Wer am vergangenen Wochenende im Businessnetzwerk Linkedin unterwegs war, kam kaum an Clubhouse vorbei. #fomo- und #jomo-Posts allerorten. Die künstliche Verknappung – nur zwei Einladungen pro Konto – befeuerte den Hype. Jetzt stellen Sie sich vielleicht die Frage: Muss ich da auch dabei sein? Ich kann Sie beruhigen: Nein. Leider ist es gut möglich, dass sie dann die (deutschsprachigen) Kindertage eines interessanten neuen Sterns am Social-Media-Himmel verpassen. Zum Beispiel Thomas Gottschalk, der gestern Clubhouse ins Teilnehmer-Limit von 5000 Zuhörern getrieben hat. Oder Springer-Chef Mathias Döpfner, der dort nicht nur seine Meinung zu Homeoffice und Mental Coaching kund tat, sondern warum im Springer-Vorstand auf Vorzimmerkultur verzichtet wird. Und darin besteht der Reiz: Hier hat man die Möglichkeit, diesen Leuten auf Augenhöhe als Gesprächspartner zu begegnen. So, wie bei einer Zufallsbekanntschaft am Tresen einer Bar,  im Lift oder am WEF.

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Clubhouse ist eine «Drop-in Audio Chat»-App aus Amerika – in der Beta-Version. So funktioniert es: Jeder kann dort einen Raum zu einem Gesprächsthema erstellen (offen, geschlossen oder mit Einladung) und so als Moderatorin oder Moderator fungieren. Man kann den Raum betreten und zuhören. So weit, so trivial. Das Spannende ist: Zuhörer können sich melden (ja, wie in der Schule per Handzeichen) und vom Moderator auf die «Bühne» geholt werden. Dort erhält man ein Mikrofon und kann sprechen, wenn man vom Moderator das Wort erhält. Man kann Fragen stellen und sich an Diskussionen beteiligen. In manchen Räumen werden tiefgründige Fragen für ein Fachpublikum diskutiert, in anderen Räumen geht es um die Freude der Unterhaltung mit anderen Menschen – in Zeiten wie diesen ein rares Vergnügen. Es geht ums Kennenlernen, Vernetzen, Lernen und Spass. Man kann anderen Personen folgen und auch Clubs beitreten.

 

Einen derartigen Hype um ein neues Netzwerk habe ich noch nie erlebt, und das will etwas heissen. Clubhouse hat für mich das Zeug, zu einem «Keeper» zu werden. In kurzer Zeit werden sich die Diskussionen nicht mehr um Clubhouse drehen, sondern wie in Amerika um Musik, Diversity, Autos, Kindeserziehung, Investments, Start-ups. Vorausgesetzt, es bekommt seine Kinderkrankheiten wie Datenschutz und Hatespeech in den Griff. Bisher erlebe ich Clubhouse als Raum, wo sehr zivilisiert miteinander umgegangen wird und sich die Gespräche auf einem hochklassigen Niveau befinden. Aber das ist wie im Restaurant oder in der Kneipe: Es kommt immer darauf an, bei wem man am Tisch sitzt und mit wem man sich unterhält. 

Aber Vorsicht: Der Suchtfaktor ist hoch. Don’t say we didn’t warn you! Und falls Sie nicht wissen, wem sie folgen sollen: Sie finden mich im Clubhouse.