Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: In der Nähe des Titanic-Wracks im Atlantik suchen Rettungskräfte nach fünf Vermissten in einem verschollenen U-Boot. Da der Sauerstoff in der knapp sieben Meter langen Gefährt nach Betreiberangaben für 96 Stunden reiche, «gehen wir davon aus, dass derzeit zwischen 70 und 96 Stunden verfügbar sind», sagte Kommandant John Mauger von der US-Küstenwache am Montagnachmittag (Ortszeit) in Boston. Das Boot wird bereits mehr als 24 Stunden vermisst.

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«Wir setzen alle verfügbaren Mittel ein, um sicherzustellen, dass wir das Schiff lokalisieren und die Menschen an Bord retten können», sagte Mauger weiter. Das Unternehmen Oceangate Expeditions bestätigte, dass Menschen an Bord seien. «Wir prüfen und mobilisieren alle Optionen, um die Besatzung sicher zurückzubringen», zitierte die britische BBC aus einer Mitteilung.

Hamish Harding postete zum bevorstehenden Tauchgang

Zu den Vermissten gehört Hamish Harding, Vorsitzender von Action Aviation, wie Mark Butler, Geschäftsführer des in Dubai ansässigen Flugzeugmaklers, mitteilte. In einem Twitter-Post am Sonntag teilte das Unternehmen mit, dass «das U-Boot erfolgreich gestartet wurde und Hamish derzeit taucht».

Nach Angaben mehrerer Zeitungen, darunter der Australian, befinden sich auch Stockton Rush, Gründer und Geschäftsführer von OceanGate, und der französische Pilot Paul-Henry Nargeolet an Bord. Das Unternehmen antwortete nicht auf eine E-Mail, in der es um eine Bestätigung dieser Angaben bat.

Harding hatte vor zwei Tagen in den sozialen Medien gepostet, dass in der Region das schlechteste Wetter seit 40 Jahren herrsche.

«Es hat sich gerade ein Wetterfenster aufgetan, und wir werden morgen einen Tauchgang versuchen», schrieb er. «Diese Mission wird wahrscheinlich die erste und einzige bemannte Mission zur Titanic im Jahr 2023 sein.»

Oceangate Expeditions bringt gelegentlich Privatleute für 250'000 Dollar (224'000 Franken) pro Person zum Wrack der 1912 gesunkenen, weltberühmten Titanic, die am Grund des Ozeans in 3800 Meter Tiefe liegt.

Kurz nach dem Start den Kontakt verloren

Bei der Suche werden laut Mauger mehrere Flugzeuge und Schiffe sowie Bojen mit Sonar an Bord eingesetzt, die Geräusche in einer Meerestiefe von bis zu knapp 4000 Meter erfassen können. Erst wenn der genaue Ort des Bootes klar sei, könne eine mögliche Rettung angegangen werden. Bei der grossangelegten Rettungsaktion arbeitet die US-Küstenwache mit kanadischen Einsatzkräften und privaten Booten und Handelsschiffen an der vermuteten Stelle rund 1500 Kilometer östlich der US-Metropole Boston zusammen.

Die fünf Vermissten in dem Boot des privaten Unternehmens hatten den Tauchgang den Angaben zufolge am Sonntagmorgen (Ortszeit) begonnen. Die Besatzung des kanadischen Begleitschiffs habe nach etwa einer Stunde und 45 Minuten den Kontakt verloren. 

Dabei handelt es sich bei der Titan im engen Sinne um ein Tauchboot, nicht um ein U-Boot, weil es nicht aus eigener Kraft in Häfen ein- und ausfährt. Nach Unternehmensangaben ist die Titan 6,70 Meter lang.

Das U-Boot dürfte in grosser Tiefe sein

Die Titanic war 1912 auf ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York im Nordatlantik gesunken, mehr als 1500 der 2200 Menschen an Bord starben. Die Überreste des berühmten Luxusdampfers wurden 1985 in rund 3800 Metern Tiefe entdeckt.

Der Ozean-Forscher Robert Blasiak vom Stockholm Resilience Centre wies auf die schwierigen Bedingungen im Suchgebiet hin. «Der Ozean ist im Durchschnitt vier Kilometer tief, dieses U-Boot befindet sich also in grosser Tiefe», sagte Blasiak der BBC. Licht dringe höchstens einen Kilometer weit in die Meeresoberfläche ein, es sei also stockfinster bei gleichzeitig erheblichem Wasserdruck. «Wir wissen, wo die Titanic ist, aber wir wissen nicht, wo das Tauchboot ist. Es könnte also sein, dass es bei weitem nicht so tief ist, und darauf sollten wir alle zum jetzigen Zeitpunkt hoffen.»

Keine Chance für Taucher

Der U-Boot-Experte Alistair Greig vom University College London nannte im BBC-Gespräch mehrere mögliche Szenarien des Vorfalls. Bei einem Strom- oder Kommunikationsausfall könne es sein, dass das Tauchboot zur Oberfläche getrieben würde. Deutlich schlechter wäre die Lage, sollte der Rumpf beschädigt worden sein und es ein Leck geben. «Dann ist die Prognose nicht gut», sagte Greig.

Schwierig wäre es auch, wenn das Tauchboot nicht mehr aus eigener Kraft vom Meeresboden aufsteigen könne. «Auch wenn das Tauchboot möglicherweise noch intakt ist, gibt es, wenn es tiefer als 200 Meter ist, nur sehr wenige Schiffe, die so tief vordringen können, und schon gar keine Taucher», sagte der Experte. «Die für die U-Boot-Rettung der Marine konzipierten Fahrzeuge können sicherlich nicht annähernd in die Tiefe der Titanic vordringen. Und selbst wenn sie es könnten, bezweifle ich sehr, dass sie an der Luke des Touristentauchboots fest machen könnten.»

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(sda/bloomberg | gku)