So sieht das Ski-Resort Trojena in Saudi-Arabien aus

Die Saudis haben es derzeit nicht leicht, weder in der Schweiz noch anderswo. Hierzulande steht das Königreich im Verdacht, sich die helvetische Institution Credit Suisse unter den Nagel reissen zu wollen. Dies, nachdem eine grosse saudische Bank, die hauptsächlich dem Staatsfonds gehört, ordentlich Kapital in die Schweizer Krisenbank gepumpt hat und der umstrittene Premier und Kronprinz Saudi-Arabiens, Mohammed bin Salman, persönlich weitere rund 500 Millionen Franken in den CS-Spin-off First Boston investieren will. Doch das ist noch nicht alles. Auch das jüngste der diversen touristischen Megaprojekte in Saudi-Arabien ist hoch umstritten. Die Rede ist von Trojena, dem Skigebiet in der Wüste. Richtig: Das Reich bin Salmans ist bekannt für strenge Sitten, riesige Wüsten und Ölreichtum ohne Ende, ebenso für Denkmäler und Pilgerstätten von Weltrang; aber bin Salman will (und wird) ein Skigebiet bauen lassen. Kleines Gebiet, grosse Ambitionen Entstehen soll es im Nordwesten des Landes, in der Region rund um Tabuk, eine Stadt mit gut 500'000 Einwohnern und Einwohnerinnen. Trojena soll Teil sein des 500-Milliarden-Dollar-Gigaprojekts Neom, das künftig zahlungskräftige Kundinnen und Kunden nach Saudi-Arabien locken und diesen vom Tauchen im Roten Meer bis hin zu Carving-Schwüngen auf künstlichen Skipisten alles bieten soll. Rund 30 Kilometer an Pisten soll Trojena bieten. Es wird also klein sein. Zum Vergleich: Das grösste Skigebiet der Schweiz – Les Portes du Soleil im Wallis – bietet weit über 500 Pistenkilometer. Trotzdem soll Trojena bis zu 700'000 Menschen neu für den Wintersport begeistern. Und bereits hat das Projekt den Zuschlag für die Asiatischen Winterspiele im Jahr 2029 in der Tasche. Das Gebiet, auf dem man künftig durch die Wüste carven soll, liegt im höchsten Gebirge Saudi-Arabiens, dessen Gipfel bis auf 2600 Meter über Meer reichen. Dort sollen die Temperaturen im Winter regelmässig unter den Gefrierpunkt fallen, ganzjährig soll es im Schnitt zehn Grad kälter sein als im Rest des Landes. Die Entwickler sprechen von ganzjährig idealen Sportbedingungen. Tatsächlich will Trojena im Sommer Skifahren auf Grasmatten anbieten, plus eine Reihe weiterer Sport- und Outdoor-Abenteuer.Untergebracht werden die Trojena-Touristen und -touristinnen – wie es sich gehört – in einer Reihe von Apartments, Chalets und Hotels, von denen einige über eine direkte Hanglage verfügen werden. Ausserdem soll es in der neuen Destination ein «vertikales Dorf» mit sechs Bezirken geben: Explore, Discover, Gateway, Valley, Relax und Fun. Kann so etwas Erfolg haben? Wahrscheinlich: Selbst die vergleichsweise winzige «Ski Dubai», eine Skihalle, die im gänzlich schneefreien Emirat in einer Einkaufsmall liegt, zieht Besucherinnen und Besucher in Scharen an. Wer keine schneebedeckten Berge kennt, wird auch von einer flachen, kurzen Indoor-Piste mit Kunstschnee verzückt. Und Trojena verspricht etwas ganz und gar Futuristisches zu werden, etwas, das in Bin Salmans Masterplan, sein Reich unabhängiger vom Öl zu machen, passt. Es soll ein Reiseziel sein «wie kein anderes auf der Erde», wie es im noch spärlichen Werbematerial heisst. Die Pläne sehen vor, dass die Bauarbeiten, zu denen auch ein künstlicher Süsswassersee gehört, bis 2026 abgeschlossen sein werden. So