Der Chef des Golfturniers von Crans-Montana, Yves Mittaz, kritisiert den Deal im Spitzengolf: «Saudi-Arabien hat sich den Golfsport gekauft»

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe – obwohl «Hole-in-one» als Vergleich passender ist: Völlig überraschend verkündeten die drei wichtigsten Profiligen des Golfsports am Dienstag den Zusammenschluss. Zuvor hatten sie sich als Kontrahenten über ein Jahr lang einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Auf der einen Seite steht das Establishment in der Gestalt der US-Profiliga PGA Tour und deren Juniorpartnerin, der europäischen DP World Tour. Auf der anderen Seite: die von den Milliarden des saudischen Staatsfonds Public Investment Fonds (PIF) finanzierte LIV Golf. «Überrascht» zeigt sich Yves Mittaz, Chef des Omega European Masters Crans-Montana – des einzigen Schweizer Turniers mit internationaler Strahlkraft, welches auch Teil der DP World Tour ist. «Wir wussten von nichts.» Der Walliser hat nur über eine dürre Mitteilung der DP World Tour vom Schulterschluss erfahren. «Es ist ein ethisches Problem» Aus Feinden sei über Nacht Freunde geworden, sagt Mittaz. «Aber das Grundproblem ist nicht gelöst. Es ist ein ethisches Problem», so der Turnierdirektor, «Saudi-Arabien und sein problematisches Regime haben sich den Golfsport gekauft.» Der Sport sei nun tief gespalten, und dieser Graben lasse sich nicht so schnell überbrücken. Die Spitzenspieler, die dem finanziellen Lockruf der saudischen Liga widerstehen konnten, fühlten sich jetzt vermutlich hinters Licht geführt, glaubt Mittaz. «Zu diesem Zusammenschluss ist das letzte Wort noch nicht gesprochen», meint der Walliser. Der Sportdirektor kritisiert grundsätzlich das viele Geld, welches dank der LIV nun in den Golfsport strömt. An den Turnieren der saudischen Tour winkten den Spielern Prämien von jeweils gut 25 Millionen Dollar – ein Mehrfaches des Preisgelds, das an den Wettbewerben der PGA Tour ausgeschüttet wird. Künftig sollen noch mehr Dollar fliessen: Der Chef des saudischen Staatsfonds PIF, Yasir Al-Rumayyan, verspricht, milliardenhohe Summen in den Sport zu stecken. «Diese Beträge sind unanständig hoch und nicht nachhaltig. Auch vor dem Start der LIV war im Golfsport mehr als genug Geld im Spiel», sagt Yves Mittaz. Auch an den Regeln des saudischen Turniercircuits stört sich Mittaz. So schaffte die LIV den sogenannten Cut ab, der die Verteilung der Preisgelder auf die obersten Ränge beschränkt. «Das ist lächerlich und widerspricht der Tradition des Sports», so Mittaz. Dass die Sportlerinnen und Sportler an den LIV-Turnieren kurze Hosen tragen dürfen, ist dem Golfmanager dagegen «ziemlich egal». «Unser Turnier ist grösser als die Spieler und Spielerinnen» Der Golfsport kranke an einer verschachtelten Organisation. «Die Strukturen sind ineffizient», erklärt Yves Mittaz. Sein Turnier leidet darunter. In den vergangenen Jahren machten Spitzengolfer und Spitzengolferinnen zunehmend einen Bogen um das Turnier in den Walliser Bergen, weil sie sich auf die Turniere der US-amerikanischen PGA Tour konzentrierten. «Wir haben nur ein kurzes Zeitfenster im Sommer – Ende August/Anfang September –, während dem wir das Turnier durchführen können.» Im Juli fänden mit dem English Open und dem Scottish Open andere wichtige Turniere statt, Ende September sei das Wetter – hoch in den Bergen – dann bereits zu kalt. Mittaz sieht im Wegbleiben der Golfstars aber kein grundlegendes Problem. «Unser Turnier ist grösser als die Spieler und Spielerinnen.» Crans-Montana, in der spektakulären Walliser Bergwelt gelegen, biete ein einzigartiges Ambiente, das die Zuschauerinnen und Zuschauer aus der ganzen Welt fasziniere. «Wir benötigen nur drei, vier grosse Namen im Programm, damit das Turnier funktioniert.» Aktuell lägen die Ticketverkäufe bereits einen Fünftel über dem Niveau im Vorjahr zu diesem Zeitpunkt. «Auch das Interesse der Sponsoren ist so hoch wie