Wie Regierungen künstliche Intelligenz zu regulieren versuchen

Künstliche Intelligenz und Tools, die auf solcher basieren, sind seit dem Durchbruch von Chat GPT nicht mehr wegzudenken. In vielen Staaten werden Stimmen laut, dass dies reguliert werden muss. Italien hatte den beliebten Chatbot des Unternehmens Open AI gar zeitweilig gesperrt. Nachdem Open AI zusätzliche Datenschutzkontrollen implementierte, ist der Dienst im Land wieder verfügbar, wie CEO Sam Altman bestätigte. Auch in den USA wird die schnelle Entwicklung von künstlicher Intelligenz kritisch beäugt. US-Präsident Joe Biden und seine Vize Kamala Harris haben deshalb Chefs der grössten Tech-Häuser des Landes eingeladen. Den CEO von Google, Microsoft, Open AI und Co. wurde vom Präsidenten eingebläut, dafür zu sorgen, dass ihre Produkte sicher sind, bevor sie veröffentlicht werden. Der Datenschutz war Medienberichten zufolge im Zentrum der Diskussionen. Nicht eingeladen wurde Meta-CEO Mark Zuckerberg. Das Weisse Haus begründete dies mit dem Argument, dass sich die Einladung auf CEO von Unternehmen, die in dem Bereich führend sind, beschränkte. EU plant AI-Gesetz bis Ende Jahr Die EU hatte bereits 2021 mit dem «EU AI Act» das erste Gesetz einer grossen Regulierungsbehörde für KI überhaupt vorgeschlagen. Dieses Gesetz unterteilt KI-Systeme in Kategorien, gemäss dem vermuteten Datenschutzrisiko wie «unakzeptables Risiko» oder «hohes Risiko». Es wird mit einem Abschluss der Arbeiten gegen Ende 2023 oder Anfang 2024 gerechnet. Laut einer Mitteilung des Europäischen Parlaments hat der Ausschuss am vergangenen Donnerstag einen ersten Entwurf des Forderungskatalogs veröffentlicht. Darin legt die EU-Kommission den Schwerpunkt auf eine massgeschneiderte Regelung für individuelle KI-Systeme und Foundation-Modelle. GPT ist beispielsweise ein sogenanntes Foundation-Modell, da es auch als Basis für andere Programme dient oder sogar in Webseiten integriert werden kann. Ein weiterer Punkt, der stark betont wird, ist die Transparenz: Wenn KI-Systeme in Unternehmen für verschiedene Zwecke eingesetzt werden, soll dies für Kundinnen und Kunden klar deklariert werden. Die EU ist somit am nächsten zu einer klaren Regulierung für KI-Systeme. Dennoch, kann zu diesem Zeitpunkt kein Land eine konkrete horizontale – über alle KI-Systeme greifende – Regulierung vorweisen. Auch nicht in den führenden KI-Nationen USA, Grossbritannien, Japan und Israel. Hier werden Regularien ähnlich wie in der EU kontextspezifisch und individuell für die jeweiligen KI-Systeme ausgegeben. Wie sieht die Lage in der Schweiz aus? Schweizer Investoren und Investorinnen haben die KI-Lunte natürlich ebenfalls längst gerochen. Venture-Fonds und Unternehmer pumpen viel Fördergeld in die Branche. Das ETH-Spin-off BLP Digital, das sich der Prozessoptimierung im Dokumentmanagement widmet, erhielt laut einer Mitteilung von der Agentur Innosuisse 2,5 Millionen Franken. Das Start-up Biolytica, das sich mit KI im Medizinbereich auseinandersetzt, gab bekannt, in einer Startfinanzierungsrunde sogar 5,25 Millionen Franken gesammelt zu haben. Die Politik fährt eher zweite Geschwindigkeit. Das Bundesamt für Statistik richtete ein Kompetenznetzwerk zu KI (CNAI) ein und der Bund rief 2019 eine interdepartementale Arbeitsgruppe zu künstlicher Intelligenz (IDAG KI) ins Leben, die zur Aufgabe hatte, Leitlinien für KI zu definieren. Sobald die Leitlinien formuliert waren, war die Arbeit der IDAG KI «abgeschlossen». Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 25. November 2020 beschlossen, die Arbeitsgruppe aufzulösen. In einer Stellungnahme zu einem im März von der FDP eingereichten Postulat mit dem Titel «Rechtslage der künstlichen Intelligenz. Unsicherheiten klären, Innovation fördern!» sieht der Bundesrat «aktuell keinen Handlungsbedarf». Er verfolge den Ansatz, allfällige Massnahmen wo immer möglich und sinnvoll in den jeweiligen Sektoren direkt zu implementieren. Hintergrund für diese Entscheidung sei dabei die starke Kontextabhängigkeit der KI-Systeme. Maximilian Schmidt, CEO von CPI Technologies, stimmt dem Bundesrat teilweise zu: «Natürlich könnte sich noch intensiver mit der Aufstellung eines Regelwerkes beschäftigt werden, aber ich denke, dass sich die Schweiz mehr mit dem Thema beschäftigt als viele andere Länder.» Seines Erachtens sollte bei der Erstellung eines solchen Regelwerkes der Fokus auf den Themen Ethik, Datenschutz, Transparenz und Haftung liegen. Diese seien in den Leitlinien des IDAG auch bereits eingeschlossen. Alle Fäden führen zum BAKOM Für den Informationsaustausch über politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Aspekte der KI wird auf die vom BAKOM koordinierte «Plateforme Tripartite» verwiesen. Diese läuft unter der Initiative «Digitale Schweiz» und ist für alle Bürgerinnen und Bürger offen. Auch unter dem Patronat des BAKOM steht das Forum «Swiss Internet Governance Forum», das dieses Jahr am 13. Juni 2023 stattfinden wird und das Thema KI prioritär diskutieren wird. Gesetze ergeben sich aus diesen Gesprächen meist keine. Diese Fragen drängen sich der Bevölkerung auf: Wer ist der Urheber oder die Urheberin der Texte und Bilder? Wer ist verantwortlich für die von der KI ausgegebenen Informationen? Wie schützt man Inhalte, dass sie nicht in Datenbanken von KI gelangen? Wie weit darf künstliche Intelligenz moralisch, rechtlich und medizinisch Auskunft geben? International ist die Schweiz in unterschiedliche Projekte involviert. Im Rahmen des KI-Ausschusses des Europarates («Committee on Artificial Intelligence», kurz: CAI) soll ein internationales Abkommen zu KI verhandelt werden. Die Schweiz wird durch Thomas Schneider, Vizedirektor des BAKOM, vertreten. Das Abkommen soll im Einklang mit den Normen des Europarates sein, welche Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Hauptfokus haben. In der Stellungnahme zum Postulat äussert sich der Bundesrat auch zum AI Act der EU. Hier seien noch «diverse Fragen offen». Beide Projekte, der «EU AI Act» und der KI-Ausschuss des Europarates, werden nicht vor Ende des Jahres mit Ergebnissen kommen, weshalb der Bundesrat statuiert, weiterhin die Entwicklungen im Bereich KI zu analysieren und die relevanten europäischen und internationalen Regelwerke zu beobachten. Das passt auch zu der Ansicht des Experten Maximilian Schmidt, er findet die Schweiz solle sich bezüglich einer KI-Verordnung an die EU halten, damit die Regularien nicht zu weit auseinander gehen. Ähnlich wie beim Datenschutzgesetz (DSGVO) könnten sich die Schweiz und der EU anschliessen: «Da es in der EU jedoch noch keine konkreten Massnahmen gibt, könnte die Schweiz selber zum Vorreiter werden».