In einem emotionalen Brief haben mehr als hundert Abgeordnete des EU-Parlaments die Briten gebeten, in der EU zu bleiben. «Wir bitten darum, im Interesse der nächsten Generation den Austritt zu überdenken», heisst es im Entwurf des Schreibens, das Anfang der Woche in Grossbritannien veröffentlicht werden soll.

«Jede britische Entscheidung, in der EU zu bleiben, würde von uns sehr begrüsst und wir würden mit Ihnen zusammenarbeiten, um die Europäische Union zu reformieren und zu verbessern», zitierte die Funke Mediengruppe am Montag aus dem Schreiben. «Wir haben den enormen Einfluss der britischen Politiker und Bürger in den vergangenen 40 Jahren sehr geschätzt. Wir würden das aussergewöhnliche Know-how unserer britischen Kollegen vermissen.»

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Zeichen setzen

Der Mitunterzeichner und deutsche CDU-Politiker Peter Liese sagte den Funke-Zeitungen: «Wir wollen ein Zeichen an die Bevölkerung und damit auch an das Unterhaus senden und klar machen: Wenn die Briten sich entscheiden zu bleiben, sind sie herzlich willkommen.» Der Abgeordnete aus Nordrhein-Westfalen fügte hinzu: «Unsere Herzen und unsere Türen sind offen.»

Nachdem eine knappe Mehrheit der Briten beim Referendum 2016 für den Brexit stimmte, verlässt das Land die EU am 29. März. Allerdings ist das Land in dieser Frage tief zerstritten. Da der von Premierministerin Theresa May mit der EU ausgehandelte Brexit-Vertrag bei der für Dienstagabend angesetzten Abstimmung im Parlament in London voraussichtlich keine Mehrheit bekommen wird, droht ein ungeregeltes Ausscheiden ohne Übergangsfristen. Die Forderung nach einem erneuten Referendum über die Frage, ob Grossbritannien wirklich die EU verlassen soll, lehnt May ab.

EU rechnet mit Verschiebung

Die EU bereitet sich einem Medienbericht zufolge auf eine Verschiebung des Austritts Grossbritanniens über das vorgesehene Datum 29. März hinaus vor. Der britische «Guardian» schrieb in seiner Online-Ausgabe unter Berufung auf hohe EU-Beamte, Brüssel halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die Frist eingehalten werden könne.

Grund sei der starke heimische Widerstand gegen das Brexit-Abkommen, dem sich Premierministerin Theresa May gegenüber sehe. Man erwarte, dass London in den kommenden Wochen eine Verlängerung der Austrittsfrist nach Artikel 50 der EU-Verträge beantragen werde, hiess es weiter. Eine «technische» Verlängerung bis Juli wäre ein erster Schritt, um May Extrazeit zu geben, das jetzige Abkommen zu überarbeiten und bestätigen zu lassen. Sollte May politisch überleben und mitteilen, dass sie mehr Zeit brauche, werde ihr der Aufschub bis Juli angeboten, zitierte das Blatt einen EU-Beamten.

(sda/tdr/mbü)