«Hauptnutzniesser des Stakeholder-Kapitalismus sind die Aktionäre»

Seit 2012 publiziert Fink jedes Jahr seinen «Letter to CEOs». 2022, in der zehnten Ausgabe, widmete er sich der «transformativen Kraft des Kapitalismus». In den beiden Jahren davor nahm er die Bedeutung des Klimawandels ins Visier. Mitunter am meisten Echo erzielte Fink aber mit dem Brief von 2019. Damals mahnte er vor kurzfristigen Gewinnoptimierungen. Dem Profit übergeordnet müsse jedes Unternehmen zeigen, in welcher Weise es einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leiste, wenn es langfristig erfolgreich sein wolle. «Purpose» lautete das Stichwort. Oder in den Worten von Fink: «Der Sinn eines Unternehmens ist seine grundlegende Daseinsberechtigung – das, was es jeden Tag tut, um Werte für seine Stakeholder zu schaffen.» Der Sinn eines Unternehmens sei nicht das alleinige Streben nach Gewinn, so Fink. Er sei «die treibende Kraft», um überhaupt Gewinn zu erzielen. Er verbinde Management, Mitarbeitende und Gemeinschaften. Damit schien der Blackrock-CEO mit dem klassischen Credo von Milton Friedman zu brechen, wonach der Zweck eines Unternehmens einzig darin bestehe, Gewinn für die Aktionäre zu erwirtschaften. Im Gespräch relativiert Fink allerdings diese Auslegung. Herr Fink, der Ökonom Milton Friedman als Vertreter des Shareholder Values hat einst gemeint, wenn sich ein Unternehmen in erster Linie am Gewinn und damit dem Shareholder Value orientiert, muss es sowieso die Stakeholder beachten. Richtig, die Hauptnutzniesser des Stakeholder-Kapitalismus sind die Aktionäre. Wenn Sie fähige und gestärkte Mitarbeitende haben und Sie einen guten Draht zu Ihrer Gemeinschaft und Ihren Kunden haben, schaffen Sie eine dauerhafte Rentabilität. Für mich hat das also sehr viel mit dem zu tun, was Milton Friedman gesagt hat. Das ist kein Widerspruch. Das sehen offenbar nicht alle so wie Sie. Es gibt einige, die hier einen Widerspruch sehen. Ich nicht. Das Primat liegt über einen langen Zeitraum immer bei den Aktionären als Kapitalgeber und Besitzer des Unternehmens. Aber um nachhaltig erfolgreich zu sein, muss man mit seinen Mitarbeitenden und Kunden gut zusammenarbeiten und auch mit der umliegenden Gemeinschaft in einem guten Einvernehmen stehen. War die Stakeholder-Erklärung des «Business-Roundtable» nicht auch eine Reaktion auf die Spaltungen innerhalb der Gesellschaft, die sinkende Chancengleichheit und den Vertrauensverlust? Wenn man sich die Edelman-Vertrauensstudien anschaut, dann sind die am meisten respektierten Teile der Gesellschaft die Wirtschaftsführerinnen und Wirtschaftsführer und nicht die Politiker – und auch nicht die Medien. Wie erklären Sie sich das? Das ist so, weil wir uns für unsere Mitarbeitenden einsetzen und sicherstellen, dass wir eine einheitliche Gruppe sind. Wir müssen mit unseren Kunden verbunden sein. «Die Schweiz war von Anfang an essenziell» Der Chef des weltweit grössten Vermögensverwalters spricht über die Weltlage, Nachhaltigkeit, Krypto und seine Wurzeln bei der Credit Suisse. «Ich habe zu Beginn meiner Karriere für die Credit Suisse gearbeitet – für First Boston», sagt Fink. «Von den acht Gründern von Blackrock kamen sechs von Credit Suisse, First Boston. Wir haben also immer eine sehr starke und tiefe Beziehung zur Schweiz gehabt.» Mehr hier im Hauptinterview.