Wo die Elefanten tanzen, leidet das Gras. Dieses afrikanische Sprichwort könnte sich vielleicht bald für die Schweiz bewahrheiten. Die USA und die EU tanzen den Tango des Handelskriegs. 27 Billionen Dollar Wirtschaftsleistung gegen 17 Billionen Euro. Da sind die schweizerischen 0,9 Billionen Franken BIP-Volumen bloss das Gras der Savanne.
Wie soll sich die Schweiz wehren? Soll sie näher an die EU rücken, wie es die Briten tun? Oder soll sie neutral bleiben und sich ducken, bis der Tanz vorbei ist?
Historisch suchte die Schweiz starke Allianzen, etwa mit dem imperialen Grossbritannien zur Kolonialzeit. Davon profitierten viele Schweizer Handelsfirmen. Und sie suchte nach Alternativen, wenn eine Grossmacht die Muskeln spielen liess. Was heute die USA sind, war Ende des 19. Jahrhunderts Frankreich. Die Idee des Protektionismus vergiftete damals Paris – ähnlich wie heute Washington. Die französische Regierung beendete 1890 vorteilhafte Handelsverträge einseitig – darunter solche mit der Schweiz – und führte Strafzölle ein. Die Schweizer Exporte brachen ein.
Die Schweiz knickte nicht ein
Die Schweiz duckte sich aber nicht. Sie belegte zwei Jahre später französische Importe mit Gebühren, und die Bevölkerung boykottierte die Produkte. Die Importe brachen darauf zusammen. Dafür ging die Schweiz einen Pakt mit Deutschland ein. Das merkte Paris, kehrte zurück an den Verhandlungstisch mit Bern, und drei Jahre später war die Sache bereinigt. Ab 1895 nahmen französische Importe sprunghaft zu. Doch bis sich die Schweizer Exporte erholten, verstrichen fast zwei Jahrzehnte. In der kleinen Schweiz war das Gras stärker zertrampelt als in Frankreich.
Seitdem war die Schweiz nicht mehr von einem Zollkrieg betroffen. Sie profitierte von internationalen Handelsabkommen (Gatt, WTO) und klagte 2003 in einer Allianz sogar die USA ein, als diese unter Präsident Bush junior einseitig Strafzölle verhängte. Mit Erfolg: Unter Androhung hoher Strafzahlungen wich der Elefant zurück.
Opportunistisch vorwärts verhandeln
Jetzt ist die Schweiz wieder in einer ähnlichen Lage. Einen Vorgeschmack darauf gab der Stahlkrieg von 2018. Trump verhängte Strafzölle von 25 Prozent auf EU-Importe. Daraufhin erliess die EU Einfuhrkontingente gegenüber Drittstaaten, darunter der Schweiz. Die Umsätze der hiesigen Stahlbranche brachen ein. Das Staatssekretariat für Wirtschaft ging nach Brüssel, um Ausnahmen auszuhandeln, was ihr gelang. Aber der Schaden war angerichtet – das Gras zertrampelt.
Die Geschichte lehrt, dass es für die kleine Schweiz gut ist, einen opportunistischen Kurs zu fahren und nicht zu nahe an die Grossen zu rücken. Notfalls die Stirn zu bieten, wie damals Frankreich gegenüber, und Allianzen zu schmieden – in der Gewissheit, dass auch Elefanten irgendeinmal fertig getanzt haben. Trump ist in vier Jahren weg. Ein Näherrücken an die EU ist keine Strategie.