In der französischen Hauptstadt Paris ist es am Freitag gegen 21.20 Uhr fast zeitgleich an verschiedenen Orten zu Schiessereien und Explosionen gekommen.

Die Umgebung des Stade de France im Norden von Paris, wo gerade vor 80'000 Zuschauern das Fussball-Länderspiel Frankreich gegen Deutschland ausgetragen wurde, wurde von drei Explosionen erschüttert.

«Allah Akbar!»

Schwer bewaffnete Angreifer stürmten in die Konzerthalle Bataclan in der Innenstadt und riefen «Allah Akbar» (Gott ist gross). Sie schossen wahllos in die Menge und nahmen Geiseln.

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Zuerst bestätigte die Polizei gegen 24 Uhr am Freitag mindestens 42 Todesopfer. Die Sicherheitskräfte sagten aber bald, dass diese Zahl wegen einer Geiselnahme steigen werde. Die Zeitung «Le Figaro» schrieb am Samstag um 1.11 Uhr, dass mit mindestens 100 Toten zu rechnen sei. Bis am Samstagmorgen stieg die Zahl der Opfer auf gegen 130. Verletzt wurden weitere 200 Leute, davon 80 schwer.

Blutbad im Konzertsaal

Zu Beginn waren in einem kambodschanischen Restaurant im 11. Arrondissement laut Polizeiaussagen mindestens 11 Menschen getötet worden. Zudem hatte es eine Schiesserei neben dem Bataclan Konzertsaal gegeben. Das «Bataclan» gehört zu den bekanntesten Konzerthallen von Paris. Die Heavy-Metal-Band Eagles of Death Metal spielte dort, 1500 Personen haben Platz im Gebäude.

Mehrere Attentäter waren am Freitagabend in den Saal eingedrungen und hatten die Besucher als Geiseln genommen. Zwischen 0.30 Uhr und 1 Uhr am Samstag Morgen stürmten Sicherheitskräfte das Gebäude. Es waren Explosionen und Schüsse zu hören - offenbar wurden dabei auch Attentäter getötet.

Konzertbesucher meldeten sich vor der Stürmung auf Facebook und später auf Radio-Stationen und beschrieben, dass im Bataclan Geiseln genommen und systematisch umgebracht wurden. Auch die Band meldete auf Facebook, dass sie ihre Crew-Mitglieder suche:

Hollande evakuiert

Neben diesem Schauplatz hatte es mehrere Explosionen bei einer Bar in der Nähe des Stade de France gegeben. Dort sind Frankreich und Deutschland in einem Fussball-Freundschaftsspiel aufeinander getroffen. Frankreichs Präsident hatte den Match mitverfolgt und wurde evakuiert. Anschliessend eilte er ins Innenministerium, wo ein Krisenstab eingerichtet wurde. Französische Offizielle sprachen von einer koordinierten Attacke.

Auf Twitter kursiert ein Video vonm Fussballmatch. Darauf ist eine laute Detonation zu hören.

Im Einkaufszentrum von Les Halles in der Innenstadt, im Herzen Paris', kam es zu einem weiteren Anschlag, wie der Hörfunksender Europe 1 berichtete. Insgesamt fanden an sieben Orten Attacken statt. Die französische Nachrichtenagentur AFP hat eine Karte mit den Orten des Geschehens auf Twitter gestellt:

In der Rue de la Fontaine au Roi nicht weit vom Platz der Republik wurden auf der Terrasse der Pizzeria «La Casa Nostra» fünf Menschen getötet. Am Boulevard Voltaire auf der anderen Seite vom Platz der Republik gab es einen weiteren Angriff mit einem Toten. Etwas weiter nördlich kam es an der Ecke der Strassen Bichat und Alibert zu Schüssen auf der Terrasse des Restaurants «Le Petit Cambodge». Dort wurden 14 Menschen getötet. In der Rue de Charonne etwas weiter östlich hörten Augenzeugen zwei bis drei Minuten lang Schüsse. 18 Menschen wurden getötet. Für die meisten Toten sorgten die Terroristen aber im Konzerthalle Bataclan.

Ausnahmezustand: Grenzen dicht

US-Präsident Barack Obama hat den Franzosen noch am Freitagabend die Unterstützung der Vereinigten Staaten zugesagt. Er habe mit Hollande am Freitag wegen dem G20-Gipfel schon einmal telefoniert. Er wolle aber erst wieder mit ihm sprechen, wenn die Situation unter Kontrolle sei. Die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen. Die USA und Frankreich verfolgten die gleichen Werte und würden diese verteidigen. Frankreich sei der älteste Verbündete der Vereinigten Staaten. Obama sprach von einem «unglaublichen Versuch, unschuldige Zivilisten zu terrorisieren». Die USA stünden bereit, der französischen Regierung und Bevölkerung jegliche Hilfe bereitzustellen, die erforderlich sei, sagt Obama im Weissen Haus.

François Hollande erklärte im Fernsehen am Abend den Ausnahmezustand - es ist das erste Mal seit dem 2. Weltkrieg, dass in Frankreich ein Notstand dieser Grösse ausgerufen wird. Die Grenzen würden geschlossen. Das Aussenministerium stellte wenig später aber klar, dass es sich um Grenzkontrollen an Strassen, Zuglinien, Häfen und Flughäfen handele. Flug- und Zugverbindungen seien gewährleistet.

Hollande rief seine Landsleute in einer kurzen Rede im TV zur Solidarität und Mut auf und schwörte, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Stadtverwaltung rief die Pariser Bürger über Twitter auf, wegen der Anschläge zuhause zu bleiben. Die Taxifahrer hatten ihre Taxometer abgeschaltet und brachten Personen gratis nach Hause. Die Spitäler hatten alle verfügbaren Mitarbeiter aktiviert. Der U-Bahn- und Busverkehr im Pariser Osten war unterbrochen, die Schulen und Universitäten in Paris sind am Samstag geschlossen:

Die Weltgemeinschaft ist entsetzt. Viele Regierungen versichern über Twitter und andere Kanäle ihre Solidarität mit Frankreich. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) verurteilt in einer Erklärung die Anschläge in Paris als «barbarische und feige terrorisische Angriffe». Auch Bundesratssprecher André Simonazzi sprach Hollande die Unterstützung der Schweiz zu:

Das Attentat vom Freitag auf den Samstag ist bereits der zweite Angriff auf Frankreich dieses Jahr. Beim Angriff auf die Redaktion des Satireblattes «Charlie Hebdo» in Paris Anfang Januar wurden zwölf Personen getötet.

(dbe/chb/sda)