Franz Julen: «Wir zahlen viel zu viel für Lebensmittel»

Was braucht es für einen richtig guten Winter? Gutes Wetter und Schnee, dann kann nicht viel schief gehen. Früher ging die Gleichung so: Wenn «SRF Meteo» 10 Zentimeter Neuschnee zeigt, steigen die Umsätze der Sporthändler im Unterland am nächsten Tag um 10 Prozent. Stimmt das noch so oder ist das Winter-Voodoo? Das stimmt immer noch. Sportartikelhändler, Tourismusbetriebe und die Bergbahnen profitieren bei blauem Himmel und Top-Pisten. Auf wie viele Skitage kommen Sie in einer guten Saison? Zu meinen Zeiten bei Intersport kam ich auf knapp 20 bis 25 Tage. Jetzt sind es wohl eher 35 bis 40 Tage. Wird dieser Winter in dieser Hinsicht ein guter Jahrgang? Ja. Ich war schon sehr viel auf den Ski. Sie sind ein stolzer Zermatter mit Wohnsitz Zug. Gehen Sie auch mal in ein B-Skigebiet wie Sörenberg oder Melchsee-Frutt – oder ist das zu sehr Challenge League? Nein, im Gegenteil. Diese Skigebiete brauchen wir unbedingt, damit erstens möglichst viele Wintersportbegeisterte Zugang zu Schnee haben. Das hilft dem Skisport, sorgt für Nachwuchs und stärkt den Skitourismus als Ganzes. Und zweitens kann man in jedem Skigebiet etwas lernen. Auch der Verwaltungsrat der Zermatt Bergbahnen geht jedes Jahr auf Studienreise in ein anderes Gebiet. Aber kaum nach Sörenberg. Nicht unbedingt. Aber wissen Sie, selber bin ich viel in Sörenberg, meine Frau ist Entlebucherin. Ich schaue mir auch die kleinen Skigebiete gerne genau an. Bergler auf dem Berg Franz Julen (63) ist Präsident von Valora, den Zermatt Bergbahnen und vom Organisationskomitee des Ski-Weltcuprennen am Matterhorn. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kinder. Julen wohnt in Hünenberg ZG. Julen studierte an der Schweizer Hotelfachschule in Luzern. Von 1993 bis 1998 war er CEO von Völkl International, danach zuerst COO, dann CEO von Intersport International. Seit 2007 ist Julen Verwaltungsrat bei Valora, 2017 wurde er deren VR-Präsdident. Seit 2016 sitzt er zudem im Beirat von Aldi Süd. Dazu ist er seit 2018 VR-Präsident bei den Zermatt Bergbahnen AG und seit 2020 im Stiftungsrat von Kuoni, der Hugentobler Stiftung sowie im Verwaltungsrat von Visa-Dienstleister VFS Global Holding AG. Vor der Unternehmer-Karriere war Julen Sportjournalist für «Sport» und Schweizer Radio DRS, Buchautor von «Pirmin – Mensch und Champion» sowie Rennbetreuer und Manager seines Bruders Max Julen, der an den Olympischen Winterspielen 1984 in Sarajevo die Riesenslalom-Goldmedaille gewann. Die Olympischen Winterspiele in Peking haben begonnen. Wie viel Präsenzzeit am TV planen Sie für sich persönlich? Viel. Ich bin immer noch sehr eng mit dem Sport verbunden und treibe auch selber sehr viel Sport. Gerade dem Skisport und der Olympiade habe ich sehr viel zu verdanken in meinem beruflichen Werdegang – ich war der Servicemann und Manager meines Bruders, als er 1984 in Sarajevo die Goldmedaille gewann. 