Bis zu seiner Verhaftung 2003 war Michail Chodorkowski der reichste Russe und Inbegriff der jungen Oligarchenclique, die grossen Einfluss auf den ehemaligen Präsidenten Boris Jelzin hatte. Dann kam Wladimir Putin - und die politischen Spielregeln änderten sich dramatisch. Der Ex-Chef des Ölkonzerns Yukos wurde wegen Betrugs angeklagt und schmorte zehn Jahre im Gefängnis. Ende 2013 kam Chodorkowski überraschend frei. Die Schweizer Öffentlichkeit war entzückt: Der vom mächtigen russischen Öl- und Bankmagnaten zum quasi-politischen Häftling mutierte Ex-Oligarch genoss seine Freiheit sogleich in der Schweiz.

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Zuerst erhielt er ein Schengener-Visum, das ihm das Reisen ermöglichte, dann im Frühling 2014 wurde bekannt, dass er hier einen Wohnsitz bezogen hatte. Er liess sich in der Rosenstadt Rapperswil-Jona/SG nieder und wohnte in einer Villa für monatlich 11'500 Franken. Mit dem Russen kam ein potenter Steuerzahler, sein Vermögen wird auf mehrere Hundert Millionen Franken geschätzt. Allein in Irland kämpft er seit fünf Jahren gegen die Beschlagnahmung von 100 Millionen US-Dollar.

Potenter Steuerzahler

Die Freude auf die erwarteten Steuermillionen war im Kanton St. Gallen aber nur von kurzer Dauer. Ende Oktober 2015 meldete er sich schon wieder ab - und zog offiziell an die Themse nach London. Von dort aus organisiert er den Kampf gegen seinen alten Widersacher Wladimir Putin. Dazu hat er auch die Bewegung «Offenes Russland» (Open Russia) gegründet und finanziert diverse Bewegungen, unabhängige Medien und Nichtregierungs-Organisationen für die Zeit nach Putin, wie er der «Irish Times» sagte. Für die Zeitung gilt er als De-Fakto-Opposition des Kreml.

Er sei Grossbritannien dankbar, dass er und seine Familie auf der Insel leben dürften, meinte er weiter. Die Zeiten werden für ihn wohl nicht ruhiger - nicht nur wegen seinem politischen Engagement. Denn erneut ist er ins Visier der russischen Justiz geraten. Seit Dezember 2015 fahndet sie wieder nach ihm, nun wegen eines Mordes am ehemaligen Bürgermeister der Stadt Neftejugansk im Jahr 1998.

Chodorkowskis Villa in Rapperswil

Vielleicht hat er die Zelte in der Schweiz auch darum nicht wirklich abgebrochen. Abgemeldet hatte er sich zwar beim Einwohneramt nach London. Doch Akten zeigen, dass ihm und seiner Frau Inna Chodorkowskaja, die lange in Montreux/VD lebte, ein Grundstück in Rapperswil gehören. Es ist die Villa, in der er nach seiner Freilassung für ein Jahr lebte.