Der Schweizerischen Nationalbank (SNB) droht ein Angriff auf die mehr als 100 Milliarden Franken, die sie während ihrer langen Kampagne zur Schwächung der Landeswährung angehäuft hat. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) erwägt, über eine Volksabstimmung eine höhere Gewinnausschüttung der Notenbank zu erzwingen, wie Gewerkschafts-Chefökonom Daniel Lampart der Nachrichtenagentur Reuters sagte.

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Das Geld solle helfen, das sich abzeichnende Loch in der staatlichen Altersvorsorge, der sogenannten Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), zu stopfen.

Lampart erklärte, der SGB werde am Freitag entscheiden, ob die Gewerkschaft mit der Sammlung von Unterschriften beginne wolle, um dem Vorschlag zum Durchbruch zu verhelfen. Im Schweizer System der direkten Demokratie können die Stimmbürger entscheiden, ob sie Anliegen, die mindestens 100.000 Unterschriften auf sich vereinen, annehmen oder ablehnen wollen.

Eine solche Volksabstimmung zu der Ausschüttung der SNB könnte 2025 stattfinden, sagte Lampart. Die genaue Ausgestaltung des Vorschlages stehe noch nicht fest. So sei etwa noch unklar, ob die AHV in den Genuss einer jährlichen oder einer einmaligen Zahlung kommen würde.

Die AHV, die alle in der Schweiz beschäftigten Personen absichert, dürfte 2025 in die roten Zahlen rutschen und bis 2032 ein jährliches Defizit von fünf Milliarden Franken erreichen. Die SNB hat über ihre Devisenkäufe zur Schwächung des Frankens massive Gewinne mit Aktien und Anleihen eingefahren. Für 2021 rechnet die Zentralbank mit einem Gewinn von 26 Milliarden Franken. Unter Berücksichtigung von einbehaltenen Gewinnen aus den Vorjahren kommt die SNB auf einen Überschuss von insgesamt 108 Milliarden Franken.

Unter dem Druck der Öffentlichkeit hat die SNB die Gewinnausschüttung an Bund und Kantone zuletzt auf sechs Milliarden Franken erhöht. Doch das reicht der Gewerkschaft nicht. «Mit Gewinnen, die noch nie so hoch waren in den vergangenen Jahren, befindet sich die SNB in einer Ausnahmesituation», sagte Lampart.

«Es ist an der Zeit, dass die Gewinne der SNB für andere Bereiche als die regionale und nationale Regierung verwendet werden oder einfach in der Gewinnreserve bleiben.»

Die SNB erklärte, sie kommentiere politische Vorstöße nicht. Experten zufolge dürfte sich die Zentralbank aber gegen jede Zahlung zur Finanzierung der Renten wehren. Denn in der Vergangenheit hatte sie bereits Forderungen nach der Schaffung eines Staatsfonds mit der Begründung zurückgewiesen, ein solcher Schritt würde ihre Unabhängigkeit gefährden.

Lampart will solchen Befürchtungen den Wind aus den Segeln nehmen. «Die Bilanz der SNB beläuft sich bereits auf eine Billion Franken. Ich glaube nicht, dass eine zusätzliche Ausschüttung von zwei bis vier Milliarden an der Geldpolitik viel ändern würde», sagte er.

(reuters/ske)