Das Rentenalter für Männer und Frauen wird vorerst nicht erhöht. Die Schweizer Stimmbevölkerung hat eine Volksinitiative der Jungfreisinnigen überdeutlich abgelehnt, die zunächst ein Rentenalter 66 und danach dessen Koppelung an die Lebenserwartung vorsah.

Das zeigte am Sonntagmittag die erste Hochrechnung des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG. Die Volksinitiative Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative) dürfte demnach mit rund 75 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt werden und auch deutlich am Ständemehr scheitern. Der Fehlerbereich liegt bei plus/minus drei Prozentpunkten.

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Das Nein überrascht nicht. Obwohl die Befürworter zuletzt Stimmen gewonnen hatten, waren die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage stets deutlich in der Mehrheit. Die letzten Umfragen vor der Abstimmung waren von einem Nein-Stimmen-Anteil von über 60 Prozent ausgegangen.

Die Vorlage blieb während des Abstimmungskampfs im Schatten der anderen Initiative zur Altersvorsorge, jener für die 13. AHV-Rente. Auch budgetmässig steckten Befürworter und Gegner deutlich weniger Geld in ihre Kampagnen, wobei das Ja-Lager bei den Ausgaben klar die Nase vorn hatte. Das Initiativkomitee hatte rund eine Million Franken an Kampagnengeldern zur Verfügung.

Mehrheit gegen Automatismus

Lanciert worden war die Renteninitiative von den Jungfreisinnigen. Sie forderte in einem ersten Schritt eine Erhöhung des Rentenalters für Frauen und Männer auf 66 Jahre bis ins Jahr 2033. Danach sollte das Rentenalter an die Lebenserwartung gekoppelt werden, wie es einige europäische Länder bereits kennen.

SVP, FDP und namhafte Wirtschaftsverbände unterstützten die Initiative. Sie warnten davor, dass ohne neuerliche AHV-Reform die Finanzierung und langfristige Sicherung der Altersvorsorge in Gefahr seien, weil die Bevölkerung immer älter werde. Eine Erhöhung des Rentenalters beziehungsweise dessen Koppelung an die Lebenserwartung sei die nachhaltigste Lösung.

SP, Mitte, Grüne, GLP und Gewerkschaften gaben die Nein-Parole aus. Ein in der Verfassung verankerter Automatismus, der Renten und Lebenserwartung verknüpfe, sei zu starr, machten sie geltend. Bei der Festlegung des Rentenalters müssten auch die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt sowie der Gesundheitszustand der Menschen im Land berücksichtigt werden. Zum Rentenalter müsse eine politische Diskussion möglich sein.

Erhöhung nicht mehrheitsfähig

Diese Diskussion um ein höheres Rentenalter ist nach dem Nein zur Renteninitiative nicht aufgehoben, sondern lediglich aufgeschoben. Die nächste AHV-Reform für die Zeit ab 2030 ist bereits aufgegleist. In diesem Rahmen dürfte auch über ein höheres Rentenalter diskutiert werden.

Das Rentenalter der Männer liegt heute bei 65 Jahren, das Rentenalter der Frauen - noch - bei 64 Jahren. Mit der 2022 an der Urne angenommenen AHV-Reform wird das Frauenrentenalter ab 2025 und bis 2028 ebenfalls auf 65 Jahre erhöht, in Stufen.

Für die Berner SP-Ständerätin Flavia Wasserwallen ist klar: «Mit dem deutlichen Nein zur Renteninitiative ist eine Rentenaltererhöhung für die nächsten Jahre vom Tisch.» Eine generelle Erhöhung des Rentenalters sei offensichtlich nicht mehrheitsfähig.

Reformdruck bleibt

Mitinitiant Matthias Müller von den Jungfreisinnigen widersprach: «Wir werden darum nicht herumkommen, über eine Rentenaltererhöhung zu diskutieren.» Das gelte erst recht nach dem Ja zur 13. AHV-Rente. Die Forderung nach einer Rentenaltererhöhung sei «nicht sexy, aber sachlich richtig und vernünftig».

Die AHV funktioniert nach dem Umlageprinzip: Was die Erwerbstätigen an Beiträgen einzahlen, wird als Rente an die Pensionierten ausbezahlt. Durch die steigende Lebenserwartung und die wachsende Zahl von Rentnerinnen und Rentnern - nicht zuletzt wegen der Pensionierung der Babyboomer-Jahrgänge - dürfte die AHV in finanzielle Schieflage geraten, weil weniger Erwerbstätige mehr Pensionierte finanzieren müssen.

(sda)