Sie kommen immer in Gruppen, vier, fünf auf einmal, die Krawatte schon abgelegt, der erste Hemdknopf offen. Mittwochabend. 19.35 Uhr, «La Stanza», die Bar der Banker. Italienisches Design, Terrakotta-Fliesen, lang gezogener Tresen. Die meisten bestellen Bier (0,3 Liter/5 Franken), gehen vor die Tür, rauchen, trinken.

Hier steht auch Stephan Alpenzeller (Name geändert), gehobene Position bei einer Züricher Top-Bank. Er sagt: «Hoeness wird sicher nicht der letzte prominente Deutsche sein, den sie erwischen.» Und: «Aber die Deutschen lieben die Schweizer Banken so sehr, dass sie trotzdem bleiben.»

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Zürich, Schweiz, die Stadt, in der Geld gewaschen und gebunkert wird. Geld aus Waffendeals, von Despoten – aber eben auch von deutschen Mittelständlern. Ich, der BILD-Reporter, bin in Europas Zentrum für Steuerflüchtlinge unterwegs, frage Banker, wie es wirklich ist. Schätzungen gehen davon aus, dass Deutsche hier bis zu 200 Milliarden Euro gebunkert haben.

Ein Geheim-Raum in einer Züricher Großbank, nur per Fingerabdruck kommen die Teilnehmer in den abhörsicheren Raum.

Amerikanische Anwälte und Züricher Banker reden über die Ermittlungen der Amerikaner, die Ankündigung der US-Regierung, härter gegen amerikanische Steuersünder in der Schweiz vorzugehen. Ein US-Vertreter sagt: «Sie werden zuschlagen, sie meinen das ernst.» Sein Kollege ergänzt: «Zum Glück ist die deutsche Regierung nicht so entschlossen wie die amerikanische...»

Club «Aphrodisia», Mitternacht, nur zwei Straßen vom «La Stanza» entfernt. Zürich, Innenstadt. Von außen sieht es aus wie ein Züricher Wohnhaus. Wer die Tür aufmacht und in den Keller geht, findet einen Club, eine kleine Tanzfläche – und viele leicht bekleidete Frauen. Sie nennen es den «Banker»-Puff; ab 700 Franken dürfen Kunden Prostituierte in die oberen Etagen begleiten. Bei Bedarf besorgen die Frauen auch Drogen. Ein Kellner: «Einige Banker nehmen das Kokain direkt vom Tresen.»

Paradeplatz, Arbeitsplatz der Banker. Hier haben die großen Häuser ihren Sitz, UBS, Credit Suisse...

Rundherum Luxus-Shops von Hermès, Bally, Armani. Im Armani-Shop bieten sie für Banker einen besonderen Deal. Regelmäßig wird ein Designer aus Mailand eingeflogen, der Maßanfertigung macht. Der teuerste Anzug kostet 100 000 Euro, der Stoff aus Kamel-Haar. In den Luxus-Hotels «Savoy» und «Bar au Lac» erzählen sich die Banker beim Lunch («Smileburger» für 38 Franken) ihre Helden-Geschichten.

Einer berichtet, wie seine Bank für deutsche Kunden jetzt einen speziellen Fahr-Service eingerichtet hat. Weil immer mehr Deutsche Angst haben, ihr Schwarzgeld persönlich in die Schweiz zu bringen, fliegen immer wieder Bankberater nach Deutschland. Dort mieten sie sich Wagen, sammeln das Geld ein, bringen es über die Grenze und verstecken es in Schweizer Tresoren.

1.22 Uhr, im Club «Aphrodisia». Als die Kellnerin sieht, dass ein Foto geschossen wird, geht sie dazwischen. «Das hier ist alles diskret, fast alle haben Ehefrauen zu Hause. Sie wollen einfach nur mal Stress abbauen...»

Dieser Artikel erschien zuerst in der «Bild». Die  deutsche Tageszeitung gehört wie die Handelszeitung dem Verlag Axel Springer.