Der Ständerat hat am Dienstag das Kompromissangebot des Nationalrats von vergangener Woche akzeptiert. Das Moratorium wird aber grundsätzlich noch einmal verlängert bis Ende 2025. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmungen.

In der Wintersession hatte die kleine Kammer mit Stichentscheid des Präsidenten beschlossen, die Genom-Editierung ab sofort vom Gentech-Moratorium auszunehmen. Dies ging dem Nationalrat jedoch zu weit. Er baute dem "Stöckli" eine Brücke mit erwähntem Kompromissvorschlag.

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Nur mit Mehrwert für alle

Demnach muss der Bundesrat bis Mitte 2024 eine risikobasierte Zulassungsregelung vorlegen, wie gentechnisch veränderte Organismen ohne transgenes Erbmaterial vom Moratorium ausgenommen werden können. Dies allerdings nur, sofern sie einen Mehrwert hätten für Landwirtschaft, Umwelt und Konsumierende gegenüber herkömmlichen Züchtungsmethoden.

"Der Nationalrat kommt unserer Lösung einen grossen Schritt entgegen", würdigte Kommissionssprecher Hannes Germann (SVP/SH) den Kompromissvorschlag. Es sei ein pragmatischer Mittelweg, mit dem die Forschung und der Ständerat leben könnten. Es sei höchste Zeit, diesen neuen Methoden eine Chance zu geben, sagte Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte/LU).

Auch Umweltministerin Simonetta Sommaruga konnte sich schliesslich dem Kompromissvorschlag anschliessen. Nun bleibe genügend Zeit, um Grundlagen für gute Entscheide zu erarbeiten.

Umstrittene neue Züchtungsmethoden

Die links-grüne Parlamentsminderheit und der Bundesrat wollten - nebst ihren grundsätzlichen Vorbehalten - die von der Landesregierung für das laufende Jahr in Aussicht gestellten Berichte zum Thema sowie die von der EU geplante Neuregelung im Umgang mit den neuen Züchtungstechnologien abwarten, bevor sie sich zu einer allfälligen Öffnung äussern.

Noch 2018 hatte der EU-Gerichtshof entschieden, dass Pflanzen, die mit Genom-Editierung entstanden sind, unter die geltenden Gentechnik-Gesetze fallen. Die Befürworter einer Öffnung in der Schweiz in diesem Bereich möchten sie ausserhalb des Gentechnik-Gesetzes regeln. Es ist nun am Bundesrat, auch dazu entsprechende Vorschläge zu machen.

Die Befürworter einer Öffnung sehen in der zielgerichteten Veränderung von arteigenem Erbgut grosse Chancen und kaum Risiken. Im Fokus ist dabei insbesondere die Crispr/Cas-Methode (Crispr-Genschere). Damit lassen sich Gene präzise und relativ einfach schneiden und verändern.

Vierte Verlängerung des Moratoriums

Grundsätzlich haben die Räte das Moratorium aber bereits zum vierten Mal bis Ende 2025 verlängert. In der Vernehmlassung hatte sich die Mehrheit der Verbände und Parteien für die Verlängerung des Moratoriums ausgesprochen. Das geltende Gen-Moratorium ist Ende 2021 ausgelaufen. Solange das Gesetz nicht bereinigt ist, wird die Verwaltung keine Versuchsprojekte bewilligen.

Das Moratorium besteht seit 2005 nach dem Ja zu einer Volksinitiative. Gentechnisch veränderte Organismen dürfen in der Schweiz deshalb im Moment nur zu Forschungszwecken angebaut werden. Namentlich der Schweizer Bauernverband (SBV) sieht nach wie vor keine überzeugenden Gründe, den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zuzulassen. Auch die Konsumentinnen und Konsumenten stehen gemäss Umfragen mehrheitlich nach wie vor hinter dem Moratorium.

Die lange schroffe Ablehnung weicht sich indes zunehmend auf. So hat etwa der neu gegründete Verein "Sorten für morgen" eine weitere Verlängerung des Moratoriums um vier Jahre als "keine Zukunftsstrategie" bezeichnet. Dem Verein gehören unter anderen die Grossverteiler Migros und Coop, die Agrargenossenschaft Fenaco oder die Obst-, Gemüse- und Kartoffelproduzenten an.

Importe bereits zugelassen

In der Schweiz bereits heute zugelassen ist der Import von GVO-Lebens- und Futtermitteln. Nach Angaben des Bundesamts für Umwelt (Bafu) sind derzeit drei gentechnisch veränderte Maissorten und eine Sojasorte zugelassen, dazu einige Zusatz- und Verarbeitungsstoffe. Im Detailhandel sind diese aber nicht zu finden.

Für die Produktion von verarbeiteten Lebensmitteln (Convenience Food) sind in der Schweiz laut Bafu zwei Vitamine, zwei Labfermente und zwei Verarbeitungshilfsstoffe zugelassen, die mittels Gentechnik hergestellt werden.

Anders als in der EU und in der Schweiz sind genomeditierte Pflanzen etwa in den USA, Kanada, Brasilien, Argentinien und China den herkömmlichen Pflanzen gleichgestellt.