Scott Miller: US-Botschafter stellt der Schweiz Finanzabkommen in Aussicht

In den Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA geht es offenbar voran. Nach harzigen Freihandelsgesprächen und zwei Jahre nach dem Regierungswechsel in Washington haben sich die beiden Länder auf ein Pharma-Abkommen geeinigt, das der Auftakt für weitere sektorale Vereinbarungen sein könnte. So stellt der US-Botschafter für die Schweiz, Scott Miller, im Gespräch mit der «Handelszeitung» der Schweiz ein Finanzabkommen in Aussicht. Am Donnerstag unterzeichnet Jayme White, der stellvertretende Handelsbeauftragte der Biden-Administration, das Mutual Recognition Agreement (MRA) im Bereich der sogenannten Guten Herstellungspraktiken (GMP) für Arzneimittel in der amerikanischen Hauptstadt. Dabei ist neben Seco-Staatssekretärin Helene Budliger Artieda auch ein Vertreter der Swissmedic. Die Schweizer Arzneimittelbehörde und die amerikanische FDA anerkennen künftig gegenseitig ihre Qualitätskontrollen, teure Inspektionen fallen so weg.Mehr zum Thema Scott Miller spricht im Interview über über die Handelsbeziehung mit der Schweiz, sanktionierte Russen-Vermögen für die Ukraine und das WEF in Davos. «Das MRA ist eine wirklich bemerkenswerte Errungenschaft zum wichtigsten Handelsaspekt zwischen unseren Ländern», sagt US-Botschafter Scott Miller der «Handelszeitung». Er hofft, dass die staatsvertragliche Vereinbarung zum Vorbild für neue Wege in der Handelsbeziehung zwischen der Schweiz und den USA wird. «Das MRA zeigt uns, dass wir mit sektoralen Vereinbarungen weiterkommen können», sagt Miller mit Blick auf das gescheiterte Freihandelsabkommen. Fortschritt könne auch «schrittweise» erfolgen. «Unsere Beziehung mit der Schweiz können wir auch weiter ausbauen, indem wir mehr sektorielle Abkommen abschliessen.» Der US-Botschafter betont den Stellenwert der Schweiz im Weissen Haus. «Die Schweiz ist eine Priorität für die USA. Die Regierung will enger mit den Schweizern zusammenarbeiten», sagt Miller. Der Diplomat begründet das vor allem mit dem regen Warenaustausch. Gegenseitige Exporte und Importe im Wert von 155 Milliarden Dollar Das sind für die Biden-Regierung durchaus neue Töne, die man in Bundesbern gerne hören dürfte. Nachdem der Schweiz bei US-Präsident Donald Trump im Weissen Haus die Türen offengestanden waren und der Präsident auch zweimal zum WEF nach Davos gereist war, hatte die Eidgenossenschaft unter US-Präsident Joe Biden zunächst weniger Priorität. Zwar kam Biden im Sommer 2021 für das Treffen mit Wladimir Putin nach Genf, sein Fokus lag allerdings auf dem Systemstreit mit China und einer Neubelebung der transatlantischen Beziehungen mit der Europäischen Union. Der Handel zwischen der Schweiz und den USA entwickelte sich jedoch stetig. Das Volumen zwischen den beiden Ländern stieg zuletzt auf 155 Milliarden Dollar. Für die USA belegt die Schweiz in Sachen Exporte mittlerweile Platz 17, Importe aus der Schweiz stehen sogar an elfter Stelle. Den grössten Anteil daran hat die Pharma-Industrie. Durch das neue MRA fallen etwa teure gegenseitige Inspektionen von Fabrikanlagen weg, welche die Arzneimittelproduktion in der Regel für mehrere Tage lahmlegen und im Schnitt 2 Millionen Franken pro Inspektion kosten. «Das Nächstwichtigste wäre der Banking- und Finanzbereich», sagt US-Botschafter Scott Miller in Hinblick auf ein mögliches weiteres Abkommen. Mit einer neuen Vertreterin des US-Finanzministeriums hat er seine Botschaft bereits personell aufgerüstet. Schweiz arbeitet an Finanzabkommen mit Grossbritannien Aktuell verhandelt die Schweiz bereits zu zwei Banking- und Finanzthemen mit den USA. Sie betreffen allerdings bereits bestehende Verträge zum Doppelbesteuerungsabkommen sowie zur erleichterten Umsetzung des Foreign Account Tax Compliance Act (Fatca). Dabei wird von den Finanzinstituten unter anderem verlangt, dass sie den US-Steuerbehörden Informationen über Konten amerikanischer Bürgerinnen und Bürger weitergeben. Beide Abkommen sollen aktualisiert werden, jenes zur Umsetzung von Fatca könnte möglicherweise auch komplett erneuert werden. Aktuell arbeiten die Schweizer Behörden an einem Finanzabkommen mit den Briten. «Mit Grossbritannien ist das jetzt wichtig, weil sich die Situation durch den Brexit geändert hat», sagt ein Sprecher des Staatssekretariats für Internationale Finanzfragen. Bis zum Sommer soll es stehen. Noch scheint man vorsichtig mit den MRA. Das Pharma-Abkommen mit den USA ist erst das fünfte derartige Abkommen der Schweiz. Einen grossen Vorteil bieten die staatsrechtlichen Vereinbarungen jedoch: Im Gegensatz zu einem Freihandelsabkommen ist bei einem MRA keine Zustimmung der Parlamente notwendig.