Viele fordern höhere Erbschaftssteuern, insbesondere für grosse Erbschaften von Kindern und Enkeln. Dies seien besonders gute Steuern: gerecht und ohne negative Anreizwirkung. Das ist falsch.

Erbschaftssteuern müssen am Wohnort der Erblasser und nicht der Erben erhoben werden. Denn die Erben könnten der Besteuerung allzu leicht durch einen Umzug an einen Ort ohne Erbschaftssteuern ausweichen. Doch auch die Besteuerung der Erblasser wird immer schwieriger.

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Reiner Eichenberger ist ordentlicher Professor für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Forschungsdirektor des Instituts Crema.

Erstens fallen grosse Erbschaften zumeist nicht als Finanzvermögen an, sondern in Form von Unternehmen und Immobilien. Oft könnten die Erben die Steuern nicht zahlen, ohne die Firmen und Immobilien zu verkaufen oder zu liquidieren, was Arbeitsplätze gefährdet. Der Staat besteuert deshalb Erbschaften von Unternehmungen und Immobilien in der Regel viel tiefer als Finanzvermögen und gibt so den potenziellen Erblassern Anreize, ihr Vermögen in solche steuerbegünstigten Formen zu verpacken. Das bringt hohe volkswirtschaftliche Kosten, weil knappes Kapital wenig ertragreich angelegt wird und ineffiziente Eigentümerstrukturen gefördert werden.

Zweitens werden die potenziellen Erblasser mit fortschreitender Globalisierung und medizinischem Fortschritt immer mobiler und der Todeszeitpunkt wird immer leichter beeinflussbar. Erblasser können ihren Wohnsitz auf ihr Ableben hin an einen Ort ohne Erbschaftssteuern verlegen. Oft müssen sie dort nicht einmal sterben, sondern können ihren Besitz steuerfrei verschenken.

Viele wohlhabende Familien besitzen Liegenschaften im Ausland, sodass die Wohnsitzverlagerung ganz einfach ist. Zudem gibt es in Ländern wie Thailand oder Indien immer bessere Angebote für Beherbergung und Pflege ausländischer Senioren.

«Plötzlich würden sich Bund, Kanton und Gemeinden rührend um potenzielle Erblasser kümmern.»

Je höher die Erbschaftssteuern werden, desto mehr Erblasser passen ihren Wohnort und manchmal sogar Todeszeitpunkt an die Erbschaftsgesetze an. So verlieren Erbschaftssteuern ihre Ertragskraft und werden zur unmoralischsten aller Steuern. Wie stark die Erblasser reagieren, zeigen die Erfahrungen Deutschlands und Grossbritanniens: Ihre sehr hohen allgemeinen Erbschaftssteuern bringen kaum höhere Erträge als die heutigen schweizerischen, die das Erbe von Ehepartnern, Kindern und Enkeln nicht besteuern.

Die weit bessere Alternative wäre eine «Freiwillige Erbschaftssteuer». Bund, Kantone und Gemeinden sollen statt einer normalen Erbschaftssteuer, die eigentlich einem staatlichen Pflichtteil für den Staat entspricht, nur je einen gesetzlichen Erbteil erhalten. Dann können Erblasser, die dem Bund, ihrem Kanton, oder ihre Gemeinde nichts hinterlassen wollen, diese einfach enterben – ganz ohne teure juristische Kniffe und Konstrukte.

Viele Erblasser haben keine besonders geliebten Erben. Deshalb würden lange nicht alle von ihnen Bund, Kanton und Gemeinde enterben. Entsprechend erhielten diese ohne gesellschaftliche Kosten einen schönen Zustupf, würden sich rührend um potenzielle Erblasser kümmern – und würden so auch wettbewerbsfähiger.