«Brachzeit»

Haben Sie 2019 gepowert wie eine Irre, innoviert, konzeptioniert und disrumpiert wie ein Wahnsinniger? Dann ist es auch mal Zeit zum Innehalten. Erklären Sie das Ihren Kolleginnen und Kollegen so: IBB. Ich brauche Brachzeit.

So, wie ein Acker mal eine Zeit lang unbebaut bleiben soll oder wie sich die Natur in den Winterschlaf begibt, müssen auch Corporate Fighter einmal ruhen. Intensiv. Zum Beispiel gleich nach dem Studium dieses Artikels.

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«Gustostückerl»

Verrückt, wie die Österreicher vorrücken in der Schweizer Wirtschaft. Zuerst übernimmt die Wiener MTH Retail Group den Bürobedarfshändler Office World, dann muss der Wintersport-Tycoon Peter Schröcksnadel das Skigebiet Saas Fee retten.

Im Anschluss kauft XXXLutz das Schweizer Möbeltraditionshaus Pfister. Und übernimmt kurz darauf einen Teil von Interio. «Advantage Austria» scheint also ein Trend zu werden. Wenn Österreichern etwas meisterhaft gelingt, sagen sie: «Gustostückerl».

«Hat Tip»

Ein kurzer Quellenhinweis in der digitalen Welt wird oft auch als «H/T» abgekürzt. Ein Begriff, der oft in den sozialen Medien oder im Mail-Verkehr verwendet wird. Ein Wort, das quasi von Offline nach Online ging: So wie man(n) früher den eigenen Hut angetippt hat, tippt man das jetzt in die Tasten.

«Henrys»

Bezeichnet eine attraktive Zielgruppe, die Abkürzung für «High earners not rich yet». Also junge Leute, die ihr Geld gern mit vollen Händen ausgeben, aber noch nicht reich sind. Wohl deshalb, weil sie Hedonismus höher ranken als ihre hohe Kante.

«Impact Washing»

Den Planeten retten und dabei Rendite machen: Das erhoffen sich viele, die ihr Geld in Firmen und Vehikel investieren, welche die Welt verbessern wollen. Sollte sich herausstellen, dass das Geld doch nicht so zielgerecht und heilend arbeitet wie versprochen, hat man es mit Schönfärberei zu tun: Impact Washing.

«Köpskam»

Flygskam, bei uns als «Flugscham» bekannt, hat sich flugs im deutschen Sprachraum eingenistet. Und dürfte nicht der letzte Sprachimmigrant aus dem Greta-Speak bleiben: Wer sich dem Regime des Konsums widersetzt und seine Anschaffungen radikal einschränkt, übt sich in Köpskam, also Kaufscham.

Falls Sie zwar immer noch ordentlich konsumieren, dafür aber weniger im Internet surfen, weil Sie Ihren Stromverbrauch drosseln wollen, haben Sie Ihr eigenes Trendetikett verdient: Klickscham.

«RNA Silencing»

Ein Wort mit Milliardenklang. Hier geht es um eine der womöglich grössten biologischen Entdeckungen. RNA Silencing bezeichnet die künstliche Unterbindung der Produktion von Enzymen, die bei Krankheiten eine Rolle spielen.

Die Technologie schaltet quasi Gene ab. Das gilt als eine der verheissungsvollsten Pisten der Pharmaforschung. Novartis wettet 9,7 Milliarden auf ein Unternehmen, das eine entsprechende Therapie in der Pipeline hat.

«Sinnfluencer»

Leute, die auf Instagram ihr perfektes Leben zelebrieren und dabei von Haarbürsten bis High Heels alles anpreisen, nennt man Influencer.

Jetzt wächst eine neue Generation Social-Media-Promis heran: Solche, die ihr Tun einem höheren Zweck widmen und ihre Posts nachhaltigst achtsam absetzen. Also mit Sinn. Den tragen sie als «Sinnfluencer» mindestens im Namen.

«Staking»

Hier kommt etwas leicht Verständliches aus dem Crypto Valley. Auch deshalb, weil die Zeiten vorbei sind, da es in der Kryptowelt für die Kurse nur eine Richtung gab: nach oben. Inzwischen braucht es schon ausgefeiltere Methoden, um auf eine sichere Rendite zu kommen.

Was in der klassischen Bankenwelt die Zinsen zum Beispiel auf Bonds sind, heisst nun in der Kryptowelt «Staking». Wer staket, vertraut sein Geld – seine Token – einem speziellen Programm an. Dieses sichert die Blockchain.

Im Gegenzug wird der Staker dafür entschädigt, dass er sein Kapital zur Verfügung stellt, und erhält eine Art Zinsen darauf. Bei Tezos ist das bereits möglich, bei Ethereum, Polkadot, Dfinity und zahlreichen anderen wird das 2020 Realität werden.

«Wunderwuzzi»

Danke fürs Dranbleiben. Hat Tip! Erinnern Sie sich noch ans «Gustostückerl»? Gut. Wenn Ihnen 2020 gleich mehrere solche Sonderleistungen gelingen, kommen Sie in den Rang eines «Wunderwuzzis». Zumindest in der Lingo der Österreicher. Die ja – siehe oben – in der Schweiz immer mehr das Sagen haben.

Andreas Güntert
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