Die gesamte Situation sei dem Punkt, an dem die weltweiten Emissionen aus fossilen Brennstoffen ihren Höchststand erreichen und anschliessend zu sinken beginnen, sehr nahe gekommen, so Thorp. «Dieser Meilenstein könnte nun nur noch wenige Jahre entfernt sein.»
Viele der Technologien, die zu dem bemerkenswerten Aufstieg der Erneuerbaren geführt hätten, seien in den USA entwickelt worden, «doch die Weiterentwicklung, Perfektionierung und industrielle Fertigung dieser Technologien haben in China stattgefunden.» China ziehe daraus erhebliche wirtschaftliche Vorteile und liefere 80 Prozent der weltweiten Solarzellen, 70 Prozent der Windturbinen und 70 Prozent der Lithiumbatterien.
«China hat dies wirklich gemeistert ... mit Hilfe der Grösse seiner Wirtschaft, seiner Fertigungskapazitäten und des harten Wettbewerbs im eigenen Land», sagte Li Shuo vom Asia Society Policy Institute dem Fachjournal. So wurden dem «Science»-Beitrag zufolge die Preise für erneuerbare Energien drastisch gesenkt. Dies habe dazu geführt, dass Wind- und Solarenergie in weiten Teilen der Welt zur kostengünstigsten Energiequelle geworden seien.
Chinas eigene Energielandschaft habe sich entsprechend gewandelt: Die Solarstromerzeugung sei in den letzten zehn Jahren um mehr als das Zwanzigfache gestiegen. Allein im Jahr 2024 installierte China «Science» zufolge neue Solar- und Windkapazitäten, die der Leistung von etwa 100 Atomkraftwerken entsprechen.
Globaler Export und Energiesicherheit als Treiber
Chinas stark wachsende Exporte grüner Technologien veränderten «Science» zufolge auch den Rest der Welt. Länder im Globalen Süden und Europa kauften diese Technologien, um die Energiesicherheit zu erhöhen und Kosten zu senken. Die Importe von Solarmodulen nach Afrika und Südasien sind laut «Science» stark gestiegen, da die Menschen in diesen Regionen erkannt hätten, dass Solardächer kostengünstig Licht, Handys und Ventilatoren mit Strom versorgen können.
Die Analyse betont jedoch auch, dass trotz des rasanten Fortschritts die globalen Kohlenstoffemissionen weiter ansteigen. Das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitraum zu begrenzen, ist zahlreichen Experten zufolge inzwischen unerreichbar.
Es bleiben laut «Science» Herausforderungen bestehen: China setze den Bau neuer Kohlekraftwerke fort. Auch politischer Widerstand wie die Handelshemmnisse für chinesische Solarmodule und die Politik der US-Regierung gegen die Entwicklung von Wind- und Solarenergie erschwerten den Fortschritt. Die Infrastruktur, die nötig sei, um Wind- und Solarenergie voll auszuschöpfen, stelle eine weitere Hürde dar.
Hoffnung auf weiteren Fortschritt
Hoffnung liege dagegen auf technologischem Fortschritt - etwa längeren Rotorblättern für Windturbinen sowie neuen Perowskit-Solarzellen, die in Verbindung mit Silizium mehr Licht einfangen und die Effizienz steigern.
Der entscheidende Punkt sei jedoch die Motivation, heisst es in «Science». Während Käufer im Jahr 2004 noch einen Aufpreis aus Umweltbedenken zahlten, sei heute das Eigeninteresse - durch geringere Kosten und höhere Energiesicherheit - die Hauptantriebskraft. «Diese Änderung der Motivation könnte der wichtigste Durchbruch von allen sein.»
