Früher gab es die «Nivea für alle», heute gibt es Korean Beauty, Glow-Seren und Hyaluron-Masken. Früher wusch man das Gesicht mit Wasser, heute haben alle eine eigene «Beauty-Routine».
Die Hautpflege, auf Englisch «Skincare», ist im Mainstream angekommen. Vor allem die junge Generation interessiert sich dafür, darunter die sogenannten «Sephora Kids». Das sind Kinder, die scharenweise in Kosmetikläden strömen, um Anti-Aging-Produkte für 80 Franken zu kaufen.
«Skincare ist das neue Selfcare», sagt Marketing-Professor Harley Krohmer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Er forscht an der Uni Bern zu dem Thema.
Die Influencerinnen und Influencer, die Pflegeprodukte über ihre Kanäle anpreisen, machen der klassischen Werbung dabei Konkurrenz. «'Skinfluencer' verwandeln Badezimmer in Bühnen», sagt Krohmer. «Ihre Reels ersetzen TV-Werbung, ihre Routinen sind die neuen Verkaufsregale.»
Weleda-Linie ausverkauft
Auch Johanna Gollnhofer von der Uni St. Gallen (HSG) beschäftigt sich mit dem Phänomen. «Influencerinnen und Influencer können absolute Produkthypes auslösen», sagt die Marketing-Expertin.
In Deutschland werden in der Drogeriekette DM nach viralen Videos zum Beispiel regelmässig ganze Regale leergekauft. Auch die Schweizer Naturkosmetikmarke Weleda hat jüngst einen Tiktok-Hype um die «Skin Food»-Linie erlebt - obwohl es das Produkt schon lange gibt.
Grundsätzlich gebe es keine einheitlichen Trends in der Branche. «Der Kosmetikmarkt differenziert und fragmentiert sich», so die Professorin. Die Herausforderung für Unternehmen bestehe darin, ihre Kundschaft überhaupt noch zu erreichen.
Denn durch die sozialen Medien hat der Wettbewerb deutlich angezogen: «Nur weil ich zwei Monate lang 'in' bin, heisst das nicht, dass ich in vier Monaten noch 'in' bin.»
Einige Marken wie The Ordinary aus Kanada oder die koreanisch inspirierte Glow Recipe aus den USA konnten sich durchsetzen. Andere wie der britische The Body Shop wurden verdrängt.
Jährliches Wachstum von 2,5 Prozent
In der Schweiz hat der Markt für Hautpflege allein, also ohne Kosmetika, laut dem Datenportal Statista dieses Jahr ein Umsatzpotenzial von rund 550 Millionen Franken. Bis 2030 soll er jährlich um 2,5 Prozent wachsen.
Vom Skincare-Hype profitieren neben internationalen Konzernen wie Beiersdorf auch lokale Player. Die kürzlich verkaufte Migros-Industrietochter Mibelle stellt zum Beispiel ein «grosses Wachstum» bei der Gesichtspflege fest, wie eine Sprecherin auf Anfrage sagt.
Beliebt seien Tagescremes mit Lichtschutzfaktor, leichte Seren mit hoher Wirkstoffkonzentration sowie mattierende Cremes. Mibelle stellt unter anderem die Migros-Linie «I am» her. 2024 hat der Produzent einen Umsatz von 670 Millionen Franken gemacht, ein Plus von 1,4 Prozent zum Vorjahr und von 5,0 Prozent zu 2022.
Ästhetik im Vordergrund
Auch kleine Schweizer Kosmetikfirmen erhalten einen Schub. Die vegane Make-up-Marke Exurbe, die es seit 2013 gibt, sieht etwa eine deutlich steigende Nachfrage nach «visuell ansprechenden Produkten». Heisst: Menschen kaufen bewusst Produkte, die sich gut präsentieren lassen.
Gleichzeitig seien die Kundinnen und Kunden auch besser über Hautpflege informiert, berichtet die 2016 gegründete Zürcher Naturkosmetikmarke Five. «Zu uns kommen Skincare-Nerds, die schon alles ausprobiert haben.» Laut der Zwei-Personen-Firma hat die Konkurrenz in den vergangenen Jahren aber auch stark zugenommen.