Entscheidung von Opec und Verbündeten: Saudis drehen am Ölhahn – das kommt jetzt auf uns zu

Als Putin im Februar die Ukraine überfiel, ging der Westen flugs in anderen Regionen auf Einkaufstour. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck flog noch im März für Gas nach Katar, US-Präsident Joe Biden im Juli für Öl nach Saudi-Arabien. Unter den umstrittenen Geschäftspartnern erschienen die arabischen Autokraten-Staaten das kleinere Übel – und das verlässlichere. Fehlannahmen, wie sich jetzt zeigt. Das versprochene Gas aus Katar kommt für diesen Winter zu spät und auch das Öl aus Saudi-Arabien fliesst langsamer als erhofft. Nach seinem Treffen mit Kronprinz Mohammed bin Salman war Biden noch optimistisch, dass Riad «in den kommenden Wochen» Schritte zur Steigerung der Ölversorgung unternehmen würde. Nun hat er das Gegenteil bekommen: Die Opec+, in der die Saudis der Hauptakteur sind, kürzen die Produktion um 2 Millionen Barrel pro Tag.Das ist die Opec+ Der 1960 gegründeten Organisation erdölexportierenden Länder (kurz: Opec) gehören aktuell 13 Staaten an: Algerien, Angola, Äquatorialguinea, Gabun, Iran, Irak, die Republik Kongo, Kuwait, Libyen, Nigeria, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Venezuela. Sie verfügen über drei Viertel der weltweiten Erdölreserven und beeinflussen durch Festlegung von Förderquoten und die Regelung der Erdölproduktion den weltweiten Ölpreis. Weil ihr Weltmarktanteil in den vergangenen Jahren aber gesunken ist, organisiert sich das Öl-Kartell zunehmend mit vier weiteren Staaten (Russland, Kasachstan, Mexiko und dem Oman) zu den «Opec+». Das ist die stärkste Förderkürzung seit dem Frühjahr 2020, als die Ölländer mit einer Kürzung um 10 Millionen Barrel je Tag auf die Corona-Pandemie reagiert hatten. Der Schritt wurde gemeinhin erwartet, weshalb der Ölpreis schon vor dem Treffen am Mittwoch angezogen hat. Beim Entscheidungstreffen am Mittwoch in Wien dabei war auch Russlands stellvertretender Ministerpräsident Alexander Nowak. Ist der Schritt ein Punkt für Putin? Zumindest eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen. Wie sich die Kürzung für Saudi-Arabien, die USA, Europa und Russland auswirkt: Furcht vor Preisobergrenze für russisches Öl Das Ölkartell unter saudischer Führung schlage sich auf Putins Seite, sagt das Weisse Haus. Saudi-Arabien sagte wiederum, es reagiere lediglich auf die steigenden Zinssätze im Westen, wo die Zentralbanken wie die US-Notenbank «verspätet» die Liquidität reduzierten, einen Anstieg des Dollars auslösten und Öl billiger machten. Geld spielt wohl die grössere Rolle als Politik: Mit der künstlichen Verknappung soll der Preis für Rohöl erhöht werden. Zwar liegt er mit rund 90 Dollar pro Barrel höher als in den sieben Jahren vor Kriegsbeginn – aber unter dem Niveau, das kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine erreicht wurde. Aus Sicht der Ölproduzenten des Kartells haben die USA selbst das Öl für die Drosslung ins Feuer gegossen: Sie sind verärgert über Washingtons wiederholte Freisetzung von Rohöl aus den Notvorräten. Zudem fürchten sie sich vor einer möglichen Preisobergrenze für russisches Öl, weil das den Preis weiter drücken oder eines Tages auf sie ausgedehnt werden könnte. USA zapfen die Ölreserven an Das Weisse Haus ist sauer, dass die intensive Lobbyarbeit nicht gefruchtet hat. Washington wirft den Opec+ nun Komplizenschaft vor – und kündigte umgehend Massnahmen an, um den Ausfall zu kompensieren. Im politischen Werkzeugkasten haben die USA neben der weiteren Öffnung der strategischen Reserven (was sie einen Tag vor dem Entscheid noch abgelehnt hatten) und der Steigerung der heimischen Energieerzeugung auch die Wiederbelebung der sogenannten Nopec-Gesetzgebung. Sie würde es dem Justizministerium erlauben, Länder wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens zu verklagen. Europa fürchtet Rezession Was die Opec+ für die USA befürchten, ist in der EU schon vorangeschritten: Der Entscheid fällt mit einem neuen Sanktionspaket gegen Russland zusammen, das auch einen Preisdeckel für russische Ölimporte vorsieht. Die Kürzung der Ölfördermenge könnte die EU hart treffen. Schliesslich wirken steigende Ölpreise auf Benzin- und Beizölpreise und damit auch direkt auf jeden Endverbraucher. Simone Tagliapietra, Senior Fellow bei der in Brüssel ansässigen Wirtschaftsdenkfabrik Bruegel, sagte der «Washington Post», die Produktionskürzung werde «die Inflation aufrechterhalten und die Energiekrise in Europa noch komplizierter machen». Russland füllt sich die Taschen Ölmarktbeobachter stellten schnell fest, dass Russland basierend auf reiner Mathematik und den neuesten Produktionsdaten der Opec+ tatsächlich am meisten von der Entscheidung profitiert. Das zeigt eine Analyse von Reuters. Moskau muss die Produktion nicht um ein einziges Barrel reduzieren, da es bereits deutlich unter dem vereinbarten Ziel produziert. Gleichzeitig profitiert Moskau von höheren Ölpreisen durch die künstliche Verknappung.

Entscheidung von Opec und Verbündeten: Saudis drehen am Ölhahn – das kommt jetzt auf uns zu

Die Saudis drehen am Ölhahn – das kommt jetzt auf uns zu