15 Medaillen für die Schweiz in Peking – ist das realistisch? Durchaus. Lassen sich in einem Olympia-Jahr eigentlich mehr Ski verkaufen? Der Skiverkauf ist, im Gegensatz zu den Fussballartikeln, viel weniger an die aktuellen Ereignisse gebunden. Ausschlaggebend sind vor allem der Schnee und das Wetter. Werden die Spiele in China Asien zum grössten Wintersportmarkt der Welt katapultieren? Heute werden immer noch über 80 Prozent der Ski in Europa und den USA verkauft. Ich glaube, da muss man realistisch sein. Asien hat Potenzial. Aber auch da wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Es fehlt zu einem grossen Teil die Ski-Kultur. Wächst dort wenigstens der chinesische Skitourist heran, der dann in Zermatt Skiferien machen wird? Ja, diesen Effekt werden wir sicher sehen. Die vermögende Mittelschicht wird für Skiferien in Zukunft vermehrt ins Ausland reisen. Zermatt hat in diesem Wettbewerb gute Karten. Skeptiker entgegnen, Europa sei viel zu weit weg. Das glaube ich nicht. Asiatische Touristen kommen im Sommer ja auch. Bernhard Russi ist der Pistenbauer von Peking. Welche Rolle spielt er bei der neuen Matterhorn-Abfahrt? Er ist ein sehr enger Berater von mir. Ich habe viele Entscheide mit ihm und Pirmin Zurbriggen abgesprochen. Die Piste macht Didier Défago, aber Bernhard war auch vor Ort und hat Inputs gegeben. Sehr gute Inputs. Wie viel Zeit nimmt das Projekt in Ihrer Agenda aktuell ein? Sehr viel. Wir starten bereits in diesem Oktober mit den Weltcuprennen – ein Jahr früher als geplant. Das ist das Verdienst von allen im Team: Swiss-Ski, dem italienischen Wintersportverband FISI, Didier Défago, den Leuten in Zermatt und auf der italienischen Seite. Bringt ein Skirennen überhaupt noch die gewünschte Aufmerksamkeit oder ist das nur noch etwas für Best Ager mit der SKA-Mütze? Zermatt-Cervinia steht für Wintersport. Ende Oktober, Anfang November allen zu zeigen, dass wir bereit sind für den Winter, mit dem Matterhorn im Hintergrund, bei hoffentlich gutem Wetter und vor den Fernsehkameras aus der ganzen Welt: das ist unbezahlbare Werbung. Das erreicht Menschen weit über die Ski-Fans hinaus. Das ist mehr wert als die 10 Zentimeter Neuschnee im «SRF Meteo»? Richtig. Man darf nicht vergessen: Der November ist der wichtigste Monat für die Hotelbuchungen. Erstmals in der Geschichte des Weltcups führt ein Rennen über die Landesgrenze hinunter nach Italien. Das ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, weswegen wir so schnell die Zusage für ein Rennen bekommen haben. Normalerweise dauert das Jahre. Die Meisten erhalten gar nie den Zuschlag, wir kriegten das Okay für vier Weltcuprennen innert eines Jahres. Weil das Konzept so gut ist. Wir können das terminliche Loch nach Sölden füllen und es gibt Abfahrten zukünftig einen Monat früher. Ihre Weltcup-Rennen in aller Ehre: Aber wenn sich die Pandemie abschwächt, werden die Leute eher Ferien in der Wärme suchen. Das wird sicherlich auch der Fall sein. Tatsächlich sind Destinationen wie die Malediven oder Mauritius unsere grössten Konkurrenten. Das soll doch auch so sein. Ich denke, es wird immer noch sehr viele Leute geben, die die Berge bevorzugen – im Winter und im Sommer. Am Berg Als Präsident der Zermatt Bergbahnen ist Julen für ein Unternehmen mit 280 Mitarbeitenden, 36 Transportanlagen und 200 Pistenkilometern verantwortlich. Viel verspricht er sich davon, dass das Skigebiet Zermatt/Cervinia ab Winter 2022/2023 vier Ski-Weltcup-Rennen austragen wird. Die Zermatt Bergbahnen setzten im letzten Non-Covid-Jahr 76.1 Millionen Franken um und erzielten einen Betriebsgewinn (Ebitda) von 39.6 