Bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) kommt es zu einem bemerkenswerten Doppelrücktritt: Sowohl Bankchef John Häfelfinger als auch Bankratspräsident Thomas Schneider nehmen im Laufe des nächsten Jahres ihren Hut.
Die Meldung verkündete die BLKB im Kontext mit einem erneuten Abschreiber auf die Neobank-Tochter Radicant. Die BLKB schreibt 105,5 Millionen Franken auf ihre Banktochter ab. Es ist bereits die dritte Wertkorrektur, welche die Kantonalbank vornehmen muss.
Integration von Numarics bereitet Probleme
Zwei Gründe nannte die BLKB für den erneuten Abschreiber: Zum einen verlaufe die Integration des im vergangenen Herbst zugekauften Treuhandgeschäft der früheren Numarics AG nicht wie geplant, es komme zu «Verzögerungen» und unvorhergesehen «Problemstellungen». Zum andern sei die Kostenbasis der Radicant zu hoch.
Die BLKB kündigte ein «umfangreiches Kostenreduktions- und Effizienzprogramm» an, nannte dazu aber zunächst keine Zahlen. Zudem solle die Neobanktochter strategisch neu ausgerichtet werden und sich künftig auf Privatkunden und KMU im Banking und im Anlagegeschäft konzentrieren.
Die BLKB hatte unter ihrem seit neun Jahren amtierenden CEO die Neobank Radicant im Jahr 2021 gegründet, vor zwei Jahren ging die neue Bank operativ an den Start. Doch bis heute hat die Banktochter nicht die Erwartungen erfüllt – nun kostet die Expansion mit Radicant gleich Häfelfinger und den Bankratspräsidenten den Job.
Mehrere Strategieschwenks
Die in der Bankenszene sehr seltene Doppeldemission von Präsident und CEO dürfte sich damit erklären, dass die Expansion der BLKB mit Radicant politisch sehr umstritten ist wegen der hohen Kosten und der bis dato nicht erfüllten Wachstumserwartungen.
Bei einer Telefonkonferenz verneinte der scheidende Bankratspräsident Schneider jedoch, dass es neue strategische Vorgaben von der Baselbieter Regierung gegeben habe. Insbesondere will er keinen Zusammenhang zu einer kantonalen Gesetzesinitiative erkennen, welche die BLKB als Konzern auf ein konservativeres Geschäftsmodell mit klarer regionaler Ausrichtung beschränken will.
Mit dem Doppelrücktritt und dem erneuten Abschreiber dürfte die Debatte um das Projekt Radicant aber weiter Fahrt aufnehmen. Seine Geschichte ist höchst wechselhaft: Zunächst sollte Radicant mit nachhaltigen Anlagelösungen punkten. Doch als Radicant mit dem Konzept 2023 operativ an den Start ging, war nachhaltiges Anlegen nichts Besonderes mehr, die meisten Banken haben hier Angebote in petto.
Die BLKB wechselte dann die Führung aus und verordnete Radicant einen Strategiewechsel. Seitdem setzt die BLKB-Tochter verstärkt auf Angebote wie Gratiskonti und Sparzinsen, um das Kundenwachstum anzukurbeln. Bei der Vorstellung der Jahreszahlen hiess es, dass Radicant 10’000 Kunden habe. Zum Vergleich: Die App Yuh, ein Joint Venture aus Postfinance und Swissquote, kam Ende 2024 auf rund 300’000 Kunden.
Enttäuschte Hoffnung mit dem Treuhandgeschäft
Um ein neues Geschäftsfeld zu erschliessen und um ins KMU-Feld vorzudringen, kaufte Radicant dann im Herbst 2024 das Fintech Numarics, das auf digitale Buchführung spezialisiert ist. Mit der Übernahme sollte eine voll integrierte Bank- und Administrationsplattform für Privat- und Firmenkunden entstehen.
Dabei erklärte Radicant-Chef Anton Stadelmann noch bei der Vorstellung der Jahreszahlen im Februar, dass der Zusammenschluss mit Numarics nach Plan verlaufe. Nun erklärt die BLKB dagegen, dass die Numarics-Übernahme ein Flop ist. «Die Erwartungen an den Beitrag des physischen Treuhandgeschäfts zum Wachstum von Radicant haben sich nicht erfüllt», teilt die Bank mit. Auch die erhofften Synergien liessen sich nicht wie vorgesehen realisieren.
Nun nimmt BLKB-Chef Häfelfinger seinen Hut, aber erst im März nächsten Jahres. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin solle die nächste Strategieperiode mitgestalten können.
Finanziell kann die BLKB den 100-Millionen-Abschreiber verkraften und finanziert ihn zum Teil mit gebildeten Reserven. Der Halbjahresgewinn werde auf dem Niveau des Vorjahresergebnisses, kündigte die Bank an. Auch die Ausschüttung an den Kanton werden durch den Abschreiber nicht gefährdet.
Die Frage ist, was nun mit Radicant passiert. Mit dem Abschreiber von über 100 Millionen hat die BLKB de facto ihr Investment in die Neobank komplett wertberichtigt. Laut der Medienmitteilung wollen die Baselbieter an ihrer Banktochter indes festhalten.
Auf einer Telefonkonferenz kündigte der scheidende BLKB-CEO Häfelfinger indes an, dass Radicant künftig enger an die Mutter angebunden werden solle, um Kosten zu senken. Bisher sei Radicant weitgehend eigenständig unterwegs gewesen, das werde nun geändert. So sollen insbesondere Dienstleistungen von der BLKB für Radicant erbracht werden. Wie viele Jobs dadurch eingespart werden, dazu machte er keine Angaben, man wolle zunächst mit den Betroffenen sprechen.
Wie es langfristig mit der Neobank der BLKB weiter geht, wird von der noch neuen Bankführung zu bestimmen sein, die erst einmal gefunden werden muss. Angesichts der Probleme mit dem Projekt Radicant könnte der Bankrat einen externen Kandidaten als neuen CEO einsetzen, der mit einem unbelasteten Blick das Projekt neu bewerten kann.
Sicher ist nur: Die BLKB und Radicant werden weiter für Schlagzeilen sorgen.