haben.

Eine der bemerkenswertesten Investigativ-Geschichten der letzten Jahre legte das Theranos-Debakel offen, das letztlich dazu führte, dass die vom Silicon Valley gefeierte Unternehmerin Elizabeth Holmes wegen Betrugs verurteilt wurde.