Die Kings of Leon wirken gelangweilt. Die Kulisse, vor der die US-Top-Band spielt, auf 2300 Meter Höhe, ist atemberaubend, wenn auch nur bedingt zu sehen, aufgrund des akuten Schneefalls. Die vier Musiker scheint das Alpenpanorama nicht zu beeindrucken. Emotionslos rocken sie ihr Repertoire runter. Haben sie Kopfweh vom Feiern? Oder Jetlag? An der Pressekonferenz, die die Top-Stars eine Stunde zuvor gegeben haben, erzählten sie, dass sie durch Ischgl gezogen seien, am Abend zuvor, wo sie auf viele glückliche, betrunkene Menschen gestossen seien. Es sei gewesen wie bei Mardi Gras (gemeint ist der Karneval in New Orleans), sagt der Schlagzeuger der Band und lacht laut auf. Die 11’000 Besucher des «Top of the Mountain»-Konzerts lachen nicht. Einzig die Veranstalter des Konzerts wirken hoch zufrieden. Sie konnten zum Abschluss der Saison eine internationale Top-Band nach Ischgl holen. Ischgl ist auferstanden. Hurra.

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Existenzangst ging um

Immerhin war die Party-Metropole anderthalb Jahre lang «klinisch tot». Ein Orkan war über Ischgl gefegt und hatte das 1500-Seelen-Dorf durchgeschüttelt wie nie etwas zuvor. Selbst die Lawinenkatastrophe 1999 im benachbarten Galtür erschütterte nicht im selben Ausmass. «Damals, so schlimm es auch war, wusste man, dass es irgendwann wieder aufwärtsgehen wird», sagt Günther Zangerl, CEO der Silvrettaseilbahn. «Doch während der Pandemie war nie klar, ob und wann dieser Zustand sich bessern oder je ändern würde.» Ischgl wurde zum Synonym für Corona-Versagen. Die Party-Touristen hatten das Virus in alle Welt getragen. Ergo waren die Ischgler schuld daran. Auf einmal kannte man Ischgl in der hintersten Ecke der Welt. 7 Millionen Einträge spuckt Google zu «Ischgl und Corona» aus. Egal, zu welchem Thema ein Artikel erschien, in einem Nebensatz wurde darauf hingewiesen, dass Corona von Ischgl aus verbreitet wurde. Und Wuhan? Ach ja, das gibt es auch.