Wie der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock den Klimaschutz wirklich unterstützt

Europa schwitzt, der Kontinent wird immer mehr zum Hotspot der Klimakrise. In Spanien, Portugal und Griechenland brennen die Wälder, Zehntausende Familien mussten ihre Häuser verlassen und evakuiert werden. Nach dem Dauerregen vor einem Jahr zeigt auch dieser Sommer: Die Klimakrise verschärft sich, das Zeitfenster für den Umstieg auf erneuerbare Energien schliesst sich immer schneller. Und nun diese Meldung: Blackrock, grösster Vermögensverwalter der Welt, hat dieses Jahr an Generalversammlungen nur noch 22 Prozent der Vorschläge anderer Aktionäre unterstützt, die von den Unternehmen mehr Klima- und Umweltschutz oder mehr soziales Engagement forderten. Im vergangenen Jahr waren es 47 Prozent gewesen. Immer mehr Unternehmen haben Klimapläne «Das bedeutet nicht, dass uns das Klima nicht mehr wichtig ist», sagt Mirjam Staub-Bisang, Chefin von Blackrock Schweiz. Denn das Ausgangsniveau sei sehr hoch gewesen. In Zahlen: 2021/2022 kamen weltweit 321 Anträge von Aktionären zu Umwelt und Sozialem zur Abstimmung, gegenüber 172 in der Vorjahresperiode. In absoluten Zahlen ist der Rückgang deshalb weniger dramatisch, nämlich von 81 auf 71 Anträge. Und auch diese Zahl ist wichtig: Aktionärsanträge machten nur 1 Prozent der Anträge aus, über die Blackrock zu befinden hatte. Dazu kommt, dass das Thema inzwischen bei immer mehr Unternehmen angekommen ist und deshalb nicht mehr von den Aktionären vorgebracht werden muss. Viele Unternehmen hätten aus eigener Initiative Klimapläne vorgelegt, sagt Mirjam Staub-Bisang. «Unsere Aufgabe ist es nicht, die Unternehmen zu führen, wir unterstützen keine Vorstösse um der Vorstösse willen», sagt die Schweiz-Chefin von Blackrock. Handicap: passiver Anleger Seit Chef Larry Fink das Thema vor zwei Jahren erstmals in seinem «Letter to CEOs» adressierte, steht die Bewältigung der Klimakrise auch bei Blackrock ganz oben auf der Agenda. Doch die Möglichkeiten des Anlageriesen sind beschränkt. Blackrock ist weltweit tätig, Nachhaltigkeitsstandards beziehen sich immer auf ganze Industrien. Das führt dazu, dass Blackrock beim Klimaschutz noch immer nur die Scope-1- und Scope-2-Emissionen betrachtet. Also die CO2-Emissionen, die in den Unternehmen direkt beziehungsweise bei ihren Energielieferanten entstehen. Nicht aber die Emissionen, die von den Lieferanten verursacht werden (Scope 3), wie es State of the Art ist und wie es wichtige Schweizer Unternehmen wie Novartis oder Nestlé bereits tun. Bei Nestlé kommen nur 5 Prozent der CO2-Emissionen von den eigenen Operationen, 95 Prozent von den Lieferanten, ein grosser Teil davon kommt von den Hunderttausenden Milchbauern, die weltweit für Nestlé produzieren. Die Blackrock-Schweiz-Chefin Mirjam Staub-Bisang ist Rechtsanwältin mit Doktortitel. Seit Herbst 2018 fungiert sie als Länderchefin Schweiz des US-Asset-Managers Blackrock. Vom WEF wurde sie zum «Young Global Leader» erkoren. Staub-Bisang ist mit Ex-Bellevue-Chef und Investor Martin Bisang verheiratet und hat drei Kinder. Ihr Geld investiert sie gemäss eigenen Aussagen in erster Linie in Realwerte, Aktien und Immobilien. Mehr lesen Sie hier. Dazu kommt: Zwei Drittel der von Blackrock verwalteten Vermögen von 8,5 Billiarden Dollar sind passiv angelegt. Das heisst: Anders als aktive Anleger kann der Vermögensverwalter CO2-Schwergewichte wie die Erdölkonzerne BP oder Exxon Mobil oder den Zementkonzern