Rein äusserlich erscheint der Fall klar: Mit seinen neuen oder angedrohten Zöllen gegen China will Donald Trump die US-Industrie vor der fleissigen asiatischen Konkurrenz schützen und die aufstrebende Supermacht bremsen. Auf der Gegenseite spielt Chinas Staatschef Xi Jinping den braven Freihandels-Freund – derweil er bei Copyrights, Marktzugängen und mit allerlei Schikanen zeigt, was er vom freien Wirtschaften wirklich hält.

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Die Streitereien führten soeben zu Verhandlungen in hochrangigen Delegationen, sie werden demnächst wieder das Wef in Davos prägen, und sie dürften die Börsen in den Wochen und Monaten danach noch öfters verstören.  

Staatskapitalismus versus Fairplay

Angesichts des zunehmend totalitären KP-Regimes ist es dabei frappant, dass einzelne chinesische Experten in dieser Kernfrage der Weltpolitik Distanz zum Regime manifestieren und sogar offen mit Trumps Haltung liebäugeln. Zhang Weiying von der Universität Bejing, einer der bekanntesten Ökonomen im Reich, stellte unlängst fest, dass sich im Handelsstreit ein Clash of Cultures spiegelt: Die westliche Freiwirtschaft trifft auf das «China Model» mit einem kolossalen selbstbezogenen Staatssektor – und dieses Modell tauge definitiv weniger. Es sei vor allem Ideologie.

Die Vorstellung eines einmaligen und eigenständigen chinesischen Wirtschaftsweges verleite dazu, weiter auf altmodische Industriepolitik mit schwerfälligen Staatsbetrieben zu setzen, so Weiying in einer Rede in Beijing (zur Diskussion in der «South China Morning Post» und in der «Financial Times».) Damit drohe Stagnation, wenn nicht sogar ein Ende der Reformen. Mit hohen Kosten für Land und Volk.

In den Augen des Westens wiederum sei dieses «China Model» bloss ein hübscheres Wort für Staatskapitalismus – aber Staatskapitalismus lasse sich kaum mit fairem Freihandel vereinbaren.

«Die Theorie des China-Modells verwandelt China in westlicher Sicht zu einer beängstigenden Anomalie, was unweigerlich zu einer Konfrontation zwischen China und dem Westen führt.»

Weisser Ritter Donald Trump

Das Problem ist nun, dass Machthaber Xi die Idee eines chinesischen Wirtschafts-Sonderfalls zunehmend ernst nimmt, dass er sie immer stärker betont und als Leitlinie der gesamten Wirtschaftspolitik setzt.

Schleichend habe sich die KP vom Erfolgspfad entfernt, urteilte also jüngst auch Sheng Hong, der Direktor des Tianze Economic Research Institute, eines führenden Wirtschafts-Think-Tank in Beijing (Homepage).

Vier Jahrzehnte lang habe die Partei die chinesischen Märkte Schritt für Schritt geöffnet und die Strukturen Schritt für Schritt reformiert. Jetzt aber würden unterm Schlagwort des «chinesischen Wegs» wieder die Interessen der Staatskonzerne und der zentralen Führung nach vorne gerückt – mit all den Hürden und Bürden, die dies für die Bevölkerung bringt. Und die Donald Trump bekämpft. 

Sheng Hong brachte es gegenüber dem amerikanischen National Public Radio auf die freche Formel, dass im Handelsstreit nicht Washington gegen Bejing angetreten ist: Sondern dass auf der einen Seite eine chinesische Oligarchie steht – und auf der anderen Seite das chinesische Volk plus die USA.