Diese Reiseziele locken mit Impfungen für Touristen

Kristallklare Seen, schneebedeckte Berge, unberührte Wildnis – für Urlauber hat der US-Bundesstaat Alaska auch so schon viel zu bieten. Kein Wunder also, dass es jährlich Millionen Touristen aus aller Welt in den amerikanischen Nordwesten zieht. Jetzt will Alaska den Reisewilligen noch einen weiteren Grund für einen Besuch geben: eine Gratisimpfung gegen das Coronavirus. Ab dem 1. Juni sollen sich Urlauber gleich nach ihrer Ankunft gegen Covid-19 immunisieren können. Das kündigte Gouverneur Mike Dunleavy vergangene Woche an. Die Aktion soll zunächst auf den Flughäfen in Anchorage, Fairbanks, Juneau und Ketchikan anlaufen. Zur Wahl stehen die Impfstoffe des Mainzer Unternehmens Biontech sowie des US-Herstellers Moderna. Genügend Dosen seien jedenfalls vorhanden, versprach Dunleavy. Ein Drittel der Bevölkerung des US-Bundesstaates ist offiziellen Daten zufolge bereits zweimal geimpft. «Wir können nicht länger warten»Das Angebot für Urlauber ist Teil eines gross angelegten Wiederaufbauprogramms. Die Region hängt am Tourismus, doch das Geschäft ist durch die Pandemie zum Erliegen gekommen. Allein rund 1,3 Millionen Touristen reisen jährlich mit Kreuzfahrtschiffen durch Alaska. Der wirtschaftliche Gesamtverlust durch die abgesagte Kreuzfahrtsaison in den Jahren 2020 und 2021 beläuft sich laut Angaben der örtlichen Regierung auf sechs Milliarden Dollar, mehr als 2000 Unternehmen seien in ihrer Existenz bedroht. «Wir können nicht länger darauf warten, dass die Bundesregierung handelt und unsere Gemeinden und Unternehmen unterstützt, die auf den Tourismus angewiesen sind», rechtfertigte Dunleavy die Aktion. Alaska ist mit seiner Ankündigung für den «Urlaub Plus» nicht allein. Auch die Malediven wollen ihren Gästen bei der Einreise schon bald eine Impfung anbieten. Das sagte der Tourismusminister des Inselstaates, Abdulla Mausoom, am Mittwoch dem US-Sender CNBC. Für die Impftouristenstrategie hat er sich sogar einen eigenen Namen einfallen lassen: «Visit, Vaccination, Vacation», was übersetzt so viel heisst wie «Besuch, Impfung, Urlaub». Eigene Bevölkerung zuerstMausoom wollte sich zwar noch nicht auf einen Zeitplan für die Einführung festlegen. Oberste Priorität sei, dass die eigene Bevölkerung zuerst geimpft werde. Sobald dieser Prozess jedoch abgeschlossen ist, werde das Land bereit sein, sagte der Minister dem US-Sender. Nur rund eine halbe Million Einwohner hat die Inselgruppe, mehr als die Hälfte der Malediver hat bereits eine Erstimpfung erhalten. Unter den Arbeitskräften im Tourismussektor sollen es nach Angaben der Regierung sogar 90 Prozent sein. Genügend Impfstoff bereitzustellen, sei kein Problem, sagte Mausoom. Das Urlaubsland im Indischen Ozean habe Spenden aus Indien, China und aus dem Covax-Programm der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erhalten. Man erwarte darüber hinaus zusätzliche Lieferungen aus Singapur. Offen liess der Minister allerdings, ob ankommende Touristen den Impfstoff selbst zahlen müssen. Derzeit müssen Urlauber noch einen negativen PCR-Test und einen Nachweis über eine Hotelbuchung vorlegen, um einreisen zu dürfen. Minister Mausoom stellte aber in Aussicht, dass die Gesundheitsbehörde des Landes «sehr bald, vielleicht sogar diese Woche» eine beschränkungsfreie Einreise für geimpfte Personen ankündigen wird. Die Offensive sei notwendig, um das selbst gesteckte Ziel von 1,5 Millionen Ankünften und zehn Millionen Übernachtungen in diesem Jahr zu erreichen. Impftouristen hoffen auf ZweitimpfungDas Geschäft mit dem Impftourismus ist andernorts längst im Gang. Findige Reiseveranstalter wie das norwegische Unternehmen World Visitor bieten etwa Impfreisen nach Russland an. Am Freitag wurde eine erste Gruppe von 20 Touristen aus Deutschland mit dem russischen Impfstoff Sputnik V in Moskau geimpft. Der Veranstalter arbeitet mit spezialisierten russischen Reiseagenturen sowie staatlich lizenzierten Privatkliniken zusammen. Auch Serbien hat in den vergangenen Wochen bereits Zehntausende Ausländer geimpft. Das Balkanland steht im internationalen Impfvergleich verhältnismässig gut da.Corona und Tourismus Mit diesen Pässen können Sie die Welt bereisen - der Schweizer Pass gehört dazu. Mehr hier. Die Swiss erprobt die «Travel Pass App» - damit das Reisen wieder einfach wird. Mehr hier. Wollen Sie ins Ausland reisen? Ein Covid-19-Tool zeigt, was möglich ist. Mehr hier. Und doch bleiben Fragen offen: So scheint unklar zu sein, ob Impftouristen nach einer ersten Dosis im Ausland hierzulande auf eine schnelle Zweitimpfung hoffen können. Reiseveranstalter World Visitor bietet in seinem Paket deshalb gleich zwei Kurzreisen nach Moskau an, oder aber eine 23-tägige Gesundheitsreise, um beide Termine abzudecken. EU-Impfpass ab JuniAusserdem scheint noch nicht sicher zu sein, ob auch sämtliche Impfstoffe bei der Rückkehr anerkannt werden – etwa, wenn es um frühere Lockerungen für geimpfte Personen geht. Die EU arbeitet derzeit an einem digitalen Impfpass, der ab Juni zum europäischen Standard werden soll. Mit dem sogenannten Digital Green Certificate können Reisende nach derzeitigem Plan dann sowohl Impfungen als auch überstandene Corona-Erkrankungen und negative Tests nachweisen. Laut dem bisherigen Vorschlag der EU-Kommission sollen Mitgliedsländer aber nur Impfzertifikate für Personen ausstellen, die mit in der EU genehmigten oder vorübergehend gestatteten Impfstoffen versorgt worden sind. Das Problem: Die Malediven etwa verwenden laut Oxford-University neben den Vakzinen von AstraZeneca und Biontech auch den chinesischen Stoff Sinopharm, der in der EU nicht zugelassen ist. Und auch die Zulassung des russischen Sputnik-Vakzins durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA steht noch aus. Zwar sind im bisherigen Vorschlag zum digitalen Impfpass auch Sonderregeln einzelner Mitgliedstaaten und bei Impfungen in Drittländern vorgesehen. Auf die genauen Details müssen sich das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten aber noch einigen. Nehmen Touristen jemandem den Impfstoff weg?Verbraucherschützer sind jedoch optimistisch, dass auch Impfungen im Ausland anerkannt werden. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass Verbraucher hierzulande mit Nachteilen rechnen müssen, wenn sie sich in Drittländern impfen lassen», sagt Robert Bartel, Rechtsreferent und Reiseexperte bei der Verbraucherzentrale Brandenburg. Auch Deutsche, die länger im Ausland leben, bekämen ihre Impfung dort. «Hier darf es keine Unterschiede geben», sagt Bartel. Doch darüber hinaus sehen sich Impfreisende mit einer moralischen Frage konfrontiert: Nehmen Touristen den Menschen vor Ort den benötigten Impfstoff weg? Zwar betonen Länder wie die Malediven, zuerst die heimische Bevölkerung impfen zu wollen, ehe Touristen versorgt werden. Dennoch greift der Inselstaat auf Spenden zurück, die auch einem anderen Land hätten zugutekommen können. Seit Monaten fordert die WHO eine gerechte Verteilung der Impfstoffe. Denn während Industrienationen im weltweiten Vergleich bereits große Teile ihrer Bevölkerung immunisieren konnten, fangen vor allem Länder des globalen Südens gerade erst an. Aus Sicht von Verbraucherschützer Bartel sei eine Corona-Impfung im Urlaub zumindest rechtlich nicht zu beanstanden. «Warum sollten Reisende das Angebot nicht wahrnehmen, wenn es von staatlicher Seite gemacht wird?», fragt er. Letztlich müsse man aber auch die blosse Reisetätigkeit kritisch sehen. Schließlich habe die Bundesregierung dazu aufgefordert, auf nicht zwingend notwendige Reisen zu verzichten. Wer sich dennoch in den Impfurlaub begibt, sollte unbedingt auf die Rückreisebestimmungen achten, rät Bartel. Auch wenn Länder wie die Malediven ihre Einreisebeschränkungen abbauen, so gelten noch strikte Massnahmen bei der Wiedereinreise nach Deutschland. Wer mit dem Flugzeug zurückreist, muss generell einen negativen Corona-Test vorlegen, Rückkehrer aus Risikogebieten sind grundsätzlich zur Quarantäne verpflichtet. Und dazu gehören aktuell auch Russland und die Malediven. Dieser Artikel erschien zuerst im Bezahlangebot der «Welt» unter dem Titel: «Impfung bei Ankunft – Diese Reiseziele locken mit 'Urlaub Plus'»

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