Veloteile kommen mit Verspätung von drei Jahren

In der Pandemie explodierte die Nachfrage nach Fahrrädern. Es war für Fachgeschäfte beinahe unmöglich, allen Wünschen der Kundinnen und Kunden gerecht zu werden, denn die Ware war knapp und die Lieferzeiten waren lang. Mittlerweile konnten die meisten Fahrräder ausgeliefert werden, doch die Situation bleibt kritisch. «Das Problem ist, dass erst jetzt im Herbst längst bestellte Chargen kommen, die eigentlich im Frühling hätten ausgeliefert werden sollen», erzählt Martin Platter von Velosuisse, «da kann es auch passieren, dass Kundinnen und Kunden in der Zwischenzeit Bestellungen stornieren.» Die langen Lieferzeiten liegen hauptsächlich an den asiatischen Produktionsstandorten. Viele Schweizer Velogeschäfte bestellen ihre Materialien aus Ländern wie China oder Taiwan. Die Pandemie hat zahlreiche Fabriken zu einem Produktionsstopp gezwungen und so den Lieferketten einen Schaden zugefügt, der sich bis heute auswirkt. Flyer mit Verspätung Das Schweizer E-Bike-Unternehmen Flyer hat denn auch schon im dritten Jahr Schwierigkeiten in der Lieferkette. «Bei wichtigen Komponenten wie Akkus, Displays oder Elektronikteilen herrscht immer noch Mangel», sagt Sprecherin Anja Knaus. Viel Flexibilität sei gefragt, um die Produktion aufrechterhalten zu können. Knaus sagt, dass das Unternehmen teilweise bis zu drei Jahre auf gewisse E-Bike-Teile warten musste – eine Verdreifachung der Lieferzeit. Weitere Artikel zum Thema Gravelbike – ein Velo für alle Fälle Open-Cycle-Gründer: «Wir wollen nicht mehr wachsen» Roger Okle: «Keine Ahnung, warum die mich eingestellt haben» Jetzt bangt die Schweizer Velobranche um ihre E-Bikes Immerhin: Es wird langsam besser. Die Importzahlen steigen. Laut Bund nahmen die Fahrradimporte im ersten Halbjahr 2022 um 9,3 Prozent und jene der E-Bikes um 5,6 Prozent zu. Ausgelastete Werkstätten Gleichzeitig herrscht in den Werkstätten von Fahrradhändlern Hochsaison. Martin Platter von Velosuisse verweist hier auf den auch in der Fahrradbranche herrschenden Fachkräftemangel: «Es wird händeringend nach gutem Personal und insbesondere nach Velomechanikerinnen und Velomechanikern gesucht. Diese Konstellation führt dazu, dass die Werkstätten noch immer auf Wochen, wenn nicht gar Monate ausgebucht sind.» Und wie verhält es sich mit der Nachfrage nach neuen Fahrrädern? Laufen Fahrradverkäufer bald in die Situation, dass sie gut gefüllte Keller haben, die Fahrräder aber nicht mehr verkaufen können? «Die Situation ist tatsächlich im Moment nicht ganz einfach», warnt Platter. «Was man wieder vermehrt sieht, sind stark rabattierte Aktionen und Sale-Angebote. Das deutet darauf hin, dass die Lager wieder gut gefüllt sind.» Gleichzeitig sagt Platter, dass viele potenzielle Kundinnen und Kunden noch immer im Glauben seien, dass Veloknappheit herrsche, und deshalb gar nicht erst in den Laden kommen.