Holcim nicht einfach links liegen lassen. Er kann nur sein Gewicht in die Waagschale werfen, wenn es um Abstimmungen über Themen wie Environment, Social oder Governance (ESG) geht. Doch auch das zeigt Wirkung. So war Blackrock mit dafür verantwortlich, Exxon Mobil beim Klimaschutz auf die Sprünge zu helfen. Im vergangenen Jahr unterstützte der Vermögensverwalter die Wahl von drei neuen Verwaltungsräten, die von Engine No.1 vorgeschlagen worden waren, einem kleinen aktivistischen Investor. Engine No.1 forderte neues Personal im Verwaltungsrat, um den Umbau des Erdölkonzerns und das Geschäft mit erneuerbaren Energien voranzutreiben. Die Macht von Blackrock Dieses Jahr verweigerte Blackrock die Wahl von Verwaltungsräten von Grupo México S.A.B de C.V., einem mexikanischen Rohstoffunternehmen, wie dem diesjährigen Voting Report zu entnehmen ist. Begründung: Das Nachhaltigkeitsreporting des Unternehmens sei nicht à jour, die Daten zu den Treibhausgasemissionen seien seit 2020 nicht aktualisiert worden. Auch Beijing Enterprises Holdings Limited (BJEH) bekam die Macht von Blackrock zu spüren. Das Unternehmen wurde abgestraft, weil es «keine nennenswerten Reduktionsziele» habe. BJEH hatte nur Ziele für die Reduktion von Methan von Beijing Gas formuliert, einer Tochter des Unternehmens. «Um unserer Besorgnis Ausdruck zu geben», habe Blackrock die Wiederwahl des Verwaltungsratspräsidenten nicht unterstützt, heisst es im Bericht des Blackrock Investment Stewardship (BIS).Klimaschutz und Geld anlegen Schweizer KMU müssen künftig Nachhaltigkeits-Berichte liefern Auch Pensionskassen wollen ihre Kohle nachhaltig anlegen Tesla fliegt aus dem S&P 500 ESG-Index und entfacht eine Debatte ESG sind sehr wohl Themen für Blackrock. 2021/2022 verzeichnete das 70-köpfige BIS-Team 3690 Engagements bei 2460 Unternehmen in 55 Ländern, wobei es bei den Engagements jeweils um mehrere Themen gehen konnte. Das ist ein neuer Rekord. 2330-mal wurde die Qualität und die Effizienz des Verwaltungsrats diskutiert, 2120-mal ging es um die Strategie, den Unternehmenszweck oder die finanzielle Widerstandsfähigkeit, 2060-mal ging es ums Klima und die natürlichen Ressourcen. Tierschutz ist «nur» ein Reputationsrisiko Doch «woke» ist der Vermögensverwalter deswegen noch lange nicht, wie Blackrock-Chef Larry Fink in seinem diesjährigen «Brief an die CEOs» schreibt. Das zeigt dieses Beispiel: Ein Aktionär, der die Haltung von Mutterschweinen in engen Kastenständen bei den Schweinefleischlieferanten von McDonald’s bemängelte, konnte nicht auf die Unterstützung von Blackrock zählen. Dieses «Problem in der Lieferkette» könne zwar ein gewisses Reputationsrisiko darstellen, sei für das Risikoprofil des Unternehmens aber «nicht wesentlich», heisst es in dem Bericht «Wir haben die Nachhaltigkeit ins Zentrum unseres Handelns gerückt», sagt Mirjam Staub-Bisang. Dabei gehe es Blackrock aber nicht darum, Umweltschützer zu sein. Das sei nicht die Aufgabe von Blackrock. «Unsere Aufgabe ist es, das Geld unserer Kunden zuverlässig zu verwalten und zu verhindern, dass sie in Unternehmen investiert sind, deren Geschäftsmodell keine Zukunft hat.» Nachhaltigkeit, Tierschutz und soziale Fragen sind Themen für Blackrock. Aber nur, wenn sie die Investments der Kunden gefährden. Die Welt zu verbessern, überlässt der mächtigste Vermögensverwalter trotz seinem ESG-Engagement noch immer anderen.

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So geht Klimaschutz bei Blackrock