Seit Porsche den Cayman, also den geschlossenen Bruder des Cabrios Boxster, gelauncht hat, kennen die Kollegen Autotester nur noch ein Thema: Braucht es den 911 noch – kann der Klassiker irgendetwas besser? Viele haben schon die Sinnhaftigkeit des 911 Carrera in Frage gestellt, schliesslich sei der Cayman «direkter», «agiler», «leichter» oder «faszinierender». Wirklich? Wir fahren die beiden schärfsten Modellvarianten ohne Turbo, also die saftigen Sauger namens GTS, «Gran Turismo Sport».

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Da fällt mir ein: Als die Kollegen von «Top Gear» selig drei 911-Modelle verglichen, liess Moderator Jeremy Clarkson drei Bikini-Models Aufstellung nehmen und verkündete: Die Autos seien alle wunderschön, genau wie diese drei Frauen; den leistungsstärksten verkörpere einfach jene mit den grössten natürlichen … So was machen wir bei BILANZ natürlich nicht. Erstens wäre das Sexismus, den wir aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen, und zweitens auch ein schiefes Bild. (Wer sich den Schund trotzdem antun will, hier der Link)

Vor der Metapher kommt die Testfahrt. Wie üblich passt der Sitz so perfekt um die Hüfte wie das Alcantara-Lenkrad in die Hand, auch stören am Steuer keine Bedienknöpfe. Dafür grüsst noch immer die bekannte Tasten-Armada auf der Mittelkonsole; bisher hängt Porsche ja der Philosophie nach, jede Funktion solle direkt per eigenen Knopf anwählbar sein. Doch es gibt Signale, dass ein neuer Purismus einziehen soll.

Verspielter Collie und deutscher Schaferhund

Nah am Asphalt sitzt man in beiden Autos; beide sind zudem, verglichen mit den schwächeren Varianten, einen Zentimeter tiefer gelegt. Der Cayman ist noch kompakter, unmittelbarer – aber schon in mittelschnellen Kurven beginnt das Heck beim Herausbeschleunigen zu rutschen. Zwar fängt ihn die Elektronik, sofern eingeschaltet, bald wieder ein – dennoch staunt man, denn das Mittelmotorkonzept steht ja eigentlich für möglichst neutrales Fahrverhalten bis zum möglichst weit entfernten Grenzbereich der Heckschleuderei.

Der Cayman hingegen will tänzeln. Der 911 ist tatsächlich etwas weniger agil, wirkt minimal behäbiger beim Beschleunigen, etwa im Kurvengeschlängel auf Bergstrassen. Dafür liegt er straffer und satter, kurvt berechenbarer und letztlich vertrauenerweckender. Der Cayman, das zum Thema Metapher, ist ein verspielter Collie, der 911 ein deutscher Schäferhund. Dort Lassie, hier Hasso.

Superbe, im Konkurrenzvergleich herausragende Coupés sind beide, im Alltag ausserdem problemlos; der Cayman mit seiner Heckklappe ist sogar recht praktisch. Unter den beiden GTS ist er aber eher das Spielzeug und Spasswägelchen – wenngleich ein faszinierendes. Der 911 ist schlicht der Sportwagen für Erwachsene.

Porsche Cayman GTS
Antrieb: 3,4-Liter-Sechszylinder
Leistung: 340 PS
Höchstgeschwindigkeit: 285 km/h
Beschleunigung 0–100 km/h: 4,9 s
Verbrauch: 9,0 Liter
Preis: ab 90'100 Franken

Porsche 911 GTS
Antrieb: 3,8-Liter-Sechszylinder
Leistung: 430 PS
Höchstgeschwindigkeit: 306 km/h
Beschleunigung 0–100 km/h: 4,4 s
Verbrauch: 9,5 Liter
Preis: ab 143'500 Franken

Dirk Ruschmann
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