Das neue indonesische Strafgesetzbuch, das ausserehelichen Geschlechtsverkehr verbietet und die freie Meinungsäusserung einschränken könnte, gilt für Bürger und Ausländer im Land und sorgt für Verunsicherung bei Touristen und Expats.

Kritiker bemängeln, dass die neuen Gesetze in das Privatleben der Menschen eingreifen. Das sei ein Rückschlag für die Demokratie des Landes, der das Investitionsklima beeinträchtigen könnte. Das Gesetz könnte auch ausländische Reisende abschrecken, was den wirtschaftlichen Aufschwung in vom Tourismus abhängigen Orten wie Bali untergraben könnte. Der Tourismus in Indonesien erholt sich gerade erst von der Pandemie.

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Die Regierung versucht zu beruhigen. Ausländer hätten nichts zu befürchten, es sei denn, ihre Familienangehörigen erstatteten Anzeige. «Wenn also Leute aus Australien auf Bali Urlaub machen und im selben Zimmer übernachten wollen, ist das ihre persönliche Angelegenheit», sagte die Ministerin für Recht und Menschenrechte Yasonna Laoly am Mittwoch. 

Doch was genau wären die Folgen, wenn die neue Gesetzgebung implementiert wird? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was sind die neuen Regeln für Sex ausserhalb der Ehe?

Jeder, der ausserehelichen Sex hat, muss mit bis zu einem Jahr Gefängnis oder einer Geldstrafe rechnen. Wer als Mann und Frau ausserhalb der Ehe zusammenlebt, muss mit bis zu sechs Monaten Gefängnis rechnen. In beiden Fällen kann die Polizei nur dann Strafverfolgung einleiten, wenn ein Elternteil, ein Kind oder ein Ehepartner offiziell Anzeige erstattet. 

Verbietet das neue Gesetz die Sexarbeit?

Das Gesetz enthält keine genauen Angaben zur Sexarbeit, aber das Verbot von ausserehelichem Sex würde Sexarbeit oder Prostitution illegal machen.

Was ist mit LGBTQ-Beziehungen?

Das Gesetz würde LGBTQ-Beziehungen kriminalisieren. Die Regierung erkennt gleichgeschlechtliche Ehen nicht an, so dass jede sexuelle Aktivität zwischen Menschen desselben Geschlechts als ausserehelich angesehen würde.

Wann wird das neue Strafgesetzbuch in Kraft treten?

Es wird eine dreijährige Übergangszeit geben, bis das Gesetz vollständig in Kraft ist, da die Regierung eine Durchführungsverordnung ausarbeiten muss. Nach der Verabschiedung des Gesetzes durch das Parlament muss nun Präsident Joko Widodo – besser bekannt als Jokowi – das Gesetz absegnen. Es wird allgemein erwartet, dass er das Gesetz billigt.

Wie streng werden die Regeln durchgesetzt?

Es ist unklar, ob Paare, die nach Indonesien reisen und in Hotels übernachten, überprüft und bestraft werden, obwohl Regierungsbeamte versucht haben, Ausländern zu versichern, dass ihre Privatsphäre gewahrt bleibt. 

Der stellvertretende Minister für Recht und Menschenrechte, Edward Omar Sharif Hiariej, sagte, dass die Behörden nur dann tätig werden, wenn es eine Beschwerde gibt, und dass keine Razzien durchgeführt werden. Allerdings können die lokalen Regierungen in den 34 Provinzen des Landes ihre eigenen Gesetze auf der Grundlage des Strafgesetzbuchs erlassen, bis hin zur Scharia-Gesetzgebung.

Wird das Gesetz auf Bali durchgesetzt werden?

Das Strafgesetzbuch gilt für das gesamte Land, einschliesslich Bali, aber jede Provinz kann ihre eigenen Gesetze auf der Grundlage des Gesetzes erlassen. Angesichts der Abhängigkeit der Insel vom Tourismus könnten die neuen Gesetze dort umstritten sein.

Welche anderen umstrittenen Gesetze enthält das neue Gesetzbuch?

Ausländer könnten auch mit anderen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs in Konflikt geraten. Es stellt Personen unter Strafe, die den Präsidenten, den Vizepräsidenten und die Regierung beleidigen. Das Gesetz stellt auch Abtreibung unter Strafe, macht aber Ausnahmen, wenn es sich um medizinische Notfälle oder Vergewaltigung handelt.

Wie stark ist der Widerstand gegen das Gesetz?

In der Hauptstadt Jakarta hat es bereits kleinere Proteste gegeben. Bürgerrechtsorganisationen planen, beim Verfassungsgericht Klage einzureichen. Als das Parlament 2019 den ersten Entwurf des Gesetzes vorstellte, kam es zu tagelangen gewalttätigen Demonstrationen, die Jokowi dazu veranlassten, das Gesetz zu verschieben. 

(bloomberg | gku)