Amuse-Bouche: Unsicherheit treibt in sichere Häfen
Einer der wichtigsten Preistreiber für das Edelmetall Nummer 1 ist und bleibt die globale Unsicherheit. Darunter fällt sowohl die immer noch schwer einschätzbare Zoll-Politik von US-Präsident Donald Trump genauso wie zahlreiche geopolitische Konflikte, allen voran der Ukraine-Krieg.
In solchen Zeiten ist Gold der sichere Hafen schlechthin zur Absicherung des Portfolios und als Werterhalt. Als Vergleich über die Jahrhunderte dient der handgefertigte Massanzug. So erhielt man im antiken Rom für eine Unze Gold eine edle Tunika und auch heute bekommt man dafür noch einen eleganten Anzug in der Londoner City.
Entrée: Zentralbanken tauschen Dollar gegen Gold
Zentralbanken halten Reserven. Und da der US-Dollar die Weltleitwährung ist, war er lange die Reservewährung schlechthin. Zuletzt hat sich aber ein Trend gerade unter Notenbanken von Schwellenländern verstärkt: die Abkopplung von der Übermacht des Dollar. Als Ersatz dient Gold.
Und entsprechend sind Zentralbanken weltweit seit 2022 Netto-Goldkäufer und lagerten jährlich mehr als 1000 Tonnen ein, rechnen die Experten von VanEck vor. Auch 2025 setzte sich dies fort mit bereits rund 700 Tonnen per Ende Oktober, heisst es vom Goldproduzenten Heraeus. Das ist eine grosse Stütze für den Goldpreis.
Gerade bei China gehört die Abkehr vom Dollar zur Strategie und die aktuellen Zukäufe könnten sogar noch deutlich über den offiziellen Zahlen liegen, vermutet Arthur Jurus, Anlagedirektor der Privatbank Oddo BHF Suisse.
Ins Unermessliche dürften die Goldreserven der Zentralbanken aber wohl kaum steigen, schränkt die Commerzbank ein. Denn schliesslich sollen die Reserven den Aussenhandel absichern und etwa Importeuren ausreichend Fremdwährung zur Verfügung stellen, damit diese ihre Waren bezahlen können. Das sei mit Gold kaum möglich.
Plat Principal: Sinkende Zinsen
Es ist eine einfache Rechnung. Tiefere Zinsen gleich höherer Goldpreis. Denn niedrige Realzinsen lassen das an sich zinslose Gold attraktiver werden. Und 2026 dürften die Zinsen zumindest in den USA weiter nachgeben.
Eine entscheidende Rolle wird hierbei dem neuen Fed-Chef zukommen. Als wahrscheinlichster Nachfolger von Jerome Powell gilt Kevin Hassett. Dieser ist ein getreuer Gefolgsmann von Trump und entsprechend ein Garant für die vom US-Präsidenten immer wieder lautstark geforderten Zinssenkungen. Bis zum Amtsende von Powell im Mai könnte aber zunächst Ruhe an der Zinsfront einkehren.
Dessert: Midterm-Jahr
Einen weiteren, wenn auch weniger fundamentalen Grund liefert IG Markets. Denn es sind Zwischenwahlen in den USA - und ein so genanntes «Midterm»-Jahr sei statistisch gesehen gut für Gold, erklärt Chefmarktanalyst Christian Henke.
In diesen Jahren steige die Volatilität, Aktien seien weniger gefragt und Anleger suchen sichere Häfen auf. All das spiele dem gelben Edelmetall in die Karten.
Petit Fours: Kurse bis 5000 Dollar denkbar
Wie üppig fällt das Gold-Buffet 2026 also tatsächlich aus? Bei Heraeus Precious Metals geht Handelschef Henrik Marx von einer Spanne zwischen 3500 und 5000 Dollar je Feinunze aus. Auch andere Experten sehen nach einer gewissen Verschnaufpause der etwas heiss gelaufenen Rally weitere Kursanstiege. Zwischen 4500 Dollar bei Oddo BHF und 4950 Dollar bei der Deutschen Bank pendeln sich die Schätzungen ein.
Gleichzeitig lassen sich viele Experten eine Hintertür offen. Denn sollte beispielsweise der Ukraine-Krieg beendet werden oder andere Ereignisse den Wunsch nach Sicherheit schwinden lassen, sei auch eine satte Korrektur bei Gold nicht auszuschliessen.
