Die Anlage auf dem Inselstaat im äussersten Nordwesten Europas befindet sich rund 30 Kilometer südöstlich von der Hauptstadt Rekyjavik entfernt. Der schlichte, graue Metallbau steht einsam in der kargen Gras- und Gesteinslandschaft. Die Luft stinkt nach Schwefel. Für Besucher ist auf den ersten Blick die Bedeutung kaum erkennbar. Die 2021 im Ort Hellisheiði eröffnete Filteranlage ist der weltweit erste solche Betrieb. Promotoren nennen ihn einen «Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel».

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Die Anlage saugt unter Getöse mit Dutzenden grossen Ventilatoren Luft an und leitet sie durch einen Filter. Der Filter wird durch Wärme aus dem vulkanischen Untergrund von dem darin enthaltenen CO2 befreit. Das extrahierte Treibhausgas wird später mit Wasser vermischt und mehrere hundert Meter tief in den Boden ins Basaltgestein gepresst - und versteinert dort.

Berset: Zeugnis von Innovationen

Die beiden Projekte zur Filterung von CO2 und zur Speicherung im Untergrund zeigten, wie innovativ die Schweiz sein könne, sagte Bundespräsident Alain Berset der Nachrichtenagentur Keystone-SDA anlässlich einer Besichtigung am Dienstag. Es sei nicht die allein entscheidende Lösung bei der Reduktion des Treibhausgas-Ausstosses, aber ein vielversprechender Teil eines Strausses an Massnahmen.

Bei einem Treffen mit der isländischen Premierministerin Katrín Jakobsdóttir bekräftige Berset laut eigenen Angaben den Willen für eine Stärkung der Zusammenarbeit in der Klimafrage. «Wir wollen das intensivieren», sagte er. Aber es brauche Zeit. Konkrete Angaben machte er keine.

Ein ETH-Ableger

Betrieben wird die Filteranlage namens «Orca» in Island von der Schweizer Firma Climeworks. Sie ist ein 2009 gegründetes Spin-off-Unternehmen der ETH Zürich. Obwohl in der Öffentlichkeit noch wenig bekannt, sind solche Anlagen gemäss Experten ein nötiger Bestandteil der Klimapolitik.

Der Bundesrat beschloss 2019 mit dem sogenannten «Netto-Null»-Ziel, dass die Schweiz bis 2050 nicht mehr Treibhausgase ausstossen soll als natürliche oder technische Speicher aufnehmen können. Damit die Schweiz das Emissionsziel erreicht, muss sie verbleibende Treibhausgasemissionen etwa aus dem Verkehr oder der Zementherstellung mit Hilfe solcher Negativemissionstechnologien ausgleichen.

Ein Tropfen im Ozean

In der Schweiz müssen aufgrund des Ziels des Bundesrates - vorausgesetzt, dass die Emissionen in allen Sektoren massiv reduziert werden - voraussichtlich rund ein Dutzend Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr ab 2050 mittels CO2-Abscheidung, Nutzung und Speicherung sowie negativen Emissionen neutralisiert werden.

Die Versuchsanlage in Island ist da ein Tropfen im Ozean. Sie entfernt pro Jahr gerade mal 4000 Tonnen CO2 aus der Luft. Es wären 3000 solche Anlagen nötig, um das CO2 in der Schweiz, das nicht eingespart werden kann, zu kompensieren.

Bereits entsteht in unmittelbarer Nähe zu «Orca» eine zehnmal grössere Anlage mit dem Namen «Mammoth». Die Bauarbeiten begannen im vergangenen Sommer.

Neben dem CO2-Sauger steht in Hellisheiði auf Island noch eine zweite Anlage, an der die Schweiz beteiligt ist. Bei dem von der ETH Zürich geleiteten Demonstrationsprojekt Demoupcarma wird CO2 aus der Berner Abwasserreinigungsanlage in Tankcontainern per LKW, Bahn und Schiff nach Island transportiert und dort permanent in einem geologischen Reservoir gespeichert. Das CO2 wird in das Grundgestein injiziert, wo es sich an Mineralien im Gestein bindet. Die Eidgenossenschaft ist zu rund 50 Prozent an den Projektkosten beteiligt.

Schwierige Suche in der Schweiz

Island eigne sich bestens für solche Anlagen, sagte Marco Mazzotti, Professor für Verfahrenstechnik der ETH Zürich, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Islands Hauptinsel ist die grösste Vulkaninsel der Erde und verfüge mit dem vielen Basaltgestein über günstige geologische Eigenschaften für die Speicherung des aus der Luft gewonnenen CO2. Der vulkanische Untergrund biete zudem die nötige billige Thermoenergie für den Betrieb von Anlagen.

In der Schweiz dagegen bestehen bislang keine solchen CO2-Speicherplätze. Das Potenzial sei aufgrund der unterschiedlichen Geologie sehr beschränkt, sagte Mazzotti weiter. Nichtsdestotrotz werde nach möglichen Stellen gesucht.

Die Politik in der Schweiz plant derweil eine eigene CO2-Transport- und -Speicherinfrastruktur. Die Rollen von Bund, Kantonen und der Wirtschaft beim Aufbau, die möglichst verursachergerechte Finanzierung und der Rechtsrahmen sind allerdings noch ungeklärt. Bis Ende 2024 will der Bundesrat konkrete Vorschläge prüfen.

(sda/rul)