Thurnherr sprach in seiner Eröffnungsrede im KKL Luzern über die Schwierigkeiten der politischen Kommunikation in der Schweiz. Dabei nahm er den Bundesrat in Schutz vor der Kritik, wonach dieser früher besser kommuniziert habe.

Während der spanischen Grippe etwa habe sich der Bundesrat praktisch nie an die Öffentlichkeit gewandt. Heute stehe die Landesregierung häufiger denn je im Rampenlicht. Die Erwartungen seien gestiegen. Die Mitglieder des Bundesrates seien bis auf Ausnahmen normalsterbliche Lebewesen, sagte der Bundeskanzler ironisch.

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Ihre Abwägungen, Überlegungen, Anstrengungen und Rückschläge seien nur zum Teil öffentlich bekannt. An die Adresse der Journalistinnen und Journalisten sagte Thurnherr daher: "Etwas nicht zu wissen, ist ein akzeptabler Grund, es auch nicht zu schreiben."

Quellen misstrauen

Die politische Kommunikation in der Schweiz drohe zu verkümmern, sagte Thurnherr. Denn sprechen, schreiben und senden werde mit kommunizieren verwechselt. Er machte eine Unlust aus, "sich mit der allenfalls fremdgewordenen Sprach- oder allgemein Interessengemeinschaft auseinanderzusetzen. Dies sei längerfristig gefährlich.

Er rief Politik und Medien dazu auf, Respekt, Rücksicht und den gegenseitigen Interesses Sorge zu tragen. Diese seien unabdingbare Voraussetzungen für das friedliche Zusammenleben.

Angesprochen auf Indiskretionen und "Leaks" aus den Departementen sagte Thurnherr, die Mitarbeiterstäbe seien grösser geworden und anders zusammengesetzt, was die Kollegialität mehr unterhöhle, als man sich das vielleicht zugestehe. Er habe aber schon Stimmungen im Bundesrat erlebt, die "viel schlimmer waren". Den Medienschaffenden riet er in diesem Zusammenhang dazu, ihren Quellen zu misstrauen.

Elefantenrunde auf dem Schiff

Neben Thurnherr sprechen zur Eröffnung auch Yevheniia Kravchuk, ehemalige Kommunikationschefin des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, Ekaterina Glikman, Journalistin der russischen Oppositionszeitung "Nowaja Gaseta Europa" und Martin Wolf, Chefökonom der "Financial Times".

Danach stehen Diskussionsrunden auf dem Programm zu den Themen Nachwuchs im Journalismus oder Leistungsschutzrecht. Ein weiterer Programmteil ist Innovationen in den Medien gewidmet. Dabei geht es um Privatfernsehen und Deepfake.

Am Donnerstag wird das Forum auf einem Schiff fortgesetzt. Dort treffen sich unter anderem die Spitzen der grossen Medienhäuser zur Elefantenrunde. Insgesamt treten am Forum 30 Sprecherinnen und Sprecher auf.

Das Swiss Media Forum findet seit 2011 jährlich statt. Seit 2019 tragen die grossen Schweizer Medienhäuser die Veranstaltung mit. Wegen der Coronapandemie wurde es 2020 online durchgeführt.