Dieses Jahr sollte das grosse Comeback des Luftverkehrs einläuten: China wird wieder geöffnet, die Fluggesellschaften stocken ihre Flugpläne auf und die Flughäfen stellen massenhaft neue Mitarbeiter ein, um den Ansturm zu bewältigen. Doch diesem Wachstum steht nun ein Mangel an Flugzeugtriebwerken und Ersatzteilen im Weg. Betroffen sind insbesondere die Arbeitspferde von Airbus und Boeing, der A220, A320 und die 737 Boeing Max. 

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Der Mangel wird dadurch verschärft, dass immer mehr Fluggesellschaften mit Turbinen der neuesten Generation fliegen, die zwar bis zu 20 Prozent sparsamer sind, aber auch wesentlich häufiger gewartet werden müssen als ihre robusteren Vorgängermodelle. Infolgedessen waren diverse Fluggesellschaften gezwungen, Hunderte von Flugzeugen am Boden zu lassen – gerade als sie sich auf die bevorstehende Sommerreisesaison vorbereiteten.

Nach Angaben von Air Baltic sind derzeit 10 ihrer 39 Airbus A220 wegen Triebwerksproblemen ausser Betrieb. In den USA warnte die Billigfluggesellschaft Spirit Airlines, dass sie ihre Wachstumspläne unter anderem wegen einer Reihe von Triebwerksausfällen zurückschrauben werde. Die indische Fluggesellschaft IndiGo wiederum fordert eine Entschädigung für etwa 30 Flugzeuge, die sie wegen eines Mangels an Ersatzteilen stilllegen musste.

Triebwerke laufen heisser

Bereits vor der Pandemie kam es in der Branche zu Engpässen in der Versorgungskette. Nun kämpfen die Triebwerkshersteller weiterhin mit einem Mangel an qualifizierten Mechanikern und fehlenden Komponenten. Dazu kommen technische Herausforderungen. Die neuesten Triebwerke haben exotische Metalllegierungen und ungewöhnliche Beschichtungen. Für den Betrieb bei ofenähnlichen Temperaturen ist das erforderlich. Aber die Turbinenkomponenten sind dadurch schneller abgenutzt und müssen früher als ursprünglich erwartet in die Reparatur geschickt werden.  

 «Die Triebwerke laufen heisser, und die dafür verwendeten Materialien halten dem Druck nicht stand, so dass es mehr Probleme mit den Triebwerken gibt als früher», sagte denn auch Qatar Airways Chief Executive Officer Akbar Al Baker. Mit 236 Flugzeugen ist der Sponsor des Fussballklubs PSG ein Schwergewicht der Industrie.

Die jüngsten Turbofan-Modelle der Raytheon-Sparte Pratt & Whitney fliegen im Durchschnitt etwa 10'000 Stunden, bevor sie zur Instandsetzung aus dem Verkehr genommen werden. Das ist nur etwa die Hälfte der so genannten «Time-on-Wing» des Vorgängertriebwerks – trotz zahlreicher Nachbesserungen und Upgrades zur Steigerung der Langlebigkeit, wie Raytheon-CEO Greg Hayes letzten Monat sagte. Diese Lücke zu schliessen werde in den nächsten fünf Jahren eine Herausforderung sein, so Hayes.

Pläne für die Zukunft gefährdet

Rund 370 Airbus A320neos und A220 sowie 737 Boeing Max Jets sind unterm Strich und nach Angaben vom Luftfahrtdaten- und Analyseunternehmen Cirium derzeit eingelagert. Dazu gehören Flugzeuge, die 30 Tage oder länger stillgelegt sind. Airbus sagte, dass es die Leistung der Triebwerke seiner Flugzeuge genau überwacht. Boeing gab keine unmittelbare Stellungnahme ab.

Viele Fluggesellschaften halten einen Vorrat an Ersatzteilen bereit. Jedoch sind nicht nicht genügend Ersatztriebwerke verfügbar, um mit den Reparaturen Schritt zu halten. Die Fluggesellschaften sind vielleicht gezwungen, ältere Flugzeuge länger als erwartet zu behalten und jedes Flugzeug mehr Stunden pro Tag zu fliegen. Notfalls könnten sie sogar Flugzeuge aus ihrer Pilotenausbildungsflotte in den regulären Flugbetrieb überführen. Der Mangel könnte die Pläne der Branche zur Ausweitung des Flugangebots im Jahr 2024 und in den folgenden Jahren zunichte machen. (bloomberg/ise)