noch nie.» Nebst Hauptsponsor Omega gehört weiterhin auch die Credit Suisse zu den grossen Geldgebern. «Im Profigolf verdienen nur die Spitzenspieler gut» In der Schweizer Golfszene sind auch andere Meinungen zu hören. Spitzengolferin Caroline Rominger etwa freut sich über den Zusammenschluss der Profiligen. «Die LIV sorgt für Innovation und mehr finanzielle Mittel – beides hat der Golfsport dringend nötig.» Dass das Engagement Saudi-Arabiens dem Image des Sports schaden könnte, hält sie für unwahrscheinlich. «In anderen grossen Sportarten ist Saudi-Arabien ja auch als Geldgeber aktiv.» Die Bündnerin ist derzeit im Mutterschaftsurlaub und spielt sonst in der Profiliga der Frauen, der Ladies European Tour, für die Schweiz um Punkte. Sie hofft, dass dank des Deals auch Spitzengolferinnen und Spitzengolfer wie sie mehr Geld erhalten. «Ich gab letztes Jahr 50’000 bis 80’000 Franken aus, um an Turnieren teilzunehmen. Im professionellen Golfsport verdienen nur die Spitzenspieler gut. Der Rest hat Mühe, vom Beruf zu leben.» Im Profigolf der Frauen ist Saudi-Arabien als Geldgeber allerdings schon länger willkommen: Seit 2021 führt der saudische Ölkonzern Aramco Turniere durch, an denen sich die besten weiblichen Golfspielerinnen messen, den «Aramco Team Series». Die Schwesterorganisationen der PGA Tour und der DP World Tour, LPGA und Ladies European Tour, kannten offensichtlich keine Berührungsängste.Die wichtigen Antworten zum Schulterschluss im Spitzengolf Welches sind die wichtigsten Player in diesem Deal? Zum einen sind es die beiden Golfligas der Männer von beiden Seiten des Atlantiks: Die US-amerikanische PGA Tour, der traditionsreiche Verband, der fast im Wochenrhythmus Turniere veranstaltet. Und das deutlich weniger prestigeträchtige europäische Pendant dazu, die DP World Tour – an diesem Circuit spielt Europas Elite um Punkte. Zum anderen ist es LIV Golf: Der vom saudischen Staatsfonds Public Investment Fund (PIF) mit Milliardensummen finanzierte Turnierreigen wurde Ende 2021 gestartet und konkurrenzierte die beiden anderen Ligen. LIV schüttet deutlich mehr Preisgeld aus und unterscheidet sich auch durch laxere Spielregeln und viele Showelemente von den anderen Veranstaltern. Wieso ist dieser Deal überraschend? Der Deal überrascht, weil sich die beiden Lager über eineinhalb Jahre lang bekämpft haben – auch auf juristischem Wege. Die PGA Tour beschuldigte LIV, den Sport mit Geld zu korrumpieren und als Propagandainstrument Saudi-Arabiens zu missbrauchen. Die LIV wiederum warf der PGA vor, seine Marktmacht zu missbrauchen, sodass die saudische Tour wenig Sponsorenverträge und TV-Deals abschliessen konnte. Es liefen Klagen und Gegenklagen, und auch Wettbewerbsbehörden auf beiden Seiten des Atlantiks starteten Untersuchungen. Wie geht es weiter? Auf dem Papier bleiben die Organisationen vorerst unabhängig. Die PGA Tour wird weiterhin als Veranstalterin Turniere durchführen. Sämtliche Vermarktungsrechte – und auch die lukrativen TV-Deals – werden Teil des neuen Joint Ventures mit LIV. Diese Gruppe «New Co.» besitzt auch die LIV sowie die DP World Tour. Die Leitung übernimmt der Chef des saudischen Staatsfonds, Yasir Al-Rumayyan. Ist der Deal in trockenen Tüchern? Nein. Nicht nur muss unter anderem die Aufsicht der PGA Tour zum Deal noch grünes Licht geben – auch hat der Deal in der Welt des Golfs für heftige Kritik gesorgt. Der PGA-Führung wird Heuchelei vorgeworfen. Konkret: für Geld die Prinzipien verraten zu haben. Auch von «Sportswashing» ist die Rede: dass Saudi-Arabien einen Sport mit positiver Ausstrahlung kapere, um den eigenen angeschlagenen Ruf zu verbessern. Kurz gesagt: Zu dieser Vereinbarung stellen sich noch viele Fragezeichen, und der Erfolg ist nicht garantiert.

Der Chef des Golfturniers von Crans-Montana, Yves Mittaz, kritisiert den Deal im Spitzengolf: «Saudi-Arabien hat sich den Golfsport gekauft»

«Saudi-Arabien hat den Golfsport gekauft»