Glaubt man der Legende, begann alles mit einer Wurst: Elisabeth Rausing stand in ihrer Küche, tütete das gehackte Fleisch in die Pelle, band es luftdicht ab, fertig. Zugleich inspirierte sie ihren Mann Ruben zu einer genialen Idee: 1944 erfand der Schwede den Tetra Pak, eine mit Plastik beschichtete Kartonverpackung, die Flüssigkeiten länger frisch hält und sie leichter transportieren lässt. Es war eine Erfindung, die in einem multinationalen Verpackungsimperium endete und mit der die Familie Rausing Milliarden verdienen sollte.

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Heute, gut 70 Jahre später, hat die schwedische Industriellenfamilie den Fortbestand des Schweizer Formel-1-Teams Sauber sichergestellt. Denn ihre familieneigene Schweizer Investment-Gesellschaft Longbow Finance mit Sitz in Lutry im Kanton Waadt übernimmt die Sauber Holding zu 100 Prozent. Der neue Besitzer der Sauber-Holding ist Ableger des in Schweden entstandenen Verpackungsimperiums.

Die Verbindung zum Sauber-Team soll über den Rennfahrer Marcus Ericsson entstanden sein: Die Familie Rausing gilt als Unterstützer des schwedischen Talents, der seit der Saison 2015 für Sauber fährt. Doch wer sind die Rausings?

In steuergünstigere Gefilde

Unter dem Regiment der zweiten Generation, namentlich der Söhne Hans und Gad, wuchs das einstige Kleinunternehmen Tetra Pak, wie es vor der Übernahme des Agroindustrie-Ausrüsters Alfa Laval hiess, zum globalen Verpackungsriesen. 2015 setzte die Tetra Laval Group mit 33'900 Mitarbeitern rund 15 Milliarden Franken um. Bereits Mitte der 1990er Jahre überliess Hans seine Anteile am Familienkonzern für 8 Milliarden Franken seinem Bruder Gad.

Gut zehn Jahre zuvor, im Jahr 1981, hatte der Konzern aus Steuergründen seinen Hauptsitz von Schweden an den Genfersee verlegt. Etwa zur gleichen Zeit kehrte die Familie selbst ihrem Heimatland den Rücken und liess sich in Grossbritannien nieder, wo auch heute noch ein Grossteil des Clans lebt.

Schwedischer Müll in der Schweiz

Ausnahme ist Birgit Rausing. Die Witwe und Erbin des 2000 verstorbenen Gad Rausing, lebt im Kanton Waadt, unweit des Sitzes der Tetra-Laval-Gruppe in Pully.

Ihr Eheman Gad soll ein Geizkragen gewesen sein. Für Schlagzeilen sorgte er, als er in seinem Heimatland die Müllentsorgungsgebühr von 50 Franken nicht bezahlen wollte. Er komme zwar bisweilen zum Urlaub in sein Häuschen in Schweden, liess er wissen, doch dabei falle Müll bloss in kleinsten Mengen an. Und diesen, so Rausing schriftlich, schaffe er in Tüten wieder ausser Landes, in die Schweiz. Auch seine Nachkommen lebten lange in der Schweiz, sind aber später in steuergünstigere Gefilde gezogen.

Vermögender Clan

Bis zum Jahr 2004 zählte die Familie zu den 300 Reichsten der Schweiz. Ihr Vermögen belief sich damals auf geschätzt 14 bis 15 Milliarden Franken. Doch weil sich die Nachkommenschaft des Gründers in alle Winde zerstreut hat, fiel sie bei der «Bilanz» aus Rang und Traktanden.

Die Kinder von Gad, die Tochter Kirsten sowie die Söhne Finn und Jörn, sitzen heute im Verwaltungsrat des privat gehaltenen Konzerns Tetra Laval und besitzen laut «Forbes» je mehr als 5 Milliarden Franken. Kirsten Rausing pflegt zudem eine Nähe zum britischen Pferdesport: Die Tetra Pak Erbin betreibt in England eine Zucht mit 80 Muttertieren, die für höchst erfolgreichen Nachwuchs sorgen.

Nicht skandalfrei

Doch trotz ihres Milliardenvermögens ist über die Rausings weit weniger bekannt, als über andere schwedische Industriellen-Dynastien. Ein Grund könnte die Vergangenheit von Hans Kristian Rausing sein, Angehöriger der dritten Generation aus der Linie von Rubens jüngerem Sohn Hans.

Der heute 53-Jährige, der abhängig von Rauschmitteln wie Heroin, Kokain und Crack war, machte im Sommer 2012 Schlagzeilen, als ihn die Londoner Polizei wegen des Verdachts auf Drogenbesitz festnahm. Zudem entdeckten die Beamten bei einer Durchsuchung seiner Villa im Londoner Nobel-Stadteil Belgravia eine Leiche: die seiner seine Ehefrau Eva. Eine Obduktion ergab später, dass die Mutter von vier Kindern schon rund zwei Monate zuvor an einer Überdosis Drogen gestorben war. Anschliessend unterzog sich Hans Kristian Rausing erneut einer Drogentherapie – mit Erfolg, heisst es.

Skandalfreier leben seine Schwestern Lisbet und Sigrid. Die Töchter von Hans Rausing, sind beide Akademiker und respektierte Persönlichkeiten des britischen kulturellen Lebens. Dem Geschäft widmet sich dieser Familienzweig jedoch weniger.