Am 14. Juni 1985 unterzeichneten in der luxemburgischen Ortschaft Schengen Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Belgien und Luxemburg ein Abkommen über Grenzerleichterungen und den stufenweisen Abbau von Kontrollen an den Binnengrenzen. In einem ersten Schritt sollten Autos mit einem grünen E-Schild an der Windschutzscheibe die Grenzen im Schritttempo passieren dürfen.

Das Abkommen über die Abschaffung der Personenkontrollen an den Grenzen trat rund zehn Jahre später, im März 1995, in Kraft. Damals zählte der Schengenraum mit Spanien und Portugal bereits zwei Staaten mehr.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Schweiz seit 2008 dabei

Vier Jahrzehnte nach der ersten Einigung bilden 29 europäische Staaten den Schengenraum. Gemäss der Europäischen Kommission leben darin mehr als 450 Millionen Menschen und täglich passieren 3,5 Millionen eine Binnengrenze.

Mit dem zweiten Paket an bilateralen Verträgen zwischen Bern und Brüssel trat die Schweiz dem Schengenraum bei. Seit dem 12. Dezember 2008 können Personen die Grenzen in den Nachbarstaaten ohne Kontrollen passieren. Die Aufhebung der Kontrollen an den Flughäfen für Destinationen innerhalb des Schengenraums erfolgte am 29. März 2009.

Zehn Staaten führen wieder Grenzkontrollen durch

Der Vertragstext ermöglicht den Mitgliedstaaten bei Sicherheitsbedenken, temporäre Grenzkontrollen an den Binnengrenzen wiedereinzuführen. Diese Massnahme darf laut der Kommission nur als «letztes Mittel und in Ausnahmesituationen» erfolgen und muss dem «Grundsatz der Verhältnismässigkeit» entsprechen.

Insbesondere während der Corona-Pandemie machten viele Staaten von diesem Instrument Gebrauch, auch die Schweiz. Jedoch gingen seit dem Ende dieser Gesundheitskrise die Binnengrenzkontrollen nur leicht zurück, wie ein Blick auf die Liste der Mitteilungen der Mitgliedstaaten über die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen zeigt.

Aktuell führen gemäss Angaben der Kommission zehn Staaten solche Kontrollen durch. Darunter alle Nachbarstaaten der Schweiz, bis auf Liechtenstein, wobei Österreich und Italien die Grenze zur Schweiz nicht kontrollieren. Begründet wird die Massnahme hauptsächlich durch «ein hohes Mass an irregulärer Migration».

Die Schweiz verurteilte kürzlich öffentlich die deutsche Praxis. Bundesrat Beat Jans befürchtete unter anderem negative Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr. Er reiste Ende Mai nach Berlin, um die Situation mit dem deutschen Innenminister zu besprechen.

Verzögerung bei Stärkung der Aussengrenzen

Damit die Binnengrenzkontrollen wieder aufgehoben werden könnten, sollten die Aussengrenzen besser kontrolliert werden, wie es im neusten Schengen-Bericht hiess. An diesen sollen die hauptsächlich physischen Grenzkontrollen hin zu einem digitalen Grenzsystem entwickelt werden.

So soll die Visa-Applikation zukünftig digital erfolgen. Weiter sollen mit dem Entry-/Exit-System (EES) die Grenzübertritte in und aus dem Schengenraum digital erfasst und mit allen Schengen-Grenzbehörden geteilt werden. Betroffen wären lediglich Personen, die nicht im Schengenraum leben. Die Kommission erhofft sich im Allgemeinen eine Erhöhung der Sicherheit.

Die Einführung von EES ist aber in Verzug geraten. Ursprünglich hätte das System im Mai 2022 eingeführt werden sollen. Daraufhin wurde der Start mehrfach vertagt. Im neusten Bericht ist eine progressive Einführung ab Oktober 2025 vorgesehen.

Schweiz redet bei Änderungen mit

Änderungen des Schengen-Besitzstandes sind für die Schweiz rechtlich bindend. Dafür erhält sie an den mehrmals jährlich stattfindenden Treffen der zuständigen Ministerinnen und Minister ein Mitspracherecht. Die Schweiz hat aber kein Stimmrecht. Gemäss dem Bund ist die Mitsprache bedeutend, «da die Beschlussfassung meistens ohne Abstimmung erfolgt».

Das letzte Treffen des Schengenrats fand am Freitag in Luxemburg statt. Am Abend davor lud die luxemburgische Regierung Ministerinnen und Minister zu einem Festakt auf einem Schiff auf der Mosel bei Schengen ein.