Millionen Franken. Wie läuft denn der aktuelle Winter gegenüber der Vorsaison? Der Winter in Zermatt läuft über dem Level von 2019/20. Wir arbeiten sehr gut. Wenn das Ende der Pandemie hoffentlich bald kommt, können wir das Niveau vielleicht noch steigern. Die Lust am Reisen besteht weiter. Das ist auch an den Zahlen des Visa-Dienstleisters VFS Global erkennbar, wo ich im Verwaltungsrat bin. Im Herbst sahen wir dort Bewegungen auf Vor-Covid-19-Level. Was ändert die Pandemie langfristig am Bergtourismus? Vielleicht wird es weniger Reisen geben, aber längere. In jedem Fall müssen wir im Bergtourismus die nötige Balance zwischen Kommerz und Nachhaltigkeit finden. Sie sind der Fachmann an den Schnittstellen Sport, Tourismus und Detailhandel. Warum haben Sie eigentlich nie das Naheliegende in die Wege geleitet? Was soll das sein? Ein Pop-up-K-Kiosk auf der Piste – für den Kafi nicht nur am Pistenrand, sondern mittendrin. Auf der Piste geht es ums Skifahren. Aber einen K Kiosk am Pistenrand gibt es. Der höchste ist bei der Gornergratbahn nach Riffelberg auf 2582 Metern über Meer. Wenn Kioske auf der Piste Exotik bleiben – wohin geht die Reise im Detailhandel generell? E-Commerce wird sicher eine wichtigere Rolle spielen, seit der Pandemie auch im Food-Bereich. Generell gewinnt die Digitalisierung immer mehr an Bedeutung. Viele Detailhändler reden dabei nur von E-Commerce, aber sie geht darüber hinaus. Dazu gehören auch die digitalen Tools im stationären Laden: kassenlose Bezahlsysteme, digitale Preisschilder, digitale Kundenbeziehung und -kommunikation. Immer wichtiger wird auch das Thema Gesundheit und Nachhaltigkeit. Da geht man aber besser nicht zum K Kiosk: Da gibt es Zigaretten, Cola und Mars. Und schmackhafte Alternativen: Gesunde Sandwiches, Bio-Produkte, lokale Produkte. Zwei Sachen werden sich aber nie ändern, das hat mich meine Karriere gelehrt: Ein guter Einzelhändler ist erstens einer, der nahe am Markt ist, immer weltweit unterwegs ist, um zu lernen, und der immer Neues ausprobiert. Es geht ums Testen, Testen und Testen. Es zeigt sich sofort, was erfolgreich ist. Da reden wir von wenigen Wochen. Bei Nichterfolg gilt: Nice try, goodbye? Das ist so – und zwar sofort. Viele machen den Fehler und wollen noch Kleinigkeiten anpassen. Das nützt nichts. Entweder es klappt von Anfang an oder gar nicht. Was ist die zweite Sache? Weniger ist mehr. Ich rede nicht nur vom Discounter, sondern auch vom 15’000-Quadratmeter-Laden. Und zwar weniger von allem: weniger Fläche, weniger Produkte, weniger Sorten. Ein Beispiel aus der Sportwelt: Wir haben bei Intersport einmal getestet, was passiert, wenn wir die Ladenfläche von 4000 auf 3000 Quadratmeter reduzieren. Wir haben keinen einzigen Franken an Umsatz verloren. Wir haben den Umsatz sogar ausgebaut – 1000 Quadratmeter Miete gespart und die Marge verbessert. Unser Eindruck ist aber: Die Grossen werden immer grösser. Da müssen wir ehrlich sein: Der Einzelhandel ist einerseits ein Systemgeschäft – und anderseits ein Mengengeschäft. Effizienz und Skalierung sind entscheidend. Mit zunehmender Grösse verbessern sich natürlich die Einkaufsbedingungen. Die Verhandlungsmacht bei Geschäftsmieten steigt. Unter dem Strich geht es nur um vier Faktoren: Umsatz, Marge, Personalkosten und