Das Trauerspiel im Parlament um die Revision des Wettbewerbsrechts dauert jetzt schon vier Jahre. Es begann mit zwei Vorstössen von FDP-Parlamentariern. Sie kolportierten Fehlleistungen der Wettbewerbskommission (Weko). Einer der beiden, Ständerat Hans Wicki, behauptete, die Weko verurteile Firmen zu Bussen, ohne alle Beweise gewürdigt zu haben. Die Behörde betreibe damit eine verfassungswidrige Beweislastumkehr. Firmen müssten ihre Unschuld beweisen, statt dass die Weko deren Schuld beweise. Das ist nachweislich falsch, wie der Bundesrat festhielt.
Doch Wicki, der oberste Vertreter der Bauwirtschaft im Parlament, schaffte es, im Ständerat eine Mehrheit zu mobilisieren, deren Empörung auch Teile des Nationalrats erfasste. Wicki verlangte eine Schwächung der heutigen Regeln. Seine Unterstützer aus den Reihen der SVP und FDP verteidigten die Korrektur als eine «kleine Präzisierung» der bisherigen Regeln. Auch dies ist falsch.
Es droht die Kartellwirtschaft wie vor dreissig Jahren
Die Korrektur hätte eine massgebliche Schwächung des Binnenwettbewerbs zur Folge gehabt. Die Verurteilung von Kartellen wäre viel schwieriger geworden. Das Rad der Geschichte wäre um ein Vierteljahrhundert zurückgedreht worden. Erst seit 2001, als das Parlament das Kartellrecht verschärfte und Sanktionen einbaute, tut es Unternehmen weh, erwischt zu werden. Die angedrohten Bussen schrecken sie davor ab, Preise und Konditionen unter Händlern und Herstellern abzusprechen.
Zuvor konnten Kartelle schalten und walten, mittendrin die Bauwirtschaft und die Importeure. Nun aber kommt Hoffnung auf, dass dieses «Back to the Future»-Szenario nicht eintritt. Die Kartellfreunde krebsen zurück. In der Differenzbereinigung hat eine knappe Mehrheit der Wirtschaftskommission durchgesetzt, dass Kartelle gemäss den heutigen Regeln verfolgt werden dürfen. Im Frühjahr folgte die zuständige Wirtschaftskommission Hans Wicki. Erst das Plenum im Ständerat verhinderte die wettbewerbsrechtlich schlimmsten Revisionsvorschläge.
Die FDP will die Verfolgung von Kartellen schwächen
Drei Monate später bäumten sich kartellfreundliche Parlamentarier im Nationalrat auf. Unter Führung des Zürcher Wirtschaftsanwalts Beat Walti (FDP) fügten sie eine unmöglich klingende Bestimmung ein, um die Weko zu schwächen. Doch das Hurra-Bild bekam Risse: Selbst bodenständige SVP-Landwirte wie Hans Jörg Rüegsegger (BE) und Martin Haab (ZH) kritisierten im Rat die Aufweichung des Kartellrechts. Und Bürgerlichen dämmerte es, dass linke Befürworter der Schwächung wie SP-Vize Jacqueline Badran und Gewerkschaftsangestellter Benôit Gaillard (VD) spezielle Gründe hatten: Sie wollen Absprachen erlauben und den Wettbewerb behindern.
Seit letzten Freitag findet nun auch die ständerätliche Wirtschaftskommission, dass es besser sei, die Weko nicht an ihrer Arbeit zu hindern. Doch für eine Entwarnung ist es zu früh. Eine Minderheit – darunter FDP-Präsident Thierry Burkart und Gewerbeverbandspräsident Fabio Regazzi – schob eine neue Differenz ein, um die Verfolgung von Kartellen zu behindern. Fazit: Die Kartellfreunde sind noch nicht besiegt. Der Test folgt am Montag der Herbstsession 2025.