Für ihre im Fachjournal «Science» veröffentlichte Untersuchung haben US-Wissenschaftler die direkten Verluste betrachtet, die mit El Niño einhergehende Wetterextreme wie Überflutungen und Dürren verursachen. Zudem berechneten Christopher Callahan und Justin Mankin vom Dartmouth College in Hanover (US-Bundesstaat New Hampshire) auch den Einfluss von El Niño auf das Wirtschaftswachstum und das Einkommen der betroffenen Menschen.

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«El Niño», das Christkind - so nannten peruanische Fischer ein Klimaphänomen, das in unregelmässigen Abständen alle paar Jahre im Pazifik auftritt und dessen Auswirkungen dort oft in der Weihnachtszeit bemerkt wurden. Dabei verschieben sich aufgrund von veränderten Luft- und Meeresströmungen weltweit Wetterbedingungen.

In Teilen Afrikas und Südamerikas wird mit mehr Überschwemmungen gerechnet, in Südostasien und Ostaustralien häufen sich dagegen Dürren und Waldbrände. Für den Spätsommer 2023 prognostizierte die Weltwetterorganisation (WMO) ein Auftreten von El Niño kürzlich mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent.

Erstmalige Berechnung der Gesamtkosten

«Der Gesamtpreis für solche Ereignisse wurde noch nie vollständig beziffert», wurde Callahan in einer Dartmouth-Mitteilung zitiert. «Man muss das gesamte reduzierte Wachstum auch in der Folgezeit zusammenzählen, nicht nur wenn das Ereignis stattfindet.» Er und Mankin analysierten die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf für zahlreiche Länder in den Jahren 1960 bis 2019 und verglichen dies mit dem Auftreten von El Niño in den Jahren 1982/1983 sowie 1997/1998.

Da sich der Einbruch einer wirtschaftlichen Entwicklung auch auf die Folgejahre auswirkt, errechneten die Wissenschaftler den ökonomischen Verlust für die fünf auf El Niño folgenden Jahre. Für das Ereignis 1982/1983 betrug er demnach 4,1 Billionen Dollar, für 1997/1998 waren es 5,7 Billionen Dollar, jeweils im Verhältnis zu einer Zeit ohne El Niño.

Besonders Tropen-Länder betroffen

Betroffen sind vor allem Länder in den Tropen, die ohnehin zu den einkommenschwächeren zählen. «El Niño verstärkt die grösseren Ungleichheiten im Zusammenhang mit dem Klimawandel und wirkt sich unverhältnismässig stark auf diejenigen unter uns aus, die am wenigsten widerstandsfähig und vorbereitet sind», betonte Mankin.

In einem weiteren Schritt verbanden die Forscher ihre Ergebnisse mit Klimamodellen, die den Klimawandel bis zum Ende des Jahrhunderts prognostizieren. Für die Zeit von 2020 bis 2099 berechneten sie einen weltweiten wirtschaftlichen Verlust von 84 Billionen Dollar. «Wir zeigen hier, dass solche Klimaschwankungen, wie sie mit El Niño verbunden sind, unglaublich kostspielig sind und das Wachstum über Jahre hinweg stagnieren lassen, was uns zu Kostenschätzungen veranlasst hat, die um Grössenordnungen grösser sind als vorherige», sagte Mankin.

Mehr in Vorhersagen investieren

Die Studienautoren plädieren dafür, nicht nur die Emissionen der Treibhausgase zu verringern. «Wir müssen sowohl den Klimawandel abmildern als auch mehr in die Vorhersage von und Anpassung an El Niño investieren, da diese Ereignisse die zukünftigen Kosten der globalen Erwärmung nur erhöhen werden», erklärte Mankin.

Vorteile, die manchen Ländern durch El Niño entstehen und auch Vergünstigungen durch La Niña, das gegenteilige Phänomen zu El Niño, haben Mankin und Callahan bei ihren Berechnungen übrigens einkalkuliert.

(sda/rul)