Miete. Alles andere ist sekundär. Da ist Grösse matchentscheidend. Die Schweizer Platzhirsche mischen bei internationalen Einkaufsverbünden mit. Migros bei Epic Partners, Coop bei Agecore. Damit wollen sie tiefere Einkaufspreise erzielen. Ein Vorbild für Valora? National starke Detailhändler wollen, salopp gesagt, in einem losen internationalen Verband Einkaufsvolumen bündeln, um bessere Lieferantenpreise zu erhalten. Als Lieferant wären das für mich nur Partner, wenn diese unter derselben Marke auftreten und identische Produkte kaufen, die an eine Lieferadresse geschickt und fakturiert werden. Die Mitgliedschaft in einem internationalen Einkaufsbündnis ist für Valora also kein Thema? Davon halte ich wenig. Ist das Duopol Migros-Coop eigentlich gut für die Schweiz? Ich finde, es ist nicht gut. Konkurrenz belebt das Geschäft. Wir zahlen viel zu viel für die Lebensmittel in der Schweiz. Eine breitere Abstützung brächte auch mehr Agilität und Innovationskraft, was den Konsumenten sicher helfen würde.Am Kiosk Als Präsident des Foodvenience-Konzerns Valora musste Julen pandemiebedingt Rückschläge hinnehmen. Das Unternehmen lebt mit Formaten wie Avec, Brezelkönig, K Kiosk und Caffè Spettacolo stark vom Passantenverkehr an Hochfrequenzlagen. Aussenumsatz 2020: 2.2 Milliarden Franken; Betriebsgewinn (Ebitda) 83 Millionen Franken. Angestellte im Netzwerk: 15'000. Im Frühling 2022 soll Julen an der Valora-Spitze von Sascha Zahnd abgelöst werden. Valora zündete vor vier Jahren ein Feuerwerk der Innovationen. Avec X, Avec Box – Mitbewerber nahmen solche autonomen Läden damals als Imponierkulisse wahr, weil Valora unbedingt die Neuausschreibung der SBB-Kiosk-Flächen in Schweizer Bahnhöfen gewinnen wollte. Reine Häme der Konkurrenz? Wir haben uns gegen die beiden Platzhirsche und internationale Konkurrenz durchgesetzt. Das haben uns nur wenige zugetraut. Und dieses Ergebnis gehört zu den grössten Erfolgen in meiner VR-Zeit. Aber unterm Strich war es ein Beauty-Contest. Es ist ja nicht so, dass die ganze Schweiz jetzt voll wäre mit autonomen Läden. Wir testen jeden Tag neue Ideen und Formate. Momentan geben wir autonomen Einkaufsmöglichkeiten viel Raum. Mit Avec betreiben wir 24/7-Konzepte mit digitalem Self-Check-out – darunter auch Läden, die am Tag und in der Nacht ohne Personal funktionieren. Das bauen wir Schritt für Schritt im ganzen Land aus. Nach der Ausschreibung kam die Pandemie und das Geschäft an Hochfrequenzlagen war plötzlich nicht mehr so attraktiv. Wann kommt das Business wieder zu alter Stärke? Der Herbst, als wir Schritt für Schritt mehr Normalität hatten, hat uns auch gezeigt, dass das Geschäft weiter funktioniert. Die Erholung war in der Profitabilität deutlich sichtbar. Unsere Rechnung geht auf. Welche Konzepte verlieren wegen des Homeoffice-Trends? Wir gehen davon aus, dass sich der Homeoffice-Trend mit generell mehr Reisenden ausgleichen wird. Die neuen Kundenströme haben aber auch grosse Vorteile: Bislang hatten wir bei vielen Formaten das Problem, dass die Frequenzen zu Spitzenpendlerzeiten hoch ausfielen, dazwischen aber zum Teil schwach waren. Jetzt kommt es vielleicht etwas mehr zur Glättung und damit auch zu Mehrkonsum bei jenen, die vorher keine Zeit oder Lust hatten, in einer langen Schlange zu warten. Welcher