Nach dem Sturm von Anhängern des einflussreichen Schiitenführers Muktada al-Sadr auf den Regierungspalast in Bagdad hat sich die Zahl der Opfer auf elf erhöht. Medizinische Kreise teilten der Deutschen Presse Agentur am späten Montagabend darüber hinaus mit, es seien bei Zusammenstössen mit Sicherheitskräften 160 Menschen verletzt worden.

Die irakischen Streitkräfte hatten Schüsse und Tränengas abgefeuert, um die Demonstranten aus dem Regierungspalast zu vertreiben. Kurz vor dem Sturm hatte der 48 Jahre alte Geistliche seinen Rückzug aus der Politik erklärt. In dem Gebäude in der eigentlich hoch gesicherten Grünen Zone liegt unter anderem das Büro von Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi.

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Wirtschaftskrise, Inflation und Korruption

Damit spitzt sich die politische Krise im Irak weiter zu, nachdem Demonstranten vor einem Monat bereits in das Parlamentsgebäude eingedrungen waren. Auch rund zehn Monate nach der Parlamentswahl können sich die Parteien weder auf einen Präsidenten noch einen Regierungschef einigen, während das Land unter einer Wirtschaftskrise, Inflation und Korruption ächzt.

Al-Sadrs Bewegung ging bei der Wahl zwar als klarer Wahlsieger hervor, konnte jedoch nicht die wichtige Zweidrittelmehrheit erreichen, die für die Präsidentenwahl erforderlich ist. Damit entstand eine politische Pattsituation.

Schüsse in Baghdads Grüner Zone

Bereits zum zweiten Mal seit 2014 kündigte Al-Sadr seinen Rückzug aus der Politik an. Keine zwei Stunden nach der Ankündigung strömten Demonstranten in die Grüne Zone. Die Protestler beseitigten Barrieren und kletterten über Zäune. Sicherheitskräfte versuchten, die Menge mit Wasserwerfern auseinanderzutreiben. Die Belagerung des Palasts ging trotz einer ab dem Nachmittag geltenden Ausgangssperre weiter. Zeugen berichteten, sie hätten am späten Abend noch Schüsse innerhalb der Grünen Zone gehört.

UN-Generalsekretär António Guterres äusserte sich besorgt über die Proteste. Er rufe zu Ruhe und Zurückhaltung auf und appelliere an alle massgeblichen Akteure, unverzüglich Schritte zur Deeskalation zu unternehmen und jegliche Gewalt zu vermeiden, teilte UN-Sprecher Stephane Dujarric in New York mit. Alle Parteien und Akteure sollten ihre Differenzen überwinden und ohne weitere Verzögerung einen friedlichen und umfassenden Dialog über einen konstruktiven Weg in die Zukunft aufnehmen.

(sda/gku)