Chalita Chinwanno geht mindestens zweimal im Monat zum Beten und Meditieren in den Tempel. Es helfe ihr, mit dem Stress des täglichen Lebens in der Millionenmetropole Bangkok klarzukommen, sagt die 30-jährige Thailänderin. Doch selbst eine gläubige Buddhistin wie Chalita ist verunsichert: In den vergangenen Monaten häuften sich Berichte über Korruptionsskandale in Thailands Klöstern.

So musste etwa im Januar der Abt von Wat Saket, einem bedeutenden Tempel in Bangkok, sein Amt abgeben. Ihm wird vorgeworfen, umgerechnet etwa 59'000 Franken unterschlagen zu haben. Das Geld war für die Bestattung seines Vorgängers vorgesehen. Ein anderer Abt hatte mit einer knappen Million Franken an Spendengeldern an der Börse spekuliert. Zudem wurden Mönche mit Zehntausenden Methamphetamin-Tabletten erwischt, oder auch betrunken am Steuer. Ein Mönch setzte sich ab, nachdem ihm Schmuggel von Wildtieren vorgeworfen wurde.

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Ganze Gesellschaft Thailands betroffen

Das Problem mit der Korruption in den Tempeln befasst die ganze Gesellschaft, denn fast jeder junge Mann in Thailand geht irgendwann ins Kloster, und wenn es nur für ein paar Wochen ist. Die Zeit als Mönch gehört zum Erwachsenwerden dazu. Sie versuche, das Gute im Buddhismus zu sehen, sagt Chalita. Trotzdem: «Die Korruption schädigt das Prestige des Buddhismus in Thailand.» Ihre Freundin Ployphan Sirinthip meint, das offizielle Amt für Buddhismus müsse mehr tun, um Korruption in der Sangha, dem Leitgremium für Mönche, zu bekämpfen. «Sonst sieht es aus, als wäre die Sangha völlig korrupt.»

Das System für die Verwaltung des Mönchswesens funktioniere, meint hingegen Somchai Surchartri, ein Sprecher des Amts. «Jedem der 30'000 Tempel in Thailand steht ein Abt vor, der dem obersten Rat der Sangha unterstellt ist.» Wenn ein Mönch sich danebenbenimmt, dann könnten Massnahmen gegen ihn ergriffen werden, betont Somchai. «Die Schwerste ist, ihn aus dem Amt zu verstossen.»

«Nur kleine Fische bestraft»

Trotzdem mehren sich die Stimmen, die ein schärferes Durchgreifen fordern. Einer von ihnen ist Kloster-Aussteiger Thanomsing Kosolnavin. Der 36-jährige Computerexperte war zwölf Jahre lang Mönch, doch die Korruption und Intrigen in der Sangha wurden ihm zu viel, sagt er. «Korrupte Mönche gibt es seit es den Buddhismus gibt», meint Thanomsing, «aber so wie die Sangha derzeit organisiert ist, werden nur die kleinen Fische bestraft». Die Sangha sei nun wie jede andere Organisation, in der Macht und Geld Hand in Hand gingen, beklagt er.

Auch Thailands Militärregierung hat das Problem in der Sangha erkannt und will dagegen stärker vorgehen. Der als Regierungschef fungierende Putschführer Prayuth Chan-ocha versprach, persönlich die Untersuchungen gegen einen korrupten Abt zu leiten. Und das mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung betraute Gremium wurde angewiesen, sich besonders mit dem Thema zu befassen.

Mönche sind auch nur Menschen

Für viele Gläubige ist das nicht genug, sie sind desillusioniert. Ihr Vater begleite die Familie nicht mehr in den Tempel, erzählt zum Beispiel Ployphan. Und der Bruder von Chalita, früher ein überzeugter Buddhist, bezeichnet sich heute als nicht-gläubig. Ployphan und Chalita dagegen haben sich mit der Misere abgefunden. «Mönche waren schon immer korrupt. Sie sind auch nur Menschen», meinen die beiden Frauen resigniert.

(sda/se)