Beim G20-Treffen in Indien haben sich nach Angaben des Gastgeberlandes lediglich 18 Mitgliedsländer auf eine gemeinsame Position gegen Russlands Krieg in der Ukraine verständigt. Neben Russland lehnte auch China eine von den übrigen Staaten gebilligte Erklärung ab, in der der Krieg verurteilt und erneut ein Abzug der russischen Truppen gefordert wird. Das teilte Indien am Samstag zum Abschluss des Treffens der Finanzminister und Notenbankchefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) mit. China und Russland wollten Sicherheitsfragen nicht in diesem Forum besprechen.

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Der deutsche Finanzminister Christian Lindner kritisierte Chinas Ausscheren.«Das ist zu bedauern.» Immerhin sei Brasilien jetzt kritischer als zuletzt gegenüber Russland gewesen, sagte Lindner im südindischen Bangalore. Zumindest habe China beim Umgang mit hoch verschuldeten Entwicklungsländern Kompromisse angedeutet. Hier brauche es Schuldenrestrukturierungen, damit arme Staaten weiter Zugang zum Finanzmarkt, Energie und Lebensmitteln hätten. China ist der grösste Gläubiger vieler armer Staaten in Asien und Afrika. Lindner sagte, er sei vorsichtig optimistisch, dass es noch 2023 Fortschritte hier mit China geben könne.

Damit startet die diesjährige G20-Präsidentschaft Indiens mit einem Dämpfer. Weil es keine Verständigung auf gemeinsame Ziele gab, veröffentlichte Indien statt einer so genannten Abschlusserklärung nur eine eigene Zusammenfassung der Verhandlungen. Darin heisst es, der Krieg, der von den die meisten Mitgliedsländern scharf verurteilt werde, habe zudem massive Auswirkungen auf die Weltwirtschaft - deutlich weniger Wachstum, eine hohe Inflation und gestörte Lieferketten.

Die Kriegsfrage spaltet die Teilnehmer

Insider hatten der Nachrichtenagentur Reuters bereits vorher gesagt, es werde wahrscheinlich keine gemeinsame Abschlusserklärung geben. In dieser werden für gewöhnlich gemeinsame Bewertungen und Ziele festgehalten. Seit dem Krieg in der Ukraine stocken die Verhandlungen immer wieder. Zahlreiche Probleme, die international angegangen werden müssten, sind deswegen ungelöst.

Westliche Demokratien wollten bei den Gesprächen im südindischen Bangalore durchsetzen, dass die bisherigen Formulierungen zum russischen Angriff auf die Ukraine nicht abgeschwächt werden. Auf Ebene der Staats- und Regierungschefs der G20-Gruppe wurde die Invasion Ende vergangenen Jahres noch scharf verurteilt. Gefordert wurde der vollständige und bedingungslose Rückzug Russlands aus der Ukraine.

Indien will in dem Konflikt eigentlich neutral bleiben, hat Russland bislang nicht kritisiert und fordert eine diplomatische Lösung des Konflikts. Die USA, Frankreich und Deutschland haben der Regierung in Moskau dagegen erneut vorgeworfen, für Leid in der Ukraine und die weltweit deutlich gestiegene Inflation verantwortlich zu sein.

Neue Sanktionen gegen Russland 

Die EU-Staaten hatten sich am Freitag nach langen Verhandlungen auf ein zehntes Sanktionspaket gegen Russland verständigt. Zu den Maßnahmen gehören nach schwedischen Angaben strengere Ausfuhrkontrollen von Waren, die sowohl zivilen als auch militärischen Nutzen haben können. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte das Volumen zuletzt mit rund elf Milliarden Euro beziffert. Auch die USA verschärften am Jahrestag des russischen Angriffs ihre Sanktionen. Ziele seien russische Banken, die Bergbau- sowie die Metall-Branche und Einzelpersonen, die im Verdacht stünden, die Finanzierung des Kriegs zu unterstützen. Indien versuchte dagegen Insidern zufolge neue Sanktionen gegen Russland bei den G20-Gesprächen nicht zu thematisieren. (Reuters)