Wie Europa die Folgen der Inflation abfedert

So schnell stiegen die Preise seit Einführung des Euro noch nie. Im August lag die Inflation für die Euro-Zone bei 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, teilte das Statistikamt Eurostat am vergangenen Mittwoch mit. Besonders die hohen Kosten für Energie und Lebensmittel schlagen zu Buche. Und die hohe Inflation in Europa ist gekommen, um zu bleiben. Die Energiepreise werden die Teuerung weiter befeuern, befürchtet die Europäische Zentralbank (EZB). Sie hat den Leitzins erhöht, um die Inflation einzudämmen. Während die Inflation in der Schweiz noch vergleichsweise niedrig liegt, haben die europäischen Staats- und Regierungschefs bereits Massnahmen auf den Weg gebracht, um die Folgen der gestiegenen Lebenshaltungskosten in den Griff zu bekommen: Deutschland verteilt kräftig Geld Ein Bahn-Ticket für nur 9 Euro monatlich wurde zum Symbol der deutschen Krisenpolitik: Kaum eine andere Regierung reagierte so wuchtig und breit auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten, drei Entlastungspakete hat die Ampel-Koalition bereits verabschiedet. Dennoch ist die Inflation in der grössten Volkswirtschaft der EU hoch. Inflationsrate: 9,1 Prozent Volumen der Entlastung: 95 Milliarden Euro (2,6 Prozent des BIP) Massnahmen: 9-Euro-Ticket (ausgelaufen), Tankrabatt (ausgelaufen), Inflationsausgleich bei der Einkommenssteuer, Kindergeld-Erhöhung, Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas, 300 Euro Energiepreispauschale für Arbeitnehmerinnnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner Geplant: Gasumlage, Strompreisbremse, Gasdeckel, Energiepauschale an Studierende und Berufsfachschülerinnen und -schüler Frankreich deckelt die Preise Weil Macrons Regierung die Energiepreise gedeckelt hat, haben die Französinnen und Franzosen eine der niedrigsten Inflationsraten in der Euro-Zone. An den französischen Zapfsäulen steht ein Hinweis, dass der Sprit mit 30 Cent pro Liter subventioniert ist. Die so künstlich niedriger gehaltenen Preise sind ein kurzfristig wirksames, aber riskantes Spiel, weil unklar ist, wie teuer die Rechnung am Ende für Energieversorger und Staat wird. Inflationsrate: 6,1 Prozent Volumen der Entlastung: 46 Milliarden Euro (1,9 Prozent des BIP) Massnahmen: Preisdeckel für Strom und Gas, Tankrabatt, Mietpreis-Bremse, Erhöhung von Renten und Sozialleistungen Geplant: Energiechecks, Preiskontrolle für Energie, Erhöhung von Beamtengehältern Italien vermeidet Neuverschuldung Als letzten Akt verstärkte die abtretende Draghi-Regierung vergangene Woche die Unterstützung für Unternehmen. Italien hat bislang ohne Neuverschuldung auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten reagiert. Die voraussichtlich künftige Premierministerin Giorgia Meloni hat versprochen, das Haushaltsdefizit ebenfalls nur als «allerletzten Ausweg» auszuweiten. Inflationsrate: 8,4 Prozent Volumen der Entlastung: 64 Milliarden Euro (3,6 Prozent des BIP) Massnahmen: Sozialbonus für Strom und Gas, 200 Euro Bonus für Arbeitnehmende und Rentnerinnen und Rentner, Tankrabatt, Inflationsausgleich bei Renten, Fristverlängerung für energiefreundliche Hausrenovationen («Superbonus 110») Geplant: Steuergutschriften für Unternehmen, staatliche Garantien für Unternehmenskredite, weitere 150 Euro Bonus für Arbeitnehmende und Rentnerinnen und Rentner Grossbritannien zieht nach Auf der Insel zeigt sich schon jetzt die Brutalität des mangelnden Sozialstaats: Wer es sich nicht mehr leisten kann, muss Herde, Waschmaschinen und Heizungen aus lassen. Nach einem vergleichsweise kleinen Entlastungspaket im Mai hat die neue Premierministerin Liz Truss nun Massnahmen im Umfang von etwa 150 Milliarden geplant. Inflationsrate: 9,9 Prozent Volumen der Entlastung: 165 Milliarden Pfund (6,8 Prozent des BIP) Massnahmen: Rabatt über 400 Pfund (rund 440 Schweizer Franken) auf alle Energierechnungen Geplant: Energiepreisdeckel für Privathaushalte und Unternehmen, Steuersenkungen