Händler, welches Konzept im Ausland macht Ihnen richtig viel Eindruck? In Sachen Digitalisierung und Produktpräsentation sind es die Nike-Stores. Bei Effizienz und Preis–Leistung: Ikea. Sehr interessant sind auch die hochpreisigen Warenhäuser der Kadewe-Gruppe. Im kleinflächigen Handel ist die Reitan-Gruppe aus Skandinavien spannend. In Mexiko haben wir uns die Femsa-Gruppe genauer angeschaut – ein ganz erfolgreicher Händler. In Osteuropa waren wir in den Żabka-Läden. Was machen die gut? Sie versuchen, den Kunden so schnell wie möglich zu bedienen. Sie erhöhen auf ihren kleinen Flächen das Food-Angebot. Und sie expandieren in grossem Tempo. Welche Firma hat Sie in Ihrer Karriere am meisten beeindruckt? Nike. Die haben es geschafft, jede einzelne Botschaft an die Basis zu bringen. Ich war an Präsentationen von Nike in Südamerika, in Australien, in Osteuropa. Präsentiert haben jeweils andere Leute, aber die Message war immer gleich, fast schon kulthaft. Hinzu kamen Selbstvertrauen, Konsequenz und eine grosse Innovationskraft. Nike hatte immer die besten Leute in der Sportbranche. Was sagt der Nike-Bewunderer zum Schweizer Wunderkind On? Ich hätte nie gedacht, dass On einen derartigen Lauf haben würde. Chapeau, Hut ab. Die Leute machen einen Riesen-Job, bringen innovative Produkte und haben ein geschicktes Marketing. Wegen Roger Federer? Auch. Und, zu ergänzen: Beide Co-CEO von On sind ehemalige Valora-Kadermänner. Schweizer «Mister Tesla» Der Berner Sascha Zahnd soll Franz Julen an der Spitze des Kiosk-Konzerns Valora ablösen. Julen war fünf Jahre lang Präsident, Zahnd bis vor kurzem einer der engsten Mitarbeiter von Elon Musk. Ohne ihn gäbe es Tesla wohl nicht mehr. Zahnd startete im Mai 2016 beim E-Autobauer in Kalifornien. Vorher hatten sich die Manager im Monatsrhythmus die Klinke in die Hand gegeben. Musk hat sie in Rekord-Kadenz vor die Tür gestellt. Und auch zu Zahnd sagte er nach nur wenigen Tagen, er habe das Gefühl, dass er den Job nicht im Griff habe. Dass Zahnd erst seit einer Woche am Bord war, interessierte den Firmenchef nicht: «Excuses are for losers!», sagte Musk. «Da wusste ich: Jetzt muss ich einfach die Probleme lösen und schauen, dass Elon mit der Supply Chain nichts mehr zu tun hat», so der Berner zur «Bilanz». Mehr lesen Sie hier. Sie sind auch Beirat der Unternehmensgruppe Aldi Süd. Was können Sie uns über Ihre Aufgabe dort sagen? Nichts. Wir wissen, dass bei Aldi vieles topsecret bleiben muss. Aber etwas über die Geheimlehre des Hard Discount können Sie uns sicher weitergeben. Nur dies: Im Grunde ist Discount eine einfache Sache. Das System beruht auf beschränktem Sortiment, hoher Effizienz sowie Preis- und Kostenführerschaft. Sie haben eine beeindruckende Karriere hingelegt. Was sind für Sie rückblickend die grössten Erfolge? Die SBB-Ausschreibung haben wir schon erwähnt. Den Olympia-Sieg des Bruders auch – ein unvergesslicher Moment. Die Internationalisierung der Intersport-Marke gehört sicher auch in diese Kategorie – und das VR-Mandat bei Valora. Es war mein erstes und ich war 15 Jahre lang dabei. Jetzt kommt der Skiweltcup wieder zurück nach Zermatt. Das ist auch ein schöner und ein grosser Erfolg. Was hat weniger gut geklappt? 2008 hatten wir bei Intersport den Traum, die Olympischen Spiele in Peking für unsere Expansion zu nutzen. Meine Leute haben verhandelt, mir ging das aber viel zu langsam. Ich habe mich dann gegen den Ratschlag meiner Kollegen eingemischt, bin losmarschiert, hatte ein zweistündiges Meeting, alle waren freundlich, aber der Deal war vom Tisch. Da habe ich gelernt: Ich muss nicht mit dem Kopf durch die Wand gehen. Wo haben Sie sich sonst noch verkantet? Martina Hingis gewann das Roland-Garros-Juniorinnen-Turnier mit einem Völkl-Tennisschläger. Der Vertrag stand vor der Verlängerung. Intern waren wir uns bei Völkl nicht einig, ob wir das unterschriftsbereite Dokument unterzeichnen sollten. Schliesslich habe ich mich durchgesetzt und Melanie Molitor angerufen. Sie sagte, dass vor einer Stunde ein Yonex-Vertrag unterschrieben wurde, obwohl Martina und Melanie bei Völkl bleiben wollten. Martina machte ihre grosse Karriere also mit Yonex statt mit Völkl. Autsch! Noch ein Minus-Müsterli? Beim Carving-Trend war Völkl sehr früh dran. Hätte ich aber mehr auf meine Leute gehört, wären wir noch früher gewesen. Als mir Bernhard Russi, der damals als Berater fungierte, klar gemacht hatte, dass ich endlich aufwachen sollte, gab ich die geforderten Investitionen frei. Dafür zogen Sie die Fäden, als Pirmin Zurbriggen zum Werbegesicht von Mars avancierte. Der Slogan: «Mit Mars bisch zwäg». War das Ihr Gesellenstück zum Auftakt der Karriere? Das hat sicher ganz entscheidend zu Pirmins Image beigetragen. Ich habe ihm damals gesagt: Die Gage ist nicht entscheidend. Es geht darum, was Mars mit dir werblich macht. Die werden Millionen aufwenden für TV- und Print-Werbung, Plakatwände und andere Werbematerialien. Das wird sich auszahlen und langfristig deinem Bekanntheitsgrad und deiner Glaubwürdigkeit enorm viel bringen. Warum gibt es kein Valora-Werbegesicht? Wir brauchen das nicht unbedingt – wir haben die Standorte. Das ist die beste Werbung. Da laufen Hunderttausende jeden Tag vorbei. Im Skisport unterstützen wir drei Athleten. Und neben der Audi Skicross Tour sponsoren wir den Grand Prix Migros. Zurbriggen sagt, Sie hätten das Verhandeln im Blut. Ich habe immer gern verhandelt, bin ein Händler. Bei Intersport habe ich die grossen Sponsoring- und Lieferantenverträge immer persönlich verhandelt. Die Kunst bestand darin, das Gegenüber genau anzuhören und darauf einzugehen. Es braucht eine gewisse Flexibilität, etwas Hartnäckigkeit, vor allem aber Transparenz und Respekt. Und man muss auch mal «Nein» sagen können. Bevor wir Athlete’s Foot gekauft haben, kam ich während der Verhandlungen an einen Punkt, wo ich aufstehen musste und sagte: Jetzt gehen wir. Es war keine Angelegenheit, die existenziell war. Und als die andere Seite trotzdem wieder an den Verhandlungstisch zurückkehrte, waren wir in einer sehr guten Verhandlungsposition. Zum Abbügeln eine Frage an den Berufswalliser: Hat Sie die TV-Serie «Tschugger» gefreut – oder geärgert? Ich habe die Serie sehr gut gefunden, habe gelacht und mich gut amüsiert. Wirklich? In der Serie berserkert ein Raclette-Rambo durchs Wallis, umgeben von einer Truppe, der man keinen Kiosk anvertrauen möchte. Natürlich war das alles eine Spur überzeichnet, aber das war sympathisch. Das Wallis ist und bleibt etwas Besonderes. Es hat sicher eher geholfen als geschadet.