Die Business-Idee

Innerhalb weniger Minuten ein Hauttransplantat direkt im Operationssaal oder Behandlungszimmer produzieren – das können Medizinerinnen bald mit der Technologie des Bieler Jungunternehmens Mimix Biotherapeutics: «Blut und eine kleine Hautbiopsie des Patienten sind dafür nötig», erklärt Gründer und CEO Marc Thurner. «In einer speziellen Zentrifuge wird daraus mithilfe von akustischen Schallwellen, die Partikel gezielt bewegen und anordnen, ein körpereigenes, lebendes Hauttransplantat für die komplexe Wundversorgung.» Speziell Diabetikerinnen, Verbrennungsopfer und Menschen mit Wundheilungsstörungen könnten künftig davon profitieren. Mit der Fastskin-Behandlung hat es das Jungunternehmen unter die Top zehn der Venture Leaders Medtech 2023 geschafft. Die Botschaft hinter diese Auszeichnung: «Diese Lösung hat das Potenzial, die Branche zu transformieren.»

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Der Gründer

Marc Thurner ist Mikrotechnikingenieur und gehört zu den Pionieren im 3D-Biodruck. Bereits 2007 gründete er die Regenhu, die zu den Top fünf der Bioprinting-Weltmarktführer gehört. 2012 folgte die Tochter Vivos Dental, die sich auf 3D-gedruckte Knochentransplantationslösungen im zahnmedizinischen Bereich spezialisiert hat. Beide Firmen gibt es noch, aber Thurner hat sich aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen. «Durch den weltweiten Erfolg war ich oft im Ausland. Als ich Vater wurde, entschied ich mich, neue Wege zu gehen», sagt er.

Über zehn Jahre erforscht und entwickelt hat die sogenannte schallinduzierte Morphogenese die Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO-Stiftung) aus Davos. «Während einer beruflichen Auszeit bekam ich einen Anruf des Forschers, der die Technologie entwickelte, und die neue Geschäftsidee nahm Formen an», sagt Thurner. Also gründete er 2020 die Mimix-Biotherapeutics-Aktiengesellschaft. Der neue Ansatz: «Wir möchten unsere Produkte nicht selbst vertreiben, sondern setzen auf starke Partnerschaften mit Brancheninvestoren», so Thurner. «Der Medtech-Markt ist global hart umkämpft. Durch Kooperationen mit Branchenkennern und -kennerinnen können wir uns schneller und fester etablieren.»

Der Markt

Während bisher in der gängigen Praxis ein gesundes Hautstück am Oberschenkel entnommen wurde und dadurch eine zusätzliche Wunde erzeugt wurde, sei für die Fastskin-Behandlung eine wesentlich kleinere Gewebeentnahme nötig. Ein weiterer selbst deklarierten Vorteil: «Bessere und schnellere Regeneration, weil das lebende Hautstück die Regeneration des umliegenden Gewebes anstösst.»

Die Zentrifuge und ein Kit mit Einwegmaterialien, die Mediziner für die Herstellung der Fastskin benötigen, sei nur das erste Produkt. Mimix versteht sich als Entwickler von Gewebeproduktionstechnologien. «Künftig sind auch Produkte für weitere medizinische Bereiche denkbar, etwa in der Orthopädie oder für das Herzkreislaufsystem – von der Herstellung von Gehirn- bis hin zu Herzmuskelgewebe», sagt Marc Thurner. Gemeinsam mit strategischen Forschungspartnern aus der Industrie und dem akademischen Bereich würden stetig neue Einsatzgebiete erforscht.

Das Kapital

Rund 7 Millionen Franken stecken bisher im Jungunternehmen. In zwei Finanzierungsrunden sind auch hochkarätige Investoren aus der Branche wie Heraeus, die AO-Stiftung und die asiatische Medtech-Gruppe Asia Jetway eingestiegen. «Aktuell bereiten wir eine weitere Finanzierungsrunde vor. 10 bis 15 Millionen Franken sind unser Ziel, um die Wundversorgungsaktivitäten voranzutreiben.»

Die Chance

Im Rahmen des Venture-Leaders-Programms war Thurner im vergangenen Herbst zum Branchenaustausch und Netzwerkaufbau in den USA. «Eine US-Tochter ist in Planung. Hier planen wir den Markteintritt noch in diesem Jahr», so der CEO, «das Potenzial in den USA ist enorm, der Markt riesig und die Zulassungsvoraussetzungen etwas weniger herausfordernd als in Europa.» 

Stefan Mair
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