jedenfalls ist es auf der Website des Projektentwicklers Neom zu lesen. Die Werbevideos des saudischen Olympischen und Paralympischen Komitees zeigen für die geplanten Winterspiele Skifahrerinnen und Skifahrer, die sich auf den wabenförmigen Pisten von Trojena vergnügen – zusammen mit einem Wingsuit-Springer, Wanderern und Mountainbikern. Darüber, wo und wie bei den Spielen die 47 Wettbewerbe ausgetragen werden, davon 28 auf Schnee und 19 auf Eis, gibt es noch kaum Informationen – und Trojena hält sich bedeckt. Klar ist, dass es zwei Wettkampfgruppen geben wird: eine für Ski Alpin und Snowboard, eine zweite für Eishockey, Eiskunstlauf und Curling. Blauer Himmel, kaum Niederschlag Niederschläge und natürlicher Schneefall werden das Hauptproblem für das Skigebiet sein. Neom-Geschäftsführer Jan Paterson gibt gegenüber dem britischen «Telegraph» zu, dass «bis zu 70 Prozent» der Schneedecke von Trojena künstlich sein wird. Kunstschnee wird entscheidend sein für den Erfolg der Destination. Denn jeder natürliche Niederschlag ist in der Region in den Worten des britischen Experten Fraser Wilkin «bedeutungslos». «Im Winter kommt es nur gelegentlich zu Schauern oder Stürmen, aber im Grossen und Ganzen ist der Himmel monatelang klar und blau.» Die Saudis behaupten, dass die Asiatischen Winterspiele mit «100 Prozent erneuerbarer Energie» betrieben werden. Klar aber ist: «Trojena lenkt die internationale Aufmerksamkeit auf eine nicht nachhaltige Wachstumsstrategie zur Entwicklung des Wintersports in einer heissen und trockenen Region», kritisiert Madeleine Orr, Gründerin der Sport Ecology Group. Das Skigebiet Trojena ist zwar bereits im Bau, sodass keine neue oder vorübergehende Infrastruktur erforderlich sein wird, aber die Energie- und Wasserressourcen, die für Skianlagen und Eisbahnen benötigt werden, sind zweifellos aussergewöhnlich gross. Von Nachhaltigkeit zu sprechen, ist daher zumindest mutig. Debatten über Diversität Kritisch begleiten auch lesbische Athletinnen und schwule Athleten die geplanten Trojena-Spiele. Téa Braun, Geschäftsführerin des Human Dignity Trust, sagte gegenüber dem «Telegraph», Saudi-Arabien sei ein Gebiet der Welt, in dem es für LGBT-Menschen nicht möglich sei, ihr Leben zu leben, geschweige denn an Sportveranstaltungen teilzunehmen, und fügte hinzu: «Den Spielen fehlt jegliche Legitimität unter dem Gesichtspunkt der Vielfalt und der Integration.» Sie ergänzt: «Einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Aktivitäten sind in weiten Teilen der Region kriminalisiert, so auch in Saudi-Arabien, wo LGBT-Menschen verhaftet, gewalttätig behandelt und schikaniert werden. Die gesellschaftliche Stigmatisierung und das Fehlen eines legitimen Raums für LGBT-Organisationen schränken auch die Berichterstattung über Diskriminierung oder integrationsorientierte Initiativen ein.» Auf die Kritik entgegnet ein Sprecher der Spiele-Organisatoren und -Organisatorinnen: «Trojena war der einzige Bewerber für die Spiele und hat detailliert dargelegt, wie es eine nachhaltige Veranstaltung von Weltklasse liefern wird. Die Pläne, Trojena zu einer Wintersportdestination zu entwickeln, waren bereits vorhanden und wären unabhängig von der Vergabe der Spiele umgesetzt worden.»

So sieht das Ski-Resort Trojena in Saudi-Arabien aus

Saudi-Arabien plant ein Ski-Resort mitten in der Wüste