Bei einem Angriff auf koptische Christen in Ägypten sind am Freitag nach offiziellen Angaben 26 Menschen getötet worden. 25 weitere Menschen wurden verletzt, wie das Gesundheitsministerium in Kairo mitteilte. Drunter seien viele Kinder. Die Gruppe der Gläubigen befand sich auf dem Weg ins Kloster St. Samuel im Süden des Landes.

Augenzeugen berichteten, maskierte Männer hätten die zwei Busse und einen Lastwagen gestoppt und das Feuer eröffnet. Dem Innenministerium zufolge benutzen die Angreifer drei Allradfahrzeuge. Bislang hätten die Schützen nicht identifiziert werden können.

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Viele Kontrollpunkte

Sicherheitskräfte richteten auf der Jagd nach den Tätern entlang der Wüstenstrasse Dutzende Kontrollpunkte ein und setzten Patrouillen ein. Präsident Abdel Fattah al-Sissi rief eine Sitzung mit Sicherheitsexperten ein, wie die staatliche Nachrichtenagentur berichtete. In Berlin äusserten sich Vertreter der Bundesregierung sowie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bestürzt.

Der ägyptische Grossimam Ahmed al-Tajeb sagte als Gast beim Kirchentag, er rufe die Ägypter angesichts des Terrors auf, sich zu vereinen. Der Angriff solle das Land destabilisieren, warnte der sunnitische Würdenträger.

Bedeutende Minderheit

Koptische Christen machen rund zehn Prozent der 92 Millionen Ägypter aus. Die koptische Kirche ist damit die grösste christliche Gemeinschaft im Nahen und Mittleren Osten. Weltweit gibt es 15 Millionen Kopten. In Ägypten bilden sie die mit Abstand grösste Gruppe der bis zu acht Millionen Christen. Die koptische Kirche wurde der Überlieferung nach vor rund 2000 Jahren vom Evangelisten Markus in Ägypten gegründet. Die eigentliche koptisch-orthodoxe Kirche entstand nach dem Konzil von Chalkedon im Jahre 451. Damals unterlag der Patriarch von Alexandria im Dogmenstreit um die Natur Jesu Christi. Im Zuge der Islamisierung ab 640 traten viele Kopten freiwillig oder gezwungen zum Islam über.

Zu ihren bekanntesten Vertretern zählte der frühere UNO-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali (1922-2016). Oberhaupt der Kopten ist Tawadros II. (seit 2012). Er trägt den Titel «Papst von Alexandria und Patriarch des Heiligen Stuhls von St. Markus». Der Begriff Kopten ist aus dem arabischen Wort für Ägypter hergeleitet.

Hoher Blutzoll

Offiziell können die Kopten ihre Religion in Ägypten frei ausüben. Spannungen mit der muslimischen Bevölkerungsmehrheit gibt es vor allem in ländlichen Gebieten. Kopten waren in den vergangenen Jahren öfters Opfer von Attentaten. Etwa 70 kamen seit Dezember durch Bombenanschläge gegen Kirchen in den Städten Kairo, Alexandria und Tanta ums Leben. Allein im April wurden bei Anschlägen auf zwei koptische Kirchen mindestens 44 Menschen getötet. Zu den Taten bekannte sich die Extremistenmiliz Islamischer Staat. Für den Anschlag am Freitag übernahm zunächst niemand die Verantwortung.

(reuters/sda/chb)