In der Affäre um die Vergabe der Fußball-WM 2006 hat die Frankfurter Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und seinen Vorgänger Theo Zwanziger eingeleitet. Es gehe um den Verdacht der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall, erklärte die Justizbehörde.

Auch der frühere Generalsekretär des Deutschen Fussball-Bundes, Horst R. Schmidt, sei davon betroffen. Mehr als 50 Beamte durchsuchten Geschäftsräume des DFB in Frankfurt sowie die Wohnungen der Beschuldigten. Die von Reuters kontaktierten Anwälte der drei Funktionäre waren für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.

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«Schwarze Kasse»

Im Fokus der Ermittler steht ein Geldtransfer von 6,7 Millionen Euro vom deutschen WM-Organisationskomitee (OK) an den Fussball-Weltverband Fifa. Die Steuererklärungen dazu seien inhaltlich unrichtig und dadurch zu wenig Abgaben für das Jahr 2006 gezahlt worden. Zuletzt waren Vorwürfe laut geworden, beim OK habe es eine «schwarze Kasse» gegeben.

«Nach derzeitigem Erkenntnisstand soll eine durch das Organisationskomitee im Frühjahr 2005 geleistete Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro für eine Kostenbeteiligung an einem Kulturprogramm im Rahmen der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 als Betriebsausgabe steuermindernd geltend gemacht worden sein, obwohl ihr tatsächlich ein anderer Zweck zugrunde lag und die Zahlung daher nicht als abzugsfähige Betriebsausgabe hätte geltend gemacht werden dürfen», erklärte die Staatsanwaltschaft.

«Hinsichtlich der weiteren in Betracht kommenden Tatvorwürfe der Untreue sowie der Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr war wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung ein Anfangsverdacht verneint und daher von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen worden.»

Sponsoren melden sich

Vom DFB war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Als erster DFB-Hauptsponsor meldete sich Mercedes-Benz zu Wort: «Wir beobachten die Entwicklungen genau und erwarten eine lückenlose Aufklärung», erklärte Daimler. Adidas wollte sich nicht dazu äussern.

Damit weitet sich die Affäre um mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der Fussball-WM in Deutschland aus. Im Mittelpunkt steht die dubiose Zahlung von 6,7 Millionen Euro. Nach Darstellung von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach wurden 2004 rund 6,7 Millionen Euro an die Fifa überwiesen. Dies sei eine Voraussetzung für einen Zuschuss des Weltverbandes von 250 Millionen Franken (170 Millionen Euro) an die WM-Organisatoren gewesen, sagte Niersbach bei einer Pressekonferenz am 22. Oktober.

Schwere Vorwürfe von Zwanziger

Weil das OK damals aber noch mittellos gewesen sei, sei der französische Millionär und frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus eingesprungen, der mittlerweile verstorben ist. Niersbach gehörte dem OK an. Er erklärte wiederholt, dass bei der WM-Vergabe alles mit rechten Dingen zugegangen sei.

Der «Spiegel» hat die Zahlung auf die Zeit vor der WM-Vergabe datiert und sie als «schwarze Kasse» interpretiert. Dass damit Stimmen in der Fifa-Führung gekauft wurden, um die WM nach Deutschland zu holen, haben Niersbach und der damalige OK-Chef Franz Beckenbauer zurückgewiesen. Deutschland hatte sich bei der WM-Vergabe im Jahr 2000 mit 12:11 Stimmen knapp gegen Südafrika durchgesetzt. Zwanziger hatte zuletzt schwere Vorwürfe gegen Niersbach erhoben und ihn der Lüge bezichtigt. Es habe eindeutig eine «schwarze Kasse» bei der deutschen WM-Bewerbung gegeben, sagte er dem «Spiegel». Zudem habe Niersbach schon länger davon gewusst, als er es eingeräumt habe. «So wie ich das sehe, lügt Niersbach», sagte Zwanziger.

(reuters/dbe/ama)