Nach mehr als 20 Jahren als Kernaktionär verkauft die deutsche Unternehmerfamilie von Finck ihre Beteiligung an Von Roll nach Deutschland. Käufer ist der Hersteller von Isolierstoffen für die Elektro- und Elektronikindustrie Elantas, der wiederum zum Spezialchemiekonzern Altana gehört. Hinter Altana steckt mit der BMW-Erbin Susanne Klatten eine andere deutsche Familiendynastie.

Ursprünglich hatte der deutsche Investor und Milliardenerbe August von Finck junior die Beteiligung an Von Roll erworben. Seit seinem Tod Ende 2021 hielten seine Erben die Mehrheit am Unternehmen. «Nach einem mehr als 20-jährigen Engagement und der zuletzt erfolgreich abgeschlossenen Neuausrichtung der Unternehmensgruppe veräussert die Familie von Finck ihre Anteile von 80,9 Prozent im Sinne einer Nachfolge an den strategischen Investor Altana», begründete von Roll-Verwaltungsratspräsident Peter Kalantzis am Freitag nun den Ausstieg der Familie.

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Veränderungen in Familienbeteiligungen

Damit endet auch eine der letzten grossen Beteiligungen der Familie in der Schweiz. Gemäss der aktuellen Meldung bedeutender Aktionäre der Schweizer Börse SIX sind keine meldepflichtigen Beteiligungen für Familienmitglieder mehr aufgeführt. Zwischenzeitlich war Finck junior auch an Alusuisse-Lonza, am Mischkonzern Oerlikon-Bührle und an der Warenprüf-Holding SGS beteiligt, diese Anteile wurden jedoch schon vor längerer Zeit verkauft oder stark reduziert.

Bekannt ist sonst noch eine grössere Beteiligung das Patriarchen-Sohns François von Finck an der Mövenpick Holding, der er auch als Verwaltungsratspräsident vorsteht. Diese ist jedoch durch diverse Verkäufe, etwa der Hotels an Accor, stark geschrumpft.

Vom Eisen und Stahl zum Isolator

Der Industriekonzern Von Roll blickt derweil auf eine mehr als 200-jährige Geschichte in der Schweiz zurück. Gegründet wurde die Firma 1803 damals noch als Ludwig von Roll'schen Eisenwerke. Der Schwerpunkt lag zunächst auf der Eisen- und Stahlproduktion.

In den 1960er und 1970er Jahren diversifizierte sich das Unternehmen immer stärker und kaufte etwa die Isola-Werke in Breitenbach hinzu. In Folge der Ölkrisen geriet das Unternehmen aber zusehends in Schieflage, vor allem das Stahlgeschäft lief schlecht. 1996 wurde dieses schliesslich verkauft, woraus dann die Firma Swiss Steel hervorgehen sollte.

Anfang der 2000er kämpfte das Unternehmen ums Überleben. In diesen Zeitraum fällt auch der Einstieg von Finck junior. In Folge einer Sanierung wurden zahlreiche Geschäftsfelder verkauft und der Schwerpunkt auf das Isolationsgeschäft gelegt, in diesem gilt Von Roll inzwischen als einer der Weltmarktführer. Nach Jahren mit Verlusten weist Von Roll inzwischen wieder stabile Gewinne aus.

Aktie soll von Börse verschwinden

Den verbleibenden Von Roll-Aktionären hat Elantas nun ein Kaufangebot über 0,86 Franken je Aktie unterbreitet, was einem Aufschlag von rund 10 Prozent zum letzten Kurs vom (gestrigen) Donnerstag entspricht. Der Von Roll-Verwaltungsrat hat sich für das Angebot ausgesprochen und den Aktionären eine Annahme empfohlen. Die Papiere der Firma stiegen folglich im Handel am Freitag auf einen Wert knapp unter dem Angebotspreis, wo sie nun verharren.

Der Kauf soll voraussichtlich im November dieses Jahres abgeschlossen werden. Danach sollen die Papiere auch von der Schweizer Börse SIX verschwinden. Die Transaktion benötigt jedoch noch die Zustimmung der zuständigen Behörden.

(